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Landkreis Donau-Ries: Landrat Rößle: Flüchtlingslage trifft den Landkreis "mit voller Wucht"

Landkreis Donau-Ries

Landrat Rößle: Flüchtlingslage trifft den Landkreis "mit voller Wucht"

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    Die Flüchtlings-Situation im Landkreis Donau-Ries spitzt sich weiter zu. Jede Woche kommen hier 30 Schutzsuchende an. Dieses Foto entstand heuer im März im Landratsamt. Doch der Strom reißt nicht ab.
    Die Flüchtlings-Situation im Landkreis Donau-Ries spitzt sich weiter zu. Jede Woche kommen hier 30 Schutzsuchende an. Dieses Foto entstand heuer im März im Landratsamt. Doch der Strom reißt nicht ab. Foto: Thomas Hilgendorf/Archiv

    Die Flüchtlings-Situation im Landkreis spitzt sich zu. Sie hat inzwischen eine Dynamik angenommen, mit der niemand gerechnet hat und von der Landrat Stefan Rößle sagt, sie komme "mit voller Wucht". Der Zuzug wird immer stärker, das Tempo immer rasanter, die Herausforderungen werden immer größer. Betroffenheit über eine Situation breitet sich aus, die nur mehr schwer zu lösen ist. Die Regierung von Schwaben übt starken Druck auf die Landkreise aus und kündigt inzwischen Zwangszuweisungen an, sollten diese keine freien Plätze mehr melden. "Das würde bedeuten, dass Busse bei uns Flüchtlinge ausladen, auch wenn wir gar keine Unterbringungsmöglichkeiten haben", erklärt Johann Stark, Leiter der Ausländerbehörde im Landratsamt. 

    Gab es im gesamten Kalenderjahr 2021 insgesamt 638 Zuweisungen für den Donau-Ries-Kreis, wie Michael Dinkelmeier, Teamleiter für Asylangelegenheiten, beziffert, so liegen wir im ersten Halbjahr 2023 schon bei 653. Ukrainer machen den Löwenanteil aus, dazu kommen Menschen aus dem Irak, der Türkei, Gambia und Afghanistan. Aktuell leben 1213 Flüchtlinge in dezentralen Wohnungen im Landkreis und 451 in Gemeinschaftsunterkünften.

    Der Landkreis Donau-Ries hat eine Unterquote von 400 Flüchtlingen

    Das Problem der massiven Neuzuweisungen betrifft vor allem Schwaben, erklärt Rößle. "Denn dort wurden seit Januar 2500 Menschen zu wenig aufgenommen." Auf den Donau-Ries-Kreis umgerechnet bedeutet das eine Unterquote von 400 Menschen. "Das ist nicht unser Verschulden", so Johann Stark, "Es war ein Ding der Unmöglichkeit, mehr Flüchtlinge unterzubringen, wir waren eh schon am Anschlag."

    Mittlerweile aber nimmt das allgemeine Flüchtlingsgeschehen weiter an Fahrt auf. Das liegt am anhaltenden Krieg in der Ukraine, mit dessen Dauer so anfangs niemand gerechnet hatte. Das mag aber auch an der Attraktivität liegen, die Deutschland als Sozialstaat hat, will Stefan Rößle nicht ausschließen. 

    Wie Monika Holzmann, Geschäftsführerin des Jobcenters, vorrechnet, sind die Leistungen nicht unerheblich. Einer vierköpfigen Durchschnittsfamilie stehen in Deutschland monatlich alles in allem 2538 Euro Bürgergeld (mit Kindergeld) zur Verfügung, ohne dafür arbeiten zu müssen. Ukraine-Flüchtlinge sind relativ schnell berechtigt, dieses Bürgergeld zu beziehen. Asylbewerber aus anderen Ländern beziehen Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz, die in der Regel 15 bis 22 Prozent niedriger liegen, als das Bürgergeld. 

    Jede Woche kommen 30 neue Flüchtlinge in den Donau-Ries-Kreis

    Was auch immer Deutschland als Zuwanderungsland so beliebt macht, Fakt ist, dass das Ankerzentrum in Augsburg als Erstankunftsstelle überproportional belastet wird. Jedes schwäbische Landratsamt muss daher wöchentlich 30 Asylbewerber aufnehmen und das geht zunächst so weiter. Erst in den Wintermonaten rechnet Landrat Rößle mit etwas Entspannung.

    Was dem Landrat sehr am Herzen liegt, ist Solidarität der Kommunen in dieser kritischen Lage. "Wir hatten uns einen Zuteilungsschlüssel überlegt, aber der hat nicht geklappt. Deshalb habe ich die Städte und Gemeinden angeschrieben mit der Bitte: Helft uns! Wir wollen eine gerechte Verteilung." Erste kleine Erfolge haben sich gezeigt: Wolferstadt und Wemding haben jetzt Angebote gemacht. Und Harburg will in Hoppingen neue Unterkünfte bauen (siehe eigenen Bericht). Laut Landratsamts gibt es in folgenden Kommunen aktuell keine Flüchtlinge in dezentralen Wohnungen oder Gemeinschaftsunterkünften: Amerdingen, Auhausen, Buchdorf, Ederheim, Ehingen am Ries, Forheim, Holzheim, Kaisheim, Megesheim, Münster und Niederschönenfeld.

    Andere wiederum trifft es dagegen geballt. Ein Beispiel dafür ist die Stadt Rain. Dort gibt es aktuell zwar lediglich 72 Schutzsuchende in fünf dezentralen Unterkünften, aber diese Situation wird sich bald ändern. Der Landkreis hat erneut das ehemalige Blumenhotel für 180 Personen angemietet - und diesmal für drei Jahre. In rund drei Wochen werden dort die nächsten Flüchtlinge erwartet - vorrangig aus der Ukraine. 

    Auf der Hotel-Terrasse baut das Landratsamt Versorgungs- und Küchencontainer auf, in denen die Bewohner selbst kochen. Catering so wie es früher üblich war, ist zu teuer. Auch wurden längst nicht alle Räume angemietet. Was die Kosten betrifft, würde die Regierung von Schwaben, pro Person pro Tag einen Betrag von 30 Euro maximal akzeptieren. "Dieser Betrag wird im Blumenhotel deutlich unterschritten", so Landrat Rößle. 

    Die Stadt Rain wird in absehbarer Zeit 309 Schutzsuchende beherbergen

    Zwei weitere dezentrale Unterkünfte sind in der Hauptstraße geplant: Die ehemalige Stadtapotheke wird für 25 Menschen umgebaut und das Gebäude der Bar "Downtown" ist für 32 Plätze angeboten. Der Stadtrat hat die Pläne für das "Downtown" zwar nicht genehmigt, aber das Landratsamt trifft hier die Entscheidung.

    Alle Fraktionen im Rainer Stadtrat haben sich am Dienstag gegen die hohe Konzentration von Flüchtlings-Unterkünften in der Innenstadt ausgesprochen. "Wir übernehmen Verantwortung", so die einhellige Meinung, "aber diese Vorhaben widersprechen der künftigen Planungen, die Innenstadt zu beleben." Immerhin spreche man dann in absehbarer Zeit von insgesamt 309 Flüchtlingen in Rain, weitgehend konzentriert in und um die Hauptstraße. "Das ist für die Stadtentwicklung an dieser Stelle nicht mehr akzeptabel", so Bürgermeister Karl Rehm. 

    Das Landratsamt sieht sich nicht in der Lage, auf geeignete Angebote zu verzichten. Die Zuständigen stehen so unter Druck, dass sie auch wieder daran denken, Turnhallen zu belegen. Eine Entspannung ist - wie sie sagen - derzeit nicht in Sicht.

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