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Landkreis Donau-Ries: Flucht und Migration im Kreis Donau-Ries: "Das härteste Jahr"

Landkreis Donau-Ries

Flucht und Migration im Kreis Donau-Ries: "Das härteste Jahr"

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    Ukrainische Flüchtlinge im September dieses Jahres auf dem Weg in die damalige Notunterkunft in der Neudegger Sporthalle in Donauwörth. Schon bald könnten wieder Hallen als Herbergen umfunktioniert werden – doch Donauwörth soll dabei zunächst noch nicht im Fokus stehen.
    Ukrainische Flüchtlinge im September dieses Jahres auf dem Weg in die damalige Notunterkunft in der Neudegger Sporthalle in Donauwörth. Schon bald könnten wieder Hallen als Herbergen umfunktioniert werden – doch Donauwörth soll dabei zunächst noch nicht im Fokus stehen. Foto: Barbara Wild

    Die Zahlen sind höher, doch die Lage scheint weniger angespannt als in den Jahren der Flüchtlingskrise 2015/16. Doch der Schein trügt – die Ausländerbehörde am Landratsamt Donau-Ries schlägt jetzt Alarm: Bald schon könnten aufgrund des hohen Migrationsdrucks wieder Turnhallen in Notunterkünfte umgewandelt werden. Es werden im gesamten Landkreis

    Rößle: "Von Entspannung kann keine Rede sein" beim Thema Flucht und Migration im Kreis Donau-Ries

    "Von Entspannung kann keine Rede sein", fasst Rößle die momentane Situation zusammen. Das Hauptproblem sei hinsichtlich der Flüchtlingsbewegungen, welche verstärkt auch wieder den Landkreis Donau-Ries betreffen, der Mangel an Unterkünften jeglicher Größe. Fakt ist, dass der Immobilienmarkt ohnehin seit Jahren angespannt ist in der Region. "Wir schauen uns fast jedes Objekt an", sagt Yvonne Steiner, die die Unterkunftsverwaltung der Ausländerbehörde leitet. Wohnungen und Häuser, in denen ab sechs Personen Platz finden, stünden dabei besonders im Fokus der Anmietungen durch den Kreis, um kleinere Objekte kümmert sich das Team Migration am Landratsamt. Dieses vermittelt seit Monaten Mietimmobilien vor allem an ukrainische Kriegsflüchtlinge. 

    So sah es in der Notunterkunft für Ukrainer in der Neudegger Sporthalle in Donauwörth aus.
    So sah es in der Notunterkunft für Ukrainer in der Neudegger Sporthalle in Donauwörth aus. Foto: Barbara Wild

    Allerdings erlebe man dieser Tage auch wieder einen verstärkten Zuzug aus Afghanistan, wie der Leiter der Ausländerbehörde, Johann Stark, informiert; die Zahlen seien hier zuletzt "extrem nach oben gegangen". Dass dem Landkreis stets Menschen aus bestimmten Weltregionen zugeordnet werden, liege an dem Verteilsystem, für das sich der Freistaat entschieden hat. Dieses soll allzu große Konzentrationen in bestimmten Landkreisen verhindern und damit möglichst fair und ausgleichend sein. Das Stichwort "fair" sei indes seit Monaten in den Unterkünften ebenfalls ein Thema, berichtet Ulrike Zitzlsperger vom Team Migration – es herrsche oftmals Unverständnis darüber, warum Ukrainerinnen und Ukrainern mehr Leistungen zustehen und diese auch kein Asylverfahren durchlaufen müssen. Seit dem 1. Juni dieses Jahres können die ukrainischen Flüchtlinge aus der Grundsicherung unterstützt werden und erhalten damit die gleichen Leistungen wie Hartz-IV-Empfänger. Allerdings ist diese Leistung nicht unbefristet, wie Stark erklärt. Damit habe es letztlich ein anerkannter Asylbewerber wiederum ein Stück weit leichter als die Ukrainer – doch es sei bisweilen schwierig, dies zu vermitteln. 

    Ungleiche Leistungen: In den Unterkünften entstehen auch Spannungen

    Spannungen in den Häusern entstünden aber auch, weil man mittlerweile aufgrund des hohen Migrationsdrucks weniger Sensibilität bezüglich der Verteilungen in die einzelnen Unterkünfte aufbringen kann: Trennungen bestimmter Nationalitäten oder nach Religionszugehörigkeit könnten, so Stark, inzwischen nicht mehr gewährleistet werden. "Wir haben einfach keine Plätze mehr", spricht der Behördenleiter Klartext. Dies falle allerdings weniger auf, weil Ukrainer vielfach privat untergekommen sind oder sich selbst Wohnungen suchen konnten. Zudem gibt es das Ankerzentrum in der Alfred-Delp-Kaserne in Donauwörth nicht mehr. Die Menschen sind eher über den Gesamtlandkreis verteilt, als es vormals 2015/ 16 der Fall war. 

    1894 Flüchtlinge sind 2022 in dem Landkreis Donau-Ries gekommen. Zum Vergleich: Im Krisenjahr 2015 waren es 1243, im Jahr darauf 314. Zuletzt, 2021, waren es 655. Stichtag für die große Fluchtbewegung des laufenden Jahres war der 24. Februar, der Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Der Großteil der Migranten kommt mit 1168 Personen direkt aus der Ukraine, meist handelt es sich dabei um Frauen und Kinder sowie auch um ältere Menschen. 247 jener ukrainischen Flüchtlinge leben dieser Tage noch in den Asylheimen. Sie sind hier aber sogenannte Fehlbeleger, wie es im Behördendeutsch heißt. Sprich: Sie müssten sich eigentlich eine Bleibe auf dem freien Markt suchen, was wiederum aufgrund weniger freier Wohnungen durchaus schwierig ist.

    Nur noch 25 freie Plätze in den Donau-Rieser Asylheimen

    Die Lage wird auch im Asylbereich enger: 1191 vom Landkreis angemietete dezentrale Unterkunftsplätze gibt es, freie Plätze aber nur noch 25. Derweil gibt es noch drei Notunterkünfte im Kreis, die mitunter für Ukrainer gedacht sind: In einer Liegenschaft in der Zirgesheimer Straße in Donauwörth sind bei 32 Plätzen aktuell zehn Personen aus der Ukraine untergebracht, in Wallerstein gibt es 24 Plätze, ebenfalls für Ukrainer. Diese beiden Herbergen stehen jedoch nur bis April kommenden Jahres zur Verfügung. Bis Mai steht zudem das Blumenhotel in Rain (wieder) bereit; es bietet sowohl Asylbewerbern als auch ukrainischen Kriegsflüchtlingen ein Dach über dem Kopf. Das Blumenhotel hat insgesamt 189 Plätze. 

    Falls die Zugänge ähnlich hoch blieben wie zuletzt, so erklären Stark und Landrat Rößle unisono, seien auch die noch freien Notunterkünfte binnen kurzer Zeit besetzt. Wegen der russischen Attacken auf die Energieinfrastruktur der Ukraine sei in den kommenden Wochen mit höheren Fluchtbewegungen zu rechnen. Dies bedeute, so Rößle: "Im Notfall werden wir wieder Sporthallen belegen müssen." Hier werde allerdings diesmal nicht zuvorderst auf die Donauwörther Hallen zurückgegriffen, wie Rößle erklärt – obwohl diese aufgrund der zentralen Lage und der Nähe zum Landratsamt wie auch zum Krankenhaus im Stauferpark erhebliche Vorteile hätten, erläutert Rößle.

    "Wir helfen gerne, auch bei Gegenwind", betont indes der Landrat, "aber wir kommen jetzt in eine Grenzsituation". Rößle fordert mit Nachdruck, dass die Leistungen für Geflüchtete und Asylbewerber in Europa stärker angeglichen werden müssten, damit nicht einzelne Länder wie Deutschland, in denen es höhere Leistungen gibt als oftmals andernorts, irgendwann gänzlich überfordert sind. Stark fasst das Jahr 2022 unterdessen für seine Behörde sehr eindrücklich zusammen: "Es war das härteste Jahr." Das spiegelt ein Stück weit wohl auch die Weltlage wider. 

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