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Landkreis Donau-Ries: Es kommen wieder mehr geflüchtete Kinder im Donau-Ries-Kreis an

Landkreis Donau-Ries

Es kommen wieder mehr geflüchtete Kinder im Donau-Ries-Kreis an

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    Aktuell werden wieder mehr minderjährige Flüchtlinge registriert, meist sind sie um die 16 Jahre alt.
    Aktuell werden wieder mehr minderjährige Flüchtlinge registriert, meist sind sie um die 16 Jahre alt. Foto: Wolfgang Widemann

    Die Jahre 2015 und 2016 waren wohl die bislang herausforderndsten für den Landkreis Donau-Ries, jedenfalls in Sachen Migration. Und speziell das Jugendamt in der Donauwörther Pflegstraße hat dabei ein Phänomen kennengelernt, das vorher vielleicht sehr vereinzelt aufgeschlagen war: unbegleitete minderjährige Asylbewerber, kurz UMA. Also Kinder und Jugendliche, die ohne Eltern oder sonstige Betreuer ankommen und die, das verlangen Anstand und Gesetz, geschützt und versorgt werden müssen. Nach 2016 ebbte der Zuzug wieder ab, ganz weg war er allerdings nie – doch jetzt kommen wieder mehr Minderjährige, die auf der Flucht sind oder auf diese geschickt werden, hier an. Aber: Der Staat hat die Kapazitäten zur Versorgung Schritt für Schritt heruntergefahren. Im

    Auch im Alltagsmodus hat das Jugendamt in Donauwörth alle Hände voll zu tun

    Adelbert Singer wirkt nicht wie jemand, der allzu leicht resigniert. Er brenne für seinen Job, sagt er, und er sei eigentlich auch dauererreichbar. Als Leiter des Jugendamts haben er und seine gut 70 Kolleginnen und Kollegen auch im Alltagsmodus alle Hände voll zu tun. Jugend- und Familienhilfe ist ein großes Ressort in der Kreisbehörde und seit Corona gibt es, milde gesagt, nicht weniger zu tun in der sozialen Arbeit. Seit einiger Zeit tröpfelt sukzessive auch wieder die Zuwanderung durch unbegleitete Kinder und Jugendliche hinein ins Amt. Zum Hintergrund: Wenn minderjährige Migranten in den deutschen Grenzgebieten aufgegriffen werden, dann werden diese an die Jugendämter überwiesen – über das Verteilsystem "Königsteiner Schlüssel" letztlich über ganz Deutschland verstreut.

    Da es in letzter Zeit nach der überwunden geglaubten Flüchtlingskrise der Jahre 2015/16 wieder zu mehr Aufgriffen gekommen ist, muss auch der Kreis Donau-Ries wieder mehr UMA aufnehmen. Das Problem: Der Staat hat die Plätze für die Kinder bei den meist privaten oder kirchlichen Trägern nicht langfristig sichergestellt – in letzter Konsequenz müssen nun die Jugendämter selbst für Abhilfe sorgen. In anderen Landkreisen, etwa in Weißenburg, habe das Jugendamt Hotelzimmer gebucht, berichtet Singer. Tagsüber schauen Mitarbeiter des Amts vorbei, nachts passt ein Sicherheitsdienst auf, berichtet der Donau-Rieser Amtsleiter weiter. 

    Die Notlösung wird meist keinem so richtig gerecht

    Die gleiche Notlösung, die wohl weder den Flüchtlingen noch den Mitarbeitenden der Behörde so richtig gerecht wird, drohe dem Kreis Donau-Ries auch. Stand 2. Januar sind zwar im Donau-Ries-Kreis "nur" 25 UMA untergebracht, doch das Nur steht nicht umsonst in Gänsefüßchen. Minderjährige müssen, so sie denn unter 16 Jahre alt sind, rund um die Uhr betreut und geschützt werden. Deswegen dürfen sie nicht einfach in normalen Asyleinrichtungen beherbergt werden. Auch über 16-Jährige sind grundsätzlich zu betreuen. Pädagogisches Fachpersonal in gesonderten Einrichtungen ist also nötig. Und die gebe es kaum noch, nachdem der Staat sich merklich aus der Bereitstellung jener speziellen Plätze zurückgezogen habe, wie Singer erklärt. Er selbst könne den Unmut der Träger nachvollziehen, sagt der Amtsleiter: Die Einrichtungen wurden nur für belegte Plätze entlohnt, nicht für bereitgestellte.

    In den Jahren nach 2016 sahen sich die Träger aufgrund zunächst sinkender Zugänge gezwungen umzusatteln, teils auch Sozialpläne für Mitarbeiter zu schreiben. Deswegen, so Singer, gibt es kaum noch UMA-Plätze – und bayernweit einen regelrechten Wettlauf der Jugendämter auf freie Kapazitäten, die nicht im selben Landkreis vorgewiesen werden müssen. Deswegen kann es auch sein, dass Donau-Rieser UMA auch in Baden-Württemberg untergebracht werden oder, was auch schon geschehen ist, gar in Norddeutschland. "Es herrscht ein Verdrängungswettbewerb zwischen den Ämtern", schildert Singer die prekäre Lage. Der Staat habe die Träger wirklich ein Stück weit "im Stich gelassen". Und: Selbst wenn man die Plätze wieder finanzieren würde – den Einrichtungen fehle es hinten und vorne an Fachpersonal; auch bei den Sozialarbeitern sei der Markt schier abgegrast. 

    In den nächsten Tagen werden die nächsten Jugendlichen im Kreis Donau-Ries erwartet

    In den nächsten Tagen bekommt der Kreis Donau-Ries erneut mindestens zwei Jugendliche zugewiesen, da er mit zehn bis elf Plätzen "unterbelegt" ist – "es hängt davon ab, wie viele Jugendliche im Grenzbereich aufgegriffen werden", sagt der Teamleiter im Bereich Sozialwesen im Landratsamt, Michael Jenuwein. Was man bei allem nie vergessen dürfe: "Es stecken Schicksale dahinter", die jungen Menschen seien keine Zahlen; letztlich, so Jenuwein und Singer unisono, seien fast alle der unbegleiteten Minderjährigen erheblich traumatisiert. Sie bräuchten Menschen um sich, die sich rund um die Uhr um sie kümmern können – und davon gibt es viel zu wenige. Man habe einige der 25 UMA im Kreis vorübergehend bei Pflegefamilien untergebracht, einen im Oettinger Kinderheim. Doch die größeren Einrichtungen mit 20 Plätzen, wie es sie einst in Mertingen speziell für geflüchtete Jugendliche gab, sie sind rar geworden. 

    Es kommen aktuell insbesondere männliche Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren an, meist aus Afghanistan, Syrien oder aus afrikanischen Ländern. Es sei der Klassiker, so Singer: Aus einer meist furchtbaren Situation heraus entscheiden sich Familien, die ältesten Jungen mittels Schleusern auf die Flucht zu schicken – in der Hoffnung, dass diese dann für eine Familienzusammenführung sorgen können. Ein Trugschluss in den meisten Fällen. Doch der Zuzug geht weiter. Und die Jugendämter stehen vor immer größer werdenden Herausforderungen.

    Info: Der Landkreis Donau-Ries sucht ungenutzten, bezugsfähigen Wohnraum für die geflüchteten jungen Menschen. Weitere Auskünfte erteilt das Landratsamt unter der Telefonnummer 0906-74235 oder via E-Mail über jugendamt@lra-donau-ries.de 

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