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Landkreis Donau-Ries: Donau-Ries: Quarantäne-Vorgaben führen zu Verunsicherung

Landkreis Donau-Ries

Donau-Ries: Quarantäne-Vorgaben führen zu Verunsicherung

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    Quarantäne-Überwachung (in Augsburg) – eine Anordnung zum strikten Zuhausebleiben gilt vielen als Schreckensszenario. Das RKI hat jüngst bei den Regelungen zur Quarantäne nachgeschärft.
    Quarantäne-Überwachung (in Augsburg) – eine Anordnung zum strikten Zuhausebleiben gilt vielen als Schreckensszenario. Das RKI hat jüngst bei den Regelungen zur Quarantäne nachgeschärft. Foto: Ulrich Wagner

    An das Testen haben sich viele gewöhnt – und meistens, Gott sei Dank, herrscht das Aufatmen vor. Negativ. Denn ein positiver Test bedeutet nicht nur eine mögliche Erkrankung, sondern zwingend auch Quarantäne. Jedoch nicht nur für den Getesteten selbst, sondern oft auch für das Umfeld. Eine neue Vorgabe des Robert-Koch-Instituts schreckte jüngst Kommunalpolitiker im Nachbar-Landkreis Neuburg-Schrobenhausen auf.

    Wie kann kommunale Arbeit in Zukunft noch stattfinden?

    Dort hat man sich sogar die Frage gestellt, inwieweit die kommunale Arbeit überhaupt noch wie gewohnt stattfinden könne. Im Landkreis Donau-Ries will man indes behutsam mit der Regelung vorgehen.

    Das RKI hat am 9. April eine zunächst unscheinbare neue Vorgabe in Bezug auf die Nachverfolgung von Kontaktpersonen bei Infektionen herausgegeben. Die Tragweite wird unterdessen vielen erst nach und nach bewusst. Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling sprach das Problem zuletzt im Finanzausschuss seiner Stadt an: Wäre einer der Anwesenden infiziert gewesen, wären alle, die bei der Sitzung dabei waren, in Quarantäne gegangen – ganz gleich, ob sie FFP2-Masken getragen, den Abstand korrekt eingehalten und den Raum zudem regelmäßig gelüftet hätten. Genau sagt die neueste Definition enger Kontaktpersonen laut

    Die Maßnahme träfe jeden Betrieb, jedes Geschäft, jeden Gemeinderat

    Diese Maßnahme betrifft im Grunde jedes Geschäft, jeden Betrieb, jede Arztpraxis und nicht zuletzt alle politischen Gremien im Landkreis. Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling spricht von einer „stillen Bombe“, deren Auswirkungen bisher noch keiner mitbekommen habe. Erste Stadträte hätten sich bereits bei ihm gemeldet und klargemacht, dass sie keine Sitzung mehr besuchen werden, solange diese Vorgabe gilt. „Das schlägt mittlerweile hohe Wellen“, sagt Gmehling. Für die Bauausschusssitzung am Mittwoch habe er kurzfristig Schnell-Spuck-Tests geordert, damit sich alle Teilnehmer vor der Sitzung noch testen konnten. „Allmählich wird alles ziemlich schwierig, und ich verstehe alle, die momentan Angst haben.“ Neuburgs Landrat Peter von der Grün steht vor dem gleichen Dilemma. Wie und wo Sitzungen des 60-köpfigen Kreistagsgremiums stattfinden sollen, weiß er zum Beispiel aktuell noch nicht.

    In Donauwörth warnt OB Sorré vor Panik

    In Donauwörth hat Oberbürgermeister Jürgen Sorré am Donnerstag von jener Vorgabe des RKI gehört. Die Verunsicherung im Nachbarkreis sei nachvollziehbar – auch er werde sich jetzt mit den Stadtratsmitgliedern beraten, wie man damit verfahren solle. Fakt sei aber, dass es ein bestehendes Konzept zum Infektionsschutz gebe. Eine FFP2-Maske sei Pflicht, man achte auf regelmäßiges Lüften und Abstände bei Sitzungen. In der Verwaltung wolle man von 80 Beschäftigten bis Ende April ein Viertel in die Heimarbeit schicken. Sorré sagt, er wisse, dass die öffentliche Verwaltung der Privatwirtschaft in Sachen Homeoffice hinterherhinke: „Das Homeoffice hat in der Verwaltung gerade erst begonnen.“ Klar sei aber auch: In diversen Bereichen, zum Beispiel beim Wasserwerk, bestehe schlichtweg keine Möglichkeit zur Arbeit von zu Hause aus. Für die Ratssitzungen wolle er sich bald mit den Ratsleuten über denkbare alternative Formen austauschen, sprich: digitale Optionen oder den Rückgriff auf einen personell reduzierten Ferienausschuss. Sorré sagt, die Vorgabe und der Infektionsschutz an sich würden „sehr ernst“ genommen, er warne aber dennoch „vor übertriebener Panik“.

    Im Gesundheitsamt in Donauwörth will man weder panisch noch generalisierend an die Sache herangehen. „Die Quarantäne-Vorgabe ist nicht pauschal zu verstehen“, erklärt Landratsamtssprecher Simon Kapfer. Die Neuerungen bei den Vorgaben seien eher als ergänzende Handlungsempfehlungen aufzufassen, präzisiert denn auch das Gesundheitsamt Donau-Ries. Es werde, wie Kapfer erläutert, nach wie vor „von Einzelfall zu Einzelfall“ entschieden. Nur im Schulbereich würden bei einem positiv getesteten Schüler alle Klassenkameraden sofort mit in

    Enger Kontakt Das bedeutet: Abstand geringer als 1,5 Meter, Kontakt länger als zehn Minuten „ohne adäquaten Schutz“; adäquater Schutz heißt, der positiv Getestete und die Kontaktperson tragen durchgehend und korrekt Mund-Nasen-Schutz oder FFP2-Maske.

    Hat ein Gespräch mit dem positiv Getesteten im Nahkontakt stattgefunden (unabhängig von der Gesprächsdauer), ohne Schutz?

    Zu diesen zwei Punkten sagt das Amt: „Es wird vermutet, dass die meisten Übertragungen über das Nahfeld erfolgen.“ Das Infektionsrisiko sei geringer, wenn der Postiv-fall und die Kontaktperson durchgehend und korrekt eine medizinische Maske getragen haben.

    Die dritte zu beachtende Fallkonstellation ist indes schwieriger:

    Gleichzeitiger Aufenthalt von Kontaktperson und Fall im selben Raum mit wahrscheinlich hoher Konzentration infektiöser Aerosole unabhängig vom Abstand für mehr als zehn Minuten, auch wenn durchgehend und korrekt Maske (auch FFP2/KN95) getragen wurde.

    Es geht letztlich um winzige Tröpfchen

    Dieser Punkt gestaltet sich besonders kompliziert: Hier geht es bei der „engen Kontaktperson“ um winzige ausgeatmete Tröpfchen, also die „vorherrschende infektiöse Aerosolverteilung“ im betroffenen Raum. Virusbeladene Kleinpartikel können sich bei mangelnder Frischluftzufuhr in Innenräumen anreichern, weil sie über Stunden in der Luft schweben. Daher steigt das Infektionsrisiko mit der Dauer des Aufenthalts in einem solchen Raum.

    Die Frage, ob Quarantäne für Kontaktpersonen angeordnet werde, gleicht demnach im Landkreis einer detektivischen Kleinarbeit. Das Gesundheitsamt berichtet zu den Ansteckungen bei Versammlungen in Gremien und Betrieben: „Nach unseren Erfahrungen lässt sich rückwirkend sehr häufig ermitteln, dass höchstwahrscheinlich eine Ansteckung durch das nicht-korrekte Tragen beziehungsweise das Abnehmen einer vorhandenen FFP2-Maske erfolgt ist.“ Häufig geschehe dies im Arbeitsumfeld, etwa in Pausen. Auch das Lüftungsverhalten sowie die Dauer der Kontakte würden oftmals unterschätzt. Daher sei für Besprechungen und andere dienstliche Veranstaltungen „ein ausgearbeitetes und auf die räumlichen Gegebenheiten abgestimmtes Hygienekonzept umso wichtiger“. Nur ein gutes und umfassendes Hygienekonzept, das von allen teilnehmenden Personen eingehalten werde, könne „höchstwahrscheinlich vor einer Ansteckung oder der Einstufung als enge Kontaktperson schützen“. Kurzum: All zu pauschal soll im Kreis Donau-Ries außerhalb der Schulen keine Quarantäne verhängt werden.

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