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Landkreis Donau-Ries: Amtsleiter: Werden schwerkriminelle Asylbewerber nicht los

Landkreis Donau-Ries

Amtsleiter: Werden schwerkriminelle Asylbewerber nicht los

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    Die Flugzeuge heben bislang ohne schwerkriminelle Asylbewerber aus Syrien und Afghanistan ab.
    Die Flugzeuge heben bislang ohne schwerkriminelle Asylbewerber aus Syrien und Afghanistan ab. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Es ist die Parole, die von rechts bis links derzeit alle verkünden in den Parlamenten: Asylbewerber, die kriminell werden oder sind, sollen abgeschoben werden. Lange galt dies aber als eine Art Tabu, vor allem im linken, grünen bis hin zu Teilen des sozialdemokratischen Spektrums. Auch hier folgte nun die Zeitenwende. Spätestens seit dem tödlichen Angriff auf den Polizeibeamten Rouven Laur in Mannheim Ende Mai ist eine neue Debatte entfacht. Schärfere Abschieberegeln wurden daraufhin angekündigt, zuletzt auch von Bundeskanzler Olaf Scholz. Der hatte kurz vor der Europawahl gar davon gesprochen, Schwerstkriminelle auch nach Afghanistan und Syrien abzuschieben. In der Ausländerbehörde des Landratsamtes Donau-Ries hat man ähnliche Worte schon vor Jahren gehört. Passiert ist seitdem wenig. Im Gegenteil. Ein besonders heftiger Fall lässt in diesem Zusammenhang aufhorchen.

    Auf den Fluren vor Johann Starks Büro im Erdgeschoss des Donauwörther Fuggerhauses hat sich einiges verändert in den vergangenen Jahren. Früher waren die Gänge zu den Arbeitsräumen der Ausländerbehörde, deren Chef Stark ist, frei zugänglich. Heute gibt eine Art Schleuse mit Sicherheitspersonal und abgeschlossenem Zugang. Die Zahl der Mitarbeiter zur Bearbeitung der Fälle ist mit der Zahl der Asylbewerber parallel angewachsen. Wenn der Leiter der Ausländerbehörde jetzt von Scholzens Worten hinsichtlich der Abschiebungen hört, kann er diese nicht einfach so abnicken. Stark ist eher Realist. Wahrscheinlich muss man das auf seinem Posten auch sein. Hier trifft er jeden Typ Mensch, hört wahre Tragödien, aber auch frei Erfundenes. Er trifft freundliche Flüchtlinge, die dankbar sind für die Aufnahme im Land, die, die sich einbringen wollen - ebenso wie jene unter den Migranten, die genau wüssten, was ihnen alles zustünde. Und eben auch diejenigen unter den Ankommenden, die kriminell sind - einige gar schwerstkriminell. Stark betont, dass dies beileibe nicht die meisten seien, sondern die wenigsten. Aber es gebe sie und darüber müsse man sprechen. Oft genug gelangten sie ins Land, weil für Überprüfungen kaum Ressourcen bereitstünden. Man stößt an Grenzen.

    M. musste nicht nach Griechenland zurück - obwohl er dort sicher war

    Davon können Stark und seine Stellvertreterin Mariya Tozman einiges berichten. Ein drastisches Beispiel ist der Fall M. Der Syrer war 2019 über die Türkei und Griechenland in den Kreis Donau-Ries gekommen. Im Mai 2019 stellte er einen Asylantrag, M. fand Platz in einer dezentralen Unterkunft in Nördlingen. Der Antrag wurde zunächst abgelehnt, das Verwaltungsgericht Ansbach beschloss aber im Juli 2020 "die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage" gegen den negativen Beschluss. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erkannte M. in der Folge doch als Flüchtling an; nach Griechenland, wo er eigentlich aufgrund seines Erstantrags gehen sollte, musste er nicht mehr - wegen der dort vermeintlich schwierigen Bedingungen. Griechenland hatte ihm eigentlich Schutz gewährt. M. wusste, was er alles zu beantragen hatte, unter anderem eine Aufenthaltserlaubnis. Stark und seine Kollegen erfuhren jedoch im September 2022 von der Inhaftierung M.s.

    Was war passiert? Wie ein Gericht später feststellte, als es M. zu drei Jahren und acht Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilte, nötigte der Syrer seine angebliche Frau drei mal sexuell. Er hatte sie auf der Flucht kennengelernt und sogleich nach islamischem Recht geheiratet. Stark sagt, man könne die Taten auch als Vergewaltigungen bezeichnen, das

    Der Mann saß in U-Haft - seine Frau wollte einreisen

    Starks Kollegin Tozman hatte, als M. bereits in Untersuchungshaft saß, eine Bitte der Deutschen Botschaft in Beirut auf dem Tisch. Sie möge doch einer Frau im Zusammenhang mit deren Begehr nach Familiennachzug eine "Globalzustimmung" erteilen. Es gäbe technische Probleme mit der IT. Das heißt: Tozman sollte rein deklaratorisch und pro forma zustimmen. Viel geprüft wird bei diesem Typus der Zustimmung nicht. Tozman fühlte sich verantwortlich, prüfte aus Pflichtgefühl trotzdem die Akte, schaute nach, um wen es sich handelte beim hier ansässigen Verwandten. Es war M., der in U-Haft sitzende Schwerkriminelle. Er hatte eine weitere Frau mit Familie.

    Was Stark und Tozman immer wieder zu denken gibt, sei die Tatsache, dass, wie Stark sagt, "die Leute ungeprüft ins Land kommen". "Durch Zufall", weil Starks Kollegin intensiver prüfte als es von ihr verlangt wurde, sei man darauf gekommen, dass der Familiennachzug eines Straftäters anstand. Stark sagt, es gebe "Fehler im System". Das BAMF müsste intensiver hinsehen. "Solche Fälle schlupfen durch, weil es fast kein Raster zur Prüfung gibt", moniert der Leiter des Amts. 

    Stark über Schwerkriminellen: "Wir werden ihn nicht los."

    2026 kommt M. frei. Stark sagt: "Wenn sich am Status Quo nichts ändert, dann bleiben uns diese Leute." M. gälte nach der Entlassung als geduldet, er könnte durchaus wieder einen Aufenthaltstitel bekommen. Die Flüchtlingseigenschaft wurde M. zwar inzwischen aberkannt - abgeschoben werden, wie Scholz es jüngst ankündigte für solche Fälle, kann er nicht. Weder nach Syrien noch nach Afghanistan dürfen und können die Behörden abschieben. Es besteht sogar ein Verbot. 2019 wurde auf der Innenministerkonferenz der Abschiebestopp nach Syrien und Afghanistan verlängert. Es sollten in diesem Zusammenhang aber andererseits auch die Voraussetzungen für die Rückführungen von Straftätern möglich gemacht werden. Bis heute kam dazu nichts. "Wir werden ihn nicht los", resümiert der Amtsleiter über den Fall M., der nicht der einzige ist auf seinem Schreibtisch.

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