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Landkreis: Bürokratie: Die Aktenberge wachsen im Landkreis

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Bürokratie: Die Aktenberge wachsen im Landkreis

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    Aktenberge, die stetig wachsen. Viele Bereiche des Landratsamtes arbeiten am Anschlag – auch aufgrund neuer Verordnungen und gestiegener Erwartungen der Bürger nimmt die Arbeitsbelastung zu, neue Stellen sind vonnöten.
    Aktenberge, die stetig wachsen. Viele Bereiche des Landratsamtes arbeiten am Anschlag – auch aufgrund neuer Verordnungen und gestiegener Erwartungen der Bürger nimmt die Arbeitsbelastung zu, neue Stellen sind vonnöten. Foto: Wyszengrad

    Allein das umständliche Wort vermittelt einen Eindruck davon, was Bürokratie mitunter bedeuten kann: „Datenschutzgrundverordnung“. Die europäische Vorschrift schlägt seit einiger Zeit in jedem Betrieb vor Ort und jedem Taubenzüchterverein nebenan auf – und sie führt in der Regel zu einem gehörigen Mehraufwand für all diejenigen, denen das nun stark in der Bevölkerung verbreitete Amt des „Datenschutzbeauftragten“ aufgebürdet wurde. Dieser kleine Bereich lässt erahnen, wie stark sich die wachsende Bürokratie auf das Landratsamt Donau-Ries als zuständige Kreisbehörde für über 132000 Landkreisbürger niedergeschlagen hat. In den vergangenen Jahren ist das Amt beträchtlich gewachsen – sowohl gebäudlich als auch personell. Das Ende der Fahnenstange scheint derweil nicht erreicht. Dabei sprach man zuletzt sogar auf europäischer Ebene beständig vom „Bürokratieabbau“. Ein Lagebericht aus Donauwörth.

    132000 Bewohner im Kreis Donau-Ries - der Landkreis ist gewachsen

    Das Resümee aus dem Landratsamt fällt knapp, aber deutlich aus: „Die Rückmeldungen aus dem gesamten LRA bestätigen den Eindruck, dass tatsächlich die Bürokratie in den letzten Jahren extrem zugenommen hat.“ Dazu gebe die genannte Datenschutzgrundverordnung „ein klassisches Beispiel“ ab. Diese habe „in sämtlichen Bereichen unseres Hauses zu Mehrarbeit und weiterer Bürokratie geführt“.

    Zu Illustrierung der Situation ist aber ein Einblick in die verschiedenen Arbeitsbereiche der Kreisbehörde vonnöten. Gesetzesänderungen wie etwa die Verschärfungen im Waffenrecht 2017 (strengere Aufbewahrungsregelungen mit stärkeren Tresoren, zu deren Kontrolle man einen Waffenkontrolleur anstellte) sowie die anstehende Änderung im Waffenrecht durch den neuen Gesetzesentwurf nächstes Jahr sind ein anschauliches Beispiel. Zudem werden neue zentrale Register eingeführt wie das „Nationale Waffenregister“, das ab nächstem Jahr auf die Waffenhändler und verschiedene bisher erlaubnisfreie Waffenarten ausgeweitet wird – dafür wurde eine Stelle mehr beantragt und genehmigt. Auch das sogenannte „Bewacherregister“ für die Security-Unternehmer, welches ebenfalls einen Mehraufwand bei der Datenpflege erfordert, bedeutet Mehrarbeit. Beispiel drei: Der Katastrophenschutz werde, wie das Landratsamt auf Nachfrage unserer Zeitung weiter ausführt, aufgrund des Klimawandels stärkere Planungen beim Thema Waldbrandgefahren und „aufgrund der wachsenden Abhängigkeit der Bevölkerung vom Strom auch bezüglich großflächiger Stromausfälle erfordern“. Im Bereich der Lebensmittelüberwachung und des Veterinärwesens werden seit Jahren die Aufgaben erweitert, ohne dass es aber „zu entsprechenden Personalmehrungen kommt“, so die Pressestelle des Amtes weiter. Zuletzt wurden die Vorbereitungen für ein Auftreten der Afrikanischen Schweinepest weitgehend auf die Veterinärämter delegiert statt zentrale Beschaffungsmaßnahmen zu tätigen oder anhand von Musterplänen einen Handlungsablauf beim Fund eines infizierten Wildschweins vorzugeben. Zudem würden „stetig die Anforderungen durch Gesetze (meist auf europäischer Ebene) sowie Auslegungshinweise der Ministerien (häufig aufgrund gerichtlicher Entscheidungen) erhöht“ Bei der Lebensmittelüberwachung wurde zuletzt über den enorm gestiegenen Dokumentationsaufwand mittels eigens entwickelter Programme diskutiert. Im Bereich des Gesundheitsamtes werde es ab Herbst 2020 zu einem „vermehrten Aufgabenaufwand“ durch die Änderung der Schuleingangsuntersuchung mit einem erweiterten sogenannten „Entwicklungsscreening“ und einer „amtsärztlichen Untersuchung bei Auffälligkeiten“ kommen. Bereits die vergangenen Jahre sei jedoch das Gesundheitsamt mit dem Ankerzentrum in Donauwörth und den medizinischen Gutachten und Untersuchungen der Asylbewerber „sehr stark ausgelastet“ gewesen. Die Aufgabenmehrungen im Bereich Veterinärwesen, Lebensmittelüberwachung und Gesundheitsamt würden „leider nicht durch Personalerhöhungen abgefangen“. In diesen Bereichen gebe es einen erheblichen Fachkräftemangel.

    Im Bereich Umweltschutz hat sich ganz aktuell durch das umfangreiche Gesetzespaket zugunsten der Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern anlässlich des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ der Aufgabenumfang erhöht, beispielsweise durch eine deutliche Ausweitung des Vertragsnaturschutzprogramms und erweiterte Beratungsaufgaben, für die künftig Biodiversitätsberater eingesetzt werden sollen.

    Erstaunlich: Keine Verschärfungen im Baurecht

    Entgegen landläufiger Meinung wurden aber im Bereich des Baurechts in den letzten Jahren, insbesondere beim Brandschutz, die gesetzlichen Vorgaben nicht verschärft oder erweitert. Dass es dennoch auch ohne größere Gesetzesänderungen bei der Bauverwaltung zu längeren Verfahrenslaufzeiten und steigendem Personalbedarf komme, liege unter anderem in den seit Jahren steigenden Antragszahlen im Zuge der anhaltenden Niedrigzinsphase begründet. Gleichzeitig werden die Bauwünsche individueller und erfordern oftmals Befreiungen von oder Änderungen der geltenden Bebauungspläne. Stark angestiegen sei zudem der Wunsch nach umfassender Beratung im Vorfeld der eigentlichen Bauantragstellung, sowie die Bereitschaft zu Nachbarklagen gegen Baugenehmigungen, was jeweils erhebliche Ressourcen binde. Hier beabsichtige das Amt, mit einer Verstärkung der Bauaufsichtsbehörde die Verfahrenslaufzeiten wieder zu reduzieren. 

    Mitarbeiterstand erheblich gewachsen

    Klar ist: Der Mitarbeiterstand ist durch höhere Anforderungen und Erwartungen, entweder der übergeordneten Behörden (sprich: durch Gesetze und Zuweisungen) oder von Bürgern gestiegen. Gerade in den vergangenen fünf Jahren sei, so das Amt auf Nachfrage, die Mitarbeiterzahl um gut 80 Mitarbeiter auf derzeit 656 Mitarbeiter „deutlich erhöht“ worden. Ein „Outsourcing“ von Aufgaben sei indessen „im Bereich der Erfüllung staatlicher Aufgaben dagegen nicht möglich“.

    Alleine der Fachbereich Jugend und Familie hat sich in den letzten Jahrzehnten mehr als verdoppelt.

    Mehr Stellen gegen Mobbing und Frust

    „Berücksichtigt sollte auch werden, dass „die Einwohnerzahlen in der Größenordnung einer kleinen Stadt gestiegen sind und dass zuletzt extrem viele Investitionen (Straßen- und Schulbaumaßnahmen) geplant und realisiert worden sind“, schreibt die Pressestelle zur weiteren Begründung ihres Wachstums.

    So habe sich im Bereich Hochbau das Bauvolumen für landkreiseigene Gebäude seit 2003 vervierfacht, während das Personal verdoppelt wurde.

    Bundesrat beschließt Änderungen beim Datenschutz

    Da die meisten Mehraufgaben aus neuen Gesetzen und Verordnungen resultierten, gebe es dagegen „keine großen Alternativen“. In den letzten fünf Jahren ist der Personaletat von rund 16 Millionen auf gut 24 Millionen angestiegen. Darin seien auch „deutliche tarifliche Steigerungen“ enthalten. Geeignetes Fachpersonal für die stetig steigenden Aufgaben zu bekommen, das sei indes gar nicht so einfach. Landrat Stefan Rößle fasst es so zusammen: „In früheren Jahren war es so, dass sich Arbeitnehmer beim Landratsamt bewarben. Heute ist es mitunter schon so, dass sich das Landratsamt als möglichst attraktiver Arbeitgeber bei den Arbeitnehmern bewerben muss. Allerdings nehmen wir auch diese Herausforderung gerne an.“ 

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