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Interview: Die neue Kreisbäuerin will das Image der Landfrauen im Donau-Ries aufpolieren

Interview

Die neue Kreisbäuerin will das Image der Landfrauen im Donau-Ries aufpolieren

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    Die neue und die ehemalige Kreisbäuerin für den Landkreis Donau-Ries: Nicole Binger aus Mertingen übernimmt nach 15 Jahren das Ehrenamt der Nördlingerin Ruth Meißler.
    Die neue und die ehemalige Kreisbäuerin für den Landkreis Donau-Ries: Nicole Binger aus Mertingen übernimmt nach 15 Jahren das Ehrenamt der Nördlingerin Ruth Meißler. Foto: Helmut Bissinger

    Frau Binger, seit wenigen Wochen sind Sie die neue Kreisbäuerin im Landkreis Donau-Ries. Stellen Sie sich doch einmal kurz unseren Leserinnen und Lesern vor.
    NICOLE BINGER: Ich bin 45 Jahre alt und seit 22 Jahren mit meinem Mann in Mertingen auf den Burghöfen verheiratet. Wir haben drei erwachsene Kinder. Miteinander bewirtschaften wir einen konventionellen Ackerbaubetrieb.

    Was hat Sie am Amt der Kreisbäuerin gereizt?
    BINGER: Die Entscheidung, zu kandidieren, ist mit der Zeit gewachsen. Seit zehn Jahren bin ich Ortsbäuerin in Mertingen und durch unsere vielfältigen Angebote im Ortsverband in die Arbeit des Bauernverbands hineingewachsen. Ich möchte versuchen, unsere bäuerliche Struktur im Landkreis zukunftsfähig mitzugestalten sowie die Anliegen und Interessen unserer Bäuerinnen und Landfrauen aufzugreifen und zu vertreten.

    Wollen Sie neue Akzente in Ihrem Amt setzen und wenn ja, welche?
    BINGER: Natürlich will ich eigene Ideen zusammen mit meinem Team in meine Arbeit als Kreisbäuerin einbringen und umsetzen. Sicherlich sind dazu neue Strukturen und Wege in unserer Landfrauenarbeit erforderlich und sinnvoll. Eines meiner Steckenpferde ist die Beschäftigung mit Kindern im Rahmen der Aktionen „Landfrauen machen Schule“ und „

    Wie wollen Sie denn angesichts manch kritischer Haltungen gegenüber der Landwirtschaft, nicht zuletzt bei jungen Menschen, Akzeptanz für Ihre Anliegen gewinnen?
    BINGER: Das ist im Zeitalter der sozialen Medien oft nicht einfach. Da wird schnell etwas Negatives gepostet, kommentiert und geteilt, ohne fachliches Hintergrundwissen. Wir werden in Zukunft im Kreisverband Social-Media-Angebote wie Instagram nutzen, um über die Arbeit in der Landwirtschaft und bei den Landfrauen auf verschiedenen Ebenen zu berichten und für öffentliche Veranstaltungen zu werben.

    Hin und wieder wird das Wirken der Landfrauen als konservativ und althergebracht belächelt ...
    BINGER: Völlig zu Unrecht. Die Landfrauen sind ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft. Ich erinnere an Mertingen, wo wir Aktionen veranstalten, zu denen wir alle Frauen im Ort einladen. Es gibt beispielsweise ein Frauenfrühstück, zu dem mittlerweile regelmäßig 70 bis 80 Teilnehmerinnen von Jung bis Alt nicht nur aus Mertingen kommen. Der gegenseitige Austausch trägt dazu bei, einander besser zu verstehen und kritische Fragen an die Landwirtschaft zu beantworten.

    Frau Meißler, Sie waren 15 Jahre Kreisbäuerin. Blicken Sie mit Wehmut auf Ihre Amtszeit zurück?
    RUTH MEISSLER: Nein. Ich möchte jedoch die lange Zeit beim BBV nicht missen. Es gibt kein Ehrenamt, das einen persönlich nicht auch weiterbringt. Es war jedenfalls eine interessante Arbeit, die ich all die Jahre gerne gemacht habe.

    Wie fällt Ihre Bilanz aus?
    MEISSLER: Insgesamt positiv, wenngleich mir manche Entwicklungen nicht gefallen haben. Besonders prägend waren der Strukturwandel in der Landwirtschaft und der immense Landverbrauch. Im Lauf der Zeit haben bedauerlicherweise immer mehr Bauern aufgehört, insbesondere die kleinen und mittleren Höfe. Für sie hat es sich einfach nicht mehr gerechnet. Diese Entwicklung konnten wir als Bauernverband nicht stoppen. Gleiches gilt für den stetig zunehmenden Flächenverbrauch, den ich extrem bedauerlich und kritikwürdig finde. Solange nicht seitens der Politik eine Hektarzahl festgelegt wird, die in einer Kommune verbraucht werden darf, geht das uferlos so weiter.

    Sie kämpften mit diesem Anliegen als Kreisbäuerin also gegen Windmühlen?
    MEISSLER: Ja, in gewisser Weise schon. Wir als Bauernverband mahnen das Problem bereits seit Jahrzehnten an. Klar, die Städte und Gemeinden benötigen Flächen für Gewerbe und Wohnungsbau. Aber die Entwicklung ufert dermaßen aus, dass sie nicht mehr akzeptabel ist. Der Verlust von besten Ackerflächen tut uns Landwirten sehr weh.

    Fühlen sich die Bäuerinnen und Bauern von der Gesellschaft genügend wertgeschätzt? Was glauben Sie?
    MEISSLER: Aus meiner Sicht fehlt die nötige Wertschätzung von Teilen der Bevölkerung für unsere Arbeit. Schließlich erzeugen wird regional hochwertige Lebensmittel und sorgen für eine regenerative Energiegewinnung.

    In den zurückliegenden Jahren ist im Landkreis die landwirtschaftliche Ausbildung weitgehend in den Hintergrund gerückt, obwohl er nach wie vor landwirtschaftlich geprägt ist.
    MEISSLER: Ja, leider. Während meiner Amtszeit mussten die Auszubildenden auf die Berufsschule in Donauwörth verzichten. Seitens der Verantwortlichen hieß es damals, entweder Berufsschule oder Landwirtschaftsschule in Nördlingen. Beides ginge nicht. Mittlerweile haben wir weder das eine noch das andere.

    Was sagen Sie zu dem Vorwurf, die Landwirtschaft trage durch ihr Handeln bisweilen zur Zerstörung von Artenvielfalt und Natur bei.
    MEISSLER: Solche Behauptungen regen mich richtiggehend auf. Was ich dazu manchmal in den Medien lese und sehe, trifft einfach nicht zu. In der Landwirtschaft wird es immer schwieriger, die vielen Auflagen einzuhalten. Die Bauern schützen doch unsere Umwelt. Denken Sie beispielsweise an das KULAP (Kulturlandschaftsprogramm), das im Donau-Ries-Kreis derzeit allein 4100 Hektar umfasst. Hinzu kommt das Anlegen von Blüh- und Uferrandstreifen, die nicht gespritzt und gedüngt werden dürfen. Umweltschutz geht nur mit und nicht gegen die Landwirtschaft.


    BINGER: Außerdem werden die Auflagen so streng überwacht, dass Verstöße sofort geahndet werden. Kein Landwirt kann es sich mehr erlauben, dagegen zu verstoßen.

    Halten Sie die Vorgaben für zu streng?
    BINGER: Manchmal muss ich mich angesichts der Agrarpolitik, die ja hauptsächlich in Brüssel gemacht wird, tatsächlich fragen, ob die von uns betriebene Landwirtschaft überhaupt noch gewollt ist.

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