Das Thema Windkraft ist in der Gemeinde Holzheim weiter ein heißes Eisen – auch sechs Jahre nach der Inbetriebnahme der drei Anlagen im Ortsteil Riedheim. Das wurde nun bei einer Bürgerinformationsveranstaltung wieder deutlich, als Pläne für drei weitere Windräder im Forstbezirk Brand zwischen Holzheim und Münster vorgestellt wurden. Vor allem ein Aspekt beschäftigt die Bevölkerung, sogar von "Angst" war die Rede.
Wie Matthias Pavel von Uhl Windkraft ausführte, möchte die Firma im Brand drei Anlagen errichten. Das Waldstück gehört zu rund zwei Dritteln der Gemeinde Münster, der Rest zu Holzheim. Die Windräder, von denen jedes so viel Strom pro Jahr erzeugen soll wie 3000 Haushalte verbrauchen, würden eine Gesamthöhe von jeweils etwa 250 Metern haben. Laut der in Bayern geltenden 10-H-Regel müsste der Abstand zur Wohnbebauung folglich 2,5 Kilometer betragen.
Windräder bei Holzheim und Münster: So groß wären die Abstände zu Wohnsiedlungen
Stellt eine Kommune aber einen Bebauungsplan auf, kann sie die Mindestdistanz auch geringer festsetzen. Dies wäre in diesem Fall eine Angelegenheit der Gemeinde Münster, da auf deren Flur die Anlagen entstehen sollen. Die Abstände zu den Hauptorten Münster, Holzheim, Thierhaupten und Baar wären zwischen 1710 und 2514 Metern, zum kleinen Thierhauptener Ortsteil Königsbrunn sind es 960 Meter. Laut Pavel würde die Firma Uhl in Baden-Württemberg Projekte angehen, bei denen die Abstände 700 Meter betragen. In Schleswig-Holstein seien es vereinzelt nur 450 Meter.
Zum Schattenwurf sagte er, durch die drei neuen Anlagen würde für keine der Anliegergemeinden eine zusätzliche Belastung entstehen. "Nicht einmal rein theoretisch und rechnerisch." Pavel versicherte zudem, dass bei den Windrädern keine störenden Lichter blinken würden. Eine solche Nachtbefeuerung sei nicht mehr notwendig.
Das waren aber auch nicht die Aspekte, die die rund 80 Teilnehmer in der Mehrzweckhalle am meisten beschäftigten. Die Wortmeldungen drehten sich vor allem um die Lautstärke. Mehrere Anwohner berichteten von massiven Lärmbelastungen durch die drei bestehenden Anlagen in Riedheim. Diese wurden nicht von der Firma Uhl, sondern von einem Konkurrenten projektiert.
Der Windpark Riedheim bringt manche Anwohner um den Schlaf
Eine Bürgerin sagte, vor dem Bau in Riedheim seien ähnliche Versprechungen wie nun gemacht worden. "Und dann gab es ein böses Erwachen. Die Windräder sind bei Ostwind so laut, da ist man richtig gerädert. Kommt so eine Belastung nun von zwei Seiten, habe ich Angst um unsere Kinder." Eine andere Holzheimerin schlug in die gleiche Kerbe: Im Sommer könne sie bei offenem Fenster nicht schlafen. "Da wacht man in der Nacht auf und bekommt Angstzustände." Eine Unternehmerin sieht durch den Windpark Riedheim die Lebensqualität in der Gemeinde gemindert. "Eines hat man damals bei den ganzen Faktoren vergessen: den Menschen. Ich wünschte mir, auch auf der Roten Liste zu stehen. Ich wünschte, ich wäre ein Vogel."
Gemeinderat Helmut Staber monierte, dass eine unabhängige Messung noch immer fehle, welchen Lärm die Windräder in Riedheim tatsächlich verursachen. "Das steht uns Holzheimern zu." Pavel kündigte an, dass sein Unternehmen eine solche Untersuchung bezahlen würde, sofern der Betreiber des Windparks Riedheim dies zulässt. Die Firma Uhl brauche ja auch verlässliche Daten für ihre Planungen, so Pavel: "Und natürlich müssen wir nach der Inbetriebnahme nachweisen, dass die berechneten Lautstärken eingehalten werden."
Es handelt sich um die nächste Generation von Windkraftanlagen
Aus dem Publikum kamen auch Rückmeldungen, dass die Windräder auf dem Baarer Berg (diese wurden von der Firma Uhl gebaut) nicht so laut seien wie die in Riedheim. "Und jetzt sind wir von der Technik schon wieder zwei Generationen weiter als bei den Anlagen in Baar", erklärte Pavel. Diese gingen vor fünf Jahren ans Netz. Die zusätzliche Lärmbelastung durch einen Windpark Brand dürfte daher minimal sein.
Marcus Dums vom Landratsamt Donau-Ries gestand: "Holzheim hat drei Anlagen mit Immissionen, die nicht jedem gefallen." Der Lärm komme an den gesetzlichen Grenzwert heran, sei aber noch zulässig. Er kündigte an, dass natürlich auch in Sachen Brand alles auf den Tisch komme: Schall, Schatten, Artenschutz, Rodung von Waldflächen – "nichts bleibt ungeprüft". Dums kündigte zugleich an, dass auch die Lichter der Anlagen in Riedheim bald nicht mehr die ganze Nacht, sondern nur noch bedarfsgerecht blinken würden.
Dennoch sparten die Bürgerinnen und Bürger einmal mehr nicht mit Kritik an der Kreisbehörde wegen der damaligen Genehmigung des Windparks Riedheim. Man sei "beschissen worden vom Landratsamt", hieß es aus dem Plenum, Gemeinderat Leo Raab bezeichnete die Holzheimer als "gebrannte Kinder". Sein Gremiumskollege Josef Vogl appellierte, das Thema Lärm müsse "professionell abgehandelt" werden.
Mehrfach kam auch die Frage auf, warum gerade das Lechgebiet und vor allem Holzheim schon wieder in der Verlosung sei, wenn es um die nächsten Windräder im Landkreis Donau-Ries geht. Isabel Wendl vom Energie- und Umweltzentrum Allgäu – sie betreut das Vorhaben mit ihrem Kollegen Sebastian Obermaier als sogenannte Windkümmerer – betonte, dass dieses Projekt nur der Anfang sein könnte. "Die Energiewende kann nicht an wenigen Gemeinden hängen bleiben, es wird auch an anderen Orten im Landkreis Diskussionen über Windkraft geben müssen. Aber irgendwo müssen wir anfangen." Hier sei freilich auch der Gesetzgeber gefordert, der an den Rahmenbedingungen schrauben muss. Zuvor hatte bereits Obermaier herausgestellt, dass aber gerade dieser Grenzbereich zwischen den Landkreisen Donau-Ries, Aichach-Friedberg und Augsburg ein hohes Potenzial für Windkraft habe. Wendl sagte im Hinblick auf Riedheim, man könne das Geschehene nicht rückgängig machen. "Aber wir versuchen, dass so etwas nicht mehr passiert und die Abstände möglichst groß gehalten werden." Hierzu merkte Matthias Pavel generell an, dass es für den ankommenden Lärm einen gewaltigen Unterschied mache, ob ein Windrad 1000 oder 2000 Meter entfernt stehe.
Zum Thema Artenschutz gibt es bereits ein Gutachten
Das Thema Artenschutz hat die Firma Uhl ebenfalls bereits unter die Lupe genommen. "Laut Gutachter können wir das Projekt in dieser Hinsicht weiterverfolgen", so Matthias Pavel. Die Untersuchungsergebnisse wurden dem Landratsamt, den Vogelschützern und dem Naturschutzbund auch schon vorgestellt. Er rechne trotzdem erst damit, dass sich frühestens im Jahr 2025 die Rotoren drehen. Was es definitiv geben soll, ist die Möglichkeit einer Bürgerbeteiligung – und zwar für die Bevölkerung aus allen vier Anliegergemeinden.
Ziemlich genau drei Stunden dauerte die Veranstaltung, zu der auch Zuhörerinnen und Zuhörer aus anderen Orten gekommen waren. Am Donnerstag folgt die Bürgerinformation in Thierhaupten, am Freitag ist Baar an der Reihe. Bereits in der vergangenen Woche waren die Verantwortlichen in Münster zu Gast. Der dortige Bürgermeister Jürgen Raab saß in Holzheim ebenfalls auf dem Podium. Er betonte, dass es sich um ein mögliches Projekt handle. "Es ist noch nichts in trockenen Tüchern. Daher setzen wir bewusst sehr früh auf den Dialog mit der Bevölkerung."