Zahlreiche vom Hochwasser betroffene Landwirte aus den Landkreisen Donau-Ries und Dillingen sowie Bewohner von Zusum sind der Einladung des Bayerischen Bauernverbands auf das Hofgut Bäldleschwaige nach Rettingen gefolgt. Es war ein Abend der Rückschau auf die Ereignisse des Sommers und auf Erreichtes beziehungsweise noch nicht Erreichtes. Kreisobmann Karlheinz Götz zeigte nochmals eindrucksvoll anhand von vielen Bildern die Chronologie des Hochwassergeschehens auf. Die Bilder sprachen für sich und manch einer war den Tränen nahe, als die Erinnerungen wieder hochkamen. „Ich wünsche keinem, dass er diese Naturkatastrophe ein zweites Mal erleben muss“, so Götz.
Die Anordnung von Evakuierungsmaßnahmen löste bei vielen Menschen eine Weltuntergangsstimmung aus und machte deutlich, wie machtlos der Mensch bei solchen Naturgewalten ist. „Während des Hochwassergeschehens haben wir nur funktioniert“, schilderte ein Feuerwehrmann und Landwirt die Situation. Nachdem das Wasser wieder am Abfließen war, begann die Arbeit. Evakuierte Tiere mussten zurückgebracht und die Schäden an Gebäuden und Feldern aufgenommen werden. Es sollte schnell gehen.
Heftige Kritik an den Schätzungspauschalen
Der Freistaat hat auch rasch ein Hilfsprogramm aufgelegt. Doch aufgrund einer Rüge durch den Rechnungshof beim vorhergegangenen Hochwasser waren die Vorgaben zur Ermittlung der Schäden alles andere als einfach. Schätzer mussten schnellstens aufwendig geschult werden, bis sie ihre Arbeit aufnehmen konnten. Das alles zog sich sehr lange hin und im Landkreis Dillingen mussten aufgrund der umfangreichen Schäden auch noch neue Schätzer nachgeschult werden, so Kreisobmann Klaus Beyrer.
Nachdem die Schätzungspauschalen vom Landwirtschaftsministerium bekannt gegeben wurden, gab es auch heftige Kritik an diesen Pauschalen. Viele Betriebe konnten anhand ihrer vertraglichen Abrechnungen nachweisen, dass die Schätzungspauschalen nicht marktgerecht waren. Des Weiteren wurde die anfängliche Schadensdeckelung bei 50 Prozent der Schadensumme und maximal 100.000 Euro sowie eine Mindestschadensumme von 5.000 Euro heftig bemängelt. Ab jetzt ging die politische Arbeit so richtig los. Es fanden unzählige Gespräche mit den Mandatsträgern Wolfgang Fackler (CSU), Manuel Knoll (CSU) und Marina Jakob (FW) statt. Forderungen nach einer Riedstromentschädigung nach der Absichtserklärung aus dem Jahr 2016 wurden von den BBV Kreisverbänden und dem Bezirksverband Schwaben an die Ministerien geschickt.
Gespräche und Ortsbesichtigungen mit Politikern
Es fanden Ortsbesichtigungen mit dem Präsidenten des Bayerischen Bauernverbandes Günther Felßner, dem stellvertretenden Ministerpräsident Huber Aiwanger, Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und dem Vorsitzenden der CSU Fraktion im Bayerischen Landtag Klaus Holetschek statt. Hierzu hat Karl Philipp Sauter auf eigene Kosten einen Bus organisiert, um das Ausmaß des Geschehens zeigen zu können. Es fanden auch sehr viele Gespräche mit den betroffenen Landwirten und Bürger statt.
Auch die Abgeordneten Fackler und Knoll berichteten von anfänglich unüberwindbaren Hürden der Verwaltung, die nicht wahrhaben wollte, dass der Riedstrom eine Sondersituation ist und wesentlich zur Entspannung im Hochwasserfall beiträgt. Unzählige Gespräche und Schriftwechsel waren notwendig, um letztendlich den Riedstrom als Sondersituation anerkannt zu bekommen und die Entschädigung gemäß der Riedstromvereinbarung aus dem Jahr 2016 auf den Weg zu bringen. Dieses Ergebnis war nur möglich, weil die Landwirte, der BBV und die regionalen Politiker alle an einem Strang zogen und das Umweltministerium sowie auch die Verwaltung umstimmen konnten. Für diese Rückendeckung bedankten sich Fackler und Knoll, auch im Namen von Marina Jakob von den Freien Wählern ganz besonders bei allen Beteiligten.
All diese Schriftwechsel und intensiven Gespräche, auch in der Bayerischen Staatskanzlei führten letztendlich zu einer Anerkennung der Riedstrom-Kulisse, zu einer Aufstockung der Entschädigungshöhe im Riedstrom auf 80 Prozent und zur Aufhebung der Schadensdeckelung. Außerhalb des Riedstroms wurde die maximale Schadenssumme auf 200.000 Euro angehoben.
Schwere Enttäuschung über das Verhalten der Bundesregierung
Freilich sind mit diesen Nachbesserungen nicht alle Geschädigten zufrieden. Dennoch betonen beide Kreisobmänner Götz und Beyrer, sie seine dankbar, dass diese Gemeinschaftsleistung mit Unterstützung aller Beteiligten erreicht werden konnte. Für die Zukunft gelte es jetzt, dieses Ergebnis rechtssicher zu verankern, sowie die Abwicklung der Schadensaufnahme wesentlich zu vereinfachen.
Man möchte sich auch weiterhin für die Bürgerinnen und Bürger von Zusum einsetzen, dass auch sie baldmöglichst einen verlässlichen Hochwasserschutz erhalten. Schwer enttäuscht waren alle Beteiligten über die Nachricht der Bundesregierung, dass, entgegen der mündlichen Zusagen von Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck bei der Ortsbesichtigung in Niederbayern, der Freistaat Bayern jetzt doch keine Hochwasserhilfe des Bundes erhält. Reinhard Bader, der Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Nördlingen-Wertingen (AELF), berichtet von den Fakten der Hochwasserkatastrophe. Rund 370 Anträge sind beim AELF eingegangen.
Die angemeldeten Schäden belaufen sich auf rund 11,5 Millionen Euro mit einer betroffenen Fläche von rund 7350 Hektar in den Donau-Ries und Dillingen. Damit müssen die Mitarbeitenden des AELF rund ein Drittel aller Anträge in Bayern abwickeln. Aufgrund der geänderten Richtlinie für die Hochwasserhilfe hinsichtlich der Entschädigungsobergrenzen, wurde auch die Einreichungsfrist für Unterlagen zur Hochwasserhilfe auf den 30. Juni 2025 verlegt. Es können also noch Schätzungsprotokolle, Rechnungen, Nachweise et cetera nachgereicht werden. Für zeitnahe Auszahlung ist eine baldige und vollständige Abgabe der Unterlagern beim AELF nötig. (AZ)
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