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Ausstellung in Gempfing: Reipka und seine Schüler
![Ein Teil derer, die zur Realisierung der Reipka-Ausstellung in Gempfing beigetragen haben (von links): Michael Hofgärtner(unermüdlicher Helfer im Hintergrund), Bürgermeister Karl Rehm, Impressario Erich Hofgärtner, Sponsor Wolfgang Schlicker (Raiffeisenbank Neuburg-Rain), Rolf Wittmann (Verleger des Ausstellungs-Katalogs) und (sitzend) Wolfgang Herzer (Eröffnungs-Redner). Ein Teil derer, die zur Realisierung der Reipka-Ausstellung in Gempfing beigetragen haben (von links): Michael Hofgärtner(unermüdlicher Helfer im Hintergrund), Bürgermeister Karl Rehm, Impressario Erich Hofgärtner, Sponsor Wolfgang Schlicker (Raiffeisenbank Neuburg-Rain), Rolf Wittmann (Verleger des Ausstellungs-Katalogs) und (sitzend) Wolfgang Herzer (Eröffnungs-Redner).](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Im Pfarrhof Gempfing erzählen Arbeiten von fast 40 Ausstellern Spannendes aus der Welt der Kunst. Es geht aber auch um menschliche und zeitgeschichtliche Aspekte.
![Ausstellung in Gempfing: Reipka und seine Schüler](https://www.augsburger-allgemeine.de/img/incoming/crop50009966/042305947-cv1_1-w40-owebp/Barbara-Wuermseher?t=.jpg)
Wie ein großer Bühnenscheinwerfer leuchtet die Sonne an diesem Samstag gleißend auf den Gempfinger Kirchberg, der sich einmal mehr als bemerkenswertes Kulturzentrum in Szene setzt. Der Pfarrhof mit all seinen Möglichkeiten wird erneut zum Schauplatz für bildende Kunst und lässt reiche Bildsprache zu Wort kommen. In den Charme dieses Kraftorts eingebettet, bespielen die Organisatoren mit knapp 40 Ausstellern sämtliche verfügbaren Gebäude - von der Holzlege über die Stadel bis hin zur Kapelle - mit Bildern und Skulpturen. Und sie lassen staunen!
Staunen nicht nur über die kontrastreichen Arbeiten, nicht nur über die Begegnungen, die sich bei der Vernissage ergeben. Sondern staunen vor allem auch über die gemeinsame Geschichte, die die Künstlerinnen und Künstler miteinander verbindet. Es sind ganz individuelle Erfahrungen, eng verwoben mit der Zeitgeschichte. Die Fäden laufen ein Stück weit wieder einmal bei Josef Oberberger zusammen, dessen Malklasse 2022 eine ähnlich konzipierte Werkschau in Gempfing gewidmet war. Mehr noch tun sie das diesmal freilich bei Oberbergers Schüler Jürgen Reipka, der später ebenfalls als Akademieprofessor in München lehrte. "Reipka und seine Schüler", ist die Ausstellung denn auch überschrieben.
![Blick in den Stadel des Gempfinger Pfarrhofs auf die Ausstellung "Reipka und seine Schüler". Blick in den Stadel des Gempfinger Pfarrhofs auf die Ausstellung "Reipka und seine Schüler".](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Eine Zeit zwischen Kaltem Krieg, Prager Frühling und Studentenrevolte
Einer aus diesem Kreis der früheren Studenten ist Wolfgang Herzer - heute Mitbegründer und Kurator des Kulturvereins Weiden. Er dreht in seiner Ansprache die Zeit zurück in die 1970er Jahre und fesselt mit spannenden Einblicken in Politik, Gesellschaft und Kunstschaffen einer Zeit fernab der heutigen. Es geht um Strömungen und Einflüssen wie die Studentenrevolte und ihre Nachwehen, die auch das Akademie-Geschehen prägten.
Kalter Krieg, Kubakrise, Vietnam, Prager Frühling, atomares Wettrüsten, Nato Doppelbeschluss ... die Schlagworte, mit denen Herzer die Situation skizziert, lassen das politische Klima erahnen, innerhalb dessen sich auch die Studentenszene damals in München entwickelte - zumal in der Akademie der schönen Künste.
![Jürgen Reipka (rechts) mit seinen Schülern in Venedig, wohin sie wegen der Biennale gefahren waren. Jürgen Reipka (rechts) mit seinen Schülern in Venedig, wohin sie wegen der Biennale gefahren waren.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Dorthin verschlug es auch den 1936 in Hannover geborenen Jürgen Reipka. An einen Ort, "der insgesamt nach Reformen rief". Herzer sagt: "Reipka kam, sah und siegte ... nicht gleich." In einer veralteten Institution voller Eigenbrötler, im Streit mit dem Kultusministerium über die Frage nach der Freiheit von Kunst und nach Autonomie der Akademie habe Reipka es nicht leicht gehabt in seinem Präsidentenamt, das er von 1976 bis 1979 bekleidete.
Der Mensch Jürgen Reipka war unerschrocken und deutlich
Den Menschen Reipka beschreibt Herzer in lebendiger Form, sodass man meint ihn ein Stück weit erleben zu dürfen. "Sein Outfit war seiner Radikalität entsprechend bombige Farbkraft total. Reipka trug im Wechsel die reinen Primärfarben und verkörperte die Frage: Wer hat Angst vor Rot, Gelb und Blau?" Reipka sei ein unerschrockener, deutlicher Mensch gewesen: "Er zeigte demonstrativ keine Angst. Auf allen Ebenen: Kampfansagen an das Wischiwaschi, an die Halbheiten, keine Kompromisse."
Der Künstler Reipka stieg in einer Zeit ein, da Stilrichtungen wie Popart, Surrealismus, Informel, Action Painting und Happening als Reflexions-Formen der Wirklichkeit angesagt waren. Collagen aus Scherenschnitten, arabeske Formenvielfalt und intensive Leuchtkraft machten ihn in den 60er Jahren berühmt. Er widmete sich auch dem Geometrismus, ehe in späteren Schaffensphasen eine Synthese alle seiner bildnerischen Ausdrucksformen "in einem dynamischen Gleichgewicht zusammenfinden", wie Wolfgang Herzner sagt.
All das findet man in den Worten des Redners, findet man erst recht beim Gang durch die Ausstellungsräume. In einem Miteinander der Gegensätze lernen die Besucher den Impulsgeber Jürgen Reipka kennen und erfahren, wie sich dessen Schüler weiter entwickelt und ihre eigene Handschrift ausgeprägt haben.
![Auch in der Kapelle auf dem Kirchberg sind Gemälde zu sehen. Auch in der Kapelle auf dem Kirchberg sind Gemälde zu sehen.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/1x1.png)
Karl Rehm lobt das kulturelle Engagement, das über die Region hinaus strahlt
Was nicht aus den Gemälden herauszulesen ist, erzählen Fotos, die die Ausstellung ergänzen: Seine Schüler liebten Reipka auch für dessen gemeinschaftsbildenden Unternehmungen, etwa zur Biennale nach Venedig oder immer wieder ins österreichische St. Margarethen in ein Haus, in dem diskutiert, gearbeitet und gefeiert wurde. Erinnerungen wie diese, auch amüsante Anekdoten, auch kurze Schlaglichter seiner früheren Studenten sind neben zahlreichen Abbildungen im 130 Seiten starken Katalog festgehalten, den es zur Ausstellung gibt.
Erich Hofgärtner, Motor des Fördervereins Gempfinger Pfarrhof, hat ihn konzipiert und zusammen mit Rolf Wittmann verlegt. Über beides - Ausstellung wie Katalog - zeigt sich Hofgärtner glücklich. Auch über die Besucher, die zur Vernissage gekommen sind. Derweilen spielt das Trio "Tea for Three" Jazz und heißt mit "Hello Dolly" auch alle diejenigen willkommen, die andere Namen tragen. Und Bürgermeister Karl Rehm lobt das kulturelle Engagement auf dem Kirchberg, "das über die Region hinausstrahlt". An diesem Tag passiert das spürbar einmal mehr...
info: Die Ausstellung dauert bis 28 Juli und ist geöffnet: 9., 16., 23. und 30. Juni, 7., 14., 21. und 28. Juli jeweils von 14 bis 17 Uhr.
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