Diese Entwicklung ist ebenso erschreckend wie bedrückend: Im Donau-Ries-Kreis ereignen sich immer mehr Wildunfälle. Die Statistik für das Jahr 2023 weist die Rekordzahl von 1241 Unglücken dieser Art aus. Die beteiligten Tiere verendeten in den allermeisten Fällen. Bei zwei Unfällen erlitten Zweiradfahrer schwere Verletzungen. Ein junger Mann kam gerade noch mit dem Leben davon. Stephan Roßmanith, Sachbearbeiter Verkehr der Polizei im Landkreis, schildert auf Anfrage weitere, zum Teil erstaunliche Erkenntnisse.
Für die bedenkliche Entwicklung in den vergangenen Jahren gibt es einige Erklärungsansätze. Dass in der Region ganz viele Biogasanlagen und damit auch Maisfelder existieren, die im Herbst in kurzer Zeit auch nachts abgeerntet werden, wodurch zahlreiche Wildtiere, die sich dort aufhalten, über die Straßen flüchten, ist ein Aspekt, der immer wieder genannt wird. Wie dem auch sei - die magische Zahl von 1000 Wildunfällen wurde 2023 bereits im Oktober überschritten. Eine solche Dimension sei vor einigen Jahren noch unvorstellbar gewesen, so Roßmanith. Im Vorjahr sei die 1000-Wildunfälle-Hürde schon zum fünften Mal in Folge gerissen worden.
Für zwei Menschen haben Wildunfälle dramatische Folgen
Bei zehn der über 1200 Unglücke im vorigen Jahr wurden Menschen verletzt. Fünf solcher Unfälle passierten allein im Oktober. Zwei der Ereignisse hatten dramatische Folgen. Am 8. Juni stieß die Fahrerin eines Motorrollers im Bereich der neuen B25-Anschlussstelle bei Nördlingen ("Brezel") mit einem Hasen zusammen und stürzte. Ein Zeuge fand die 68-Jährige, die bewusstlos auf der Straße lag. Es stellte sich heraus, dass sich die Rentnerin fünf Knochenbrüche zugezogen hatte. Noch schlimmer erwischte es am 3. Oktober einen Motorradfahrer auf der Kreisstraße zwischen Amerdingen und Bollstatt. Er prallte frontal gegen ein Reh. Der 20-Jährige blieb lebensgefährlich verletzt im Graben liegen. Ein Verkehrsteilnehmer entdeckte den jungen Mann.
Laut Roßmanith gibt es im Landkreis kaum eine Straße ohne Wildunfälle. Ausgesprochene Schwerpunkte seien nicht auszumachen. Bezogen auf die Gebiete der einzelnen Kommunen liege die Stadt Monheim traditionell mit 123 Wildunfällen an der Spitze. Die Kommune ist relativ groß, hat einige Waldgebiete und wird von der viel befahrenen B2 durchquert. Es folgen die Städte Harburg (86), Rain (70), Wemding (63), Donauwörth (62), Nördlingen (61) und Oettingen (53) sowie der Markt Kaisheim (53). Die wenigsten Wildunfälle wurden in Oberndorf, Asbach-Bäumenheim (je acht) und Rögling (fünf) registriert.
Nur wenige Wildschweine stoßen mit Fahrzeugen zusammen
Die Karambolagen passierten zum großen Teil mit Rehen. Mehr als 900 waren in die gemeldeten Unfälle verwickelt. Hinzu kommen 162 Hasen, 71 Füchse, 29 Wildschweine, 36 Dachse sowie 29 Eulen und Greifvögel. Ein Rätsel stellt für Roßmanith die relativ geringe Zahl an Wildschweinen dar, deren Bestände dem Vernehmen nach so hoch seien. Neben den 1241 klassischen Wildunfällen sind der Polizei 60 weitere Zusammenstöße mit anderen Tierarten bekannt. 31 Biber ließen auf diese Weise ihr Leben, 18 Katzen und sieben Hunde.
Wie lassen sich Wildunfälle vermeiden
- Vorausschauendes Fahren und erhöhtes Gefahrenbewusstsein helfen, folgenschwere Wildunfälle zu vermeiden, rät die Polizei.
- Wildtiere können die Geschwindigkeit von Autos nicht einschätzen und warten nicht am Fahrbahnrand, bis Sie vorbeigefahren sind.
- Achtung: Wildtiere sind meist nicht allein unterwegs. Einem Tier könnten weitere folgen.
- Vor allem in den Abend- und frühen Morgenstunden während der Dämmerung ist wichtig: Fuß vom Gas und immer bremsbereit sein!
- Die Polizei rät weiter: Schalten Sie das Fernlicht aus, um das Tier nicht zu blenden – dadurch bleibt es nämlich stehen. Hupen Sie zusätzlich, das verscheucht das Wild in den meisten Fällen.
Die tatsächliche Zahl an getöteten Tieren dürfte dem Verkehr-Spezialisten zufolge noch weit höher sein. Lange nicht alle Wildunfälle würden der Polizei gemeldet. Davon zeugten die zahlreichen Kadaver, die regelmäßig auf den Straßen liegen. Außerdem flössen die Unfälle, die direkt dem jeweiligen Jagdpächter gemeldet werden, nicht in die polizeiliche Auswertung ein.
Auf ein paar Straßen im Donau-Ries-Kreis passieren fast keine Wildunfälle
Was dem Hauptkommissar auffällt: Auf einigen wenigen Straßenabschnitten geschahen 2023 keine oder nur ganz wenige Wildunfälle: zum Beispiel auf den Staatsstraßen zwischen Harburg und Huisheim sowie Heroldingen und Alerheim, der Kreisstraße zwischen Bergstetten und Hochfeld sowie der B16 zwischen Riedlingen und Erlingshofen. Die Statistik verrät auch, dass die Steigerung auf Gemeindestraßen bei 18 Prozent lag. Im Sommer gingen die Unglücke im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2022 um einen zweistelligen Prozentsatz zurück, im Oktober, November und Dezember stiegen sie um etwa ein bis zwei Drittel.
Der finanzielle Schaden durch Wildunfälle allein an den Fahrzeugen beträgt – legt man die statistischen Durchschnittswerte des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft zugrunde – im Donau-Ries-Kreis ungefähr 4,5 Millionen Euro. Roßmanith merkt dazu an: "Die Schäden wirken sich auf die Teilkasko-Typklassen-Einstufung aller im Landkreis zugelassenen Kraftfahrzeuge aus."
Einen Wildunfall vermeiden: Ratschläge der Polizei
Angesichts der Unfallgefahr rät die Polizei: "Langsam fahren ist das A und O." Dies gelte besonders für die morgendliche und abendliche Dämmerung, in der das Risiko mit Abstand am höchsten sei. Autofahrer sollten immer beide Hände am Lenkrad lassen, bei Begegnungen mit Wildtieren das Fernlicht ausschalten (es blendet die Tiere), hupen, keine Ausweichmanöver starten und keine Vollbremsung hinlegen. Ist dennoch eine Kollision passiert, sollte man zur Seite fahren, die Warnblinkanlage einschalten, eine Warnweste anziehen, die Unfallstelle absichern und umgehend einen Notruf absetzen. Denn: "Bei einer verspäteten Meldung droht eine Anzeige nach dem Bayerischen Jagdgesetz."