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Fünfstetten/Donau-Ries: Warum der Landkreis Donau-Ries ohne Biogas die Energiewende nicht schafft

Die Biogas-Anlage von Michael Hofer in Fünfstetten ist eine von 100 im Landkreis Donau-Ries. Sie erzeugen pro Jahr etwa ein Drittel des im Kreis benötigten Stroms.
Foto: Barbara Wild
Fünfstetten/Donau-Ries

Warum der Landkreis Donau-Ries ohne Biogas die Energiewende nicht schafft

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    Michael Hofer aus Fünfstetten steht vor einer Grundsatzentscheidung: Investiert er bald in seine Biogas-Anlage, mit der er seit knapp 17 Jahren erfolgreich Strom und vor allem Wärme für 155 Häuser im Dorf erzeugt - oder schaltet er sie ab. Denn wie viele Anlagenbetreiber im Landkreis Donau-Ries endet auch für ihn bald der Zeitraum der Förderung auf 20 Jahre. Damit steht nicht nur für die Landwirte viel auf dem Spiel, sondern auch für über 2000 Hausbesitzer im Landkreis, die derzeit ihre Wohnungen mit der Abwärme einer der 100 regionalen Biogasanlagen heizen. "Die Politik ist gerade dabei eine aufgebaute und sinnvolle Struktur runterzufahren - eigentlich ein Wahnsinn", sagt Rainer Weng, Sprecher im Fachverband Biogas im Landkreis Donau-Ries. Die aktuelle Perspektive treibt ihm, Landwirt Michael Hofer und den vielen anderen Biogas-Anlagenbetreibern die Sorgenfalten auf die Stirn.

    Michael Hofer vor dem "Herz" seiner Biogasanlage in Fünfstetten: dem Blockheizkraftwerk, das aus insgesamt vier Motoren besteht.
    Michael Hofer vor dem "Herz" seiner Biogasanlage in Fünfstetten: dem Blockheizkraftwerk, das aus insgesamt vier Motoren besteht. Foto: Barbara Wild

    Der Landkreis Donau-Ries ist ein Biogas-Landkreis. 100 Anlagen gibt es hier, sie erzeugen über ein Drittel des Stromes in der Region, der ja zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien stammt. Das ist eine echte Besonderheit. 2020 waren es allein knapp 400 Gigawattstunden - deutlich mehr als Wasserkraft oder PV-Anlagen. Für Wärme in den Wohnungen sind die Anlagen ebenfalls ein wichtiger Faktor, auch wenn das streng genommen nur ein Nebenprodukt der Kraftwerke ist. Es gibt im Landkreis Donau-Ries knapp 60 regionale Wärmenetze, deren Heizquelle eine Biogas-Anlage ist. Über 2200 Haushalte profitieren davon. Werden die Anlagen gestoppt, bleiben die Häuser kalt.

    "Sollte die Lage so bleiben, wie es sich derzeit abzeichnet, werden mindestens 60 Anlagen in den kommenden Jahren abschalten", prophezeit Biogas-Experte Rainer Weng. Der Alerheimer, selbst Anlagenbetreiber, hat sich in das Thema richtig hineingefuchst und zusammen mit seinem Partner sein Kraftwerk so aufgerüstet, dass es Strom ins Netz einspeist, wenn der beste Preis bezahlt wird. Das ist genau dann, wenn eben nicht die Sonne scheint oder Wind geht.

    In Wengs Augen auch die absolute Stärke der Biogas-Anlagen, weil sie das Stromnetz stützen, wenn die anderen regenerativen Quellen naturgemäß ausfallen, gleichzeitig aber die Nachfrage nach Strom an größten ist: am Abend und am Morgen und über die Wintermonate. "Wir retten nicht die Welt mit Biogas, aber wir schaffen den nötigen Ausgleich zu den fluktuierenden Stromquellen PV und Wind", sagt Weng.

    Zurück nach Fünfstetten. Die Biogas-Anlage von Michael Hofer ist ein Erfolgsmodell. Mit Wärme für zwölf Häuser hatte sein Vater gestartet, das war im Dezember 2005. Heute sind es 155 Abnehmer, die dank dem 8,5 Kilometer langen Wärmenetz ein Gas- und Ölembargo gegenüber Russland locker entgegensehen. Pro Jahr erzeugt Hofer so viel CO2-neutralen Strom, dass er rein rechnerisch 3000 Haushalte versorgt. Doch jetzt ist die Frage, wie es damit weitergeht.

    Zugesicherte Preise für Biogas-Strom decken nicht die Betriebskosten

    300.000 Euro würde Michael Hofer in seine Biogasanlage neu investieren wollen. Dann würde auf seinem Hof ein 15 Meter hoher Wasserspeicher-Turm entstehen, der es ihm erlaubt, seinen tagsüber erzeugte Energie zu speichern und Strom zeitlich flexibel ins Netz einzuspeisen. Er würde diesen Schritt gehen, doch 2024 endet seine zugesicherte Vergütung von 20 Cent pro Kilowattstunde eingespeisten Strom.

    Dieser 15 Meter hohe Pufferspeicher steht bei der Biogas Alerheim OHG.
    Dieser 15 Meter hohe Pufferspeicher steht bei der Biogas Alerheim OHG. Foto: Rainer Weng

    Wie es aktuell aussieht, würde er dann nur noch 18 Cent erhalten - bei Weitem nicht betriebskostendeckend. Denn seine Kosten steigen. Die Biomasse, die in die Anlage geht, - zu 60 Prozent Mais - wird derzeit immer teurer. Die Preise für Mais sind an die für Getreide gekoppelt und gehen derzeit durch die Decke. Selbst ohne Investition würde sich der Betrieb des Kraftwerkes nicht mehr tragen.

    Hofer und Weng sind erstaunt, dass die Bundespolitik das Potenzial der Biogas-Anlagen nicht sieht. Mit gedeckelten Höchstpreisen, vorgegebenen Anteilen für die Maisverwertung und hohen Anschlusskosten beispielsweise zum Netz für Bio-Erdgas würden die Anlagenbetreiber systematisch klein gehalten. Weng vermutet dahinter die gute Lobbyarbeit der Energieriesen, die ihre eigenen Kraftwerke sichern wollen. "Dabei können Biogas-Anlagen dezentral Strom und Wärme sichern und dazu beitragen, dass der nötige Kreislauf in der Landwirtschaft funktioniert." Doch statt das zu würdigen, werde die öffentliche Diskussion falsch geleitet.

    Beispiel Vermaisung. Im Landkreis Donau-Ries werden laut Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Nördlingen (AELF) auf einem Viertel aller landwirtschaftlichen Nutzflächen Maispflanzen angebaut. 60 Prozent davon gehen in die Biogas-Anlage, der Rest wird als Futter in der Tierhaltung verwendet. Doch die Tierhaltung geht im Landkreis massiv zurück, gleichzeitig ist der Mais aber eine wertvolle und effektive Vorfrucht für Getreide. "Man kann wahrlich nicht von Vermaisung bei uns im Landkreis sprechen", sagt Hannes Geitner vom AELF. "Aber die Menschen nehmen ein Maisfeld einfach mehr wahr, weil die Pflanzen hoch wachsen."

    "Im Landkreis gibt es keine Vermaisung der Landschaft"

    Auch bei Hofer sind 60 Prozent des "Futters für die Anlage" Mais. Hinzu kommt Gras, Kleegras und Mist - alles aus der Region. Die Gärreste verwenden seine Landwirte wieder als Dünger - übrigens derzeit sehr gefragt, denn auch hier steigen die Preise. Was er jetzt macht mit seiner Anlage? "Den Sommer warte ich noch ab und schaue mir diesen Irrsinn an", sagt Hofer. Er hat noch Hoffnung, dass es eine verlässliche Nachfolgeregelung geben wird, die dann auch für mindestens zehn Jahre gesichert ist. Und seine Wärme-Abnehmer hoffen es sicher auch, denn sonst müssen die sich um eine neue Heizung kümmern.

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