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Donauwörth: Zwei Jahre nach dem Skandal: Hepatitis-C-Opfer erhalten Schmerzensgeld

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Zwei Jahre nach dem Skandal: Hepatitis-C-Opfer erhalten Schmerzensgeld

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    Mit dem gefährlichen Hepatitis-C-Virus soll ein Narkosearzt vor zwei Jahren Patienten am Donauwörther Krankenhaus angesteckt haben.
    Mit dem gefährlichen Hepatitis-C-Virus soll ein Narkosearzt vor zwei Jahren Patienten am Donauwörther Krankenhaus angesteckt haben. Foto: Szilvia Izso (Symbolfoto)

    Zwei Jahre ist es her, dass ein nie da gewesener Krankenhaus-Skandal in der Donauwörther Donau-Ries-Klinik ans Licht kam. Ein Narkosearzt soll insgesamt 63 Patienten mit dem gefährlichen Hepatitis-C-Virus angesteckt haben. Bis heute haben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Augsburg wegen des Verdachts auf Körperverletzung kein Ergebnis gebracht. Ein Gutachten über die Schuldfähigkeit des damals medikamentenabhängigen Mediziners steht seit Monaten aus. Doch immerhin haben die Opfer nun Schmerzensgeld erhalten.

    Rechtsanwalt Roland Aigner der Kanzlei Willi & Janocha in Donauwörth hat mit insgesamt 15 die größte Gruppe der Betroffenen vertreten. Wie er berichtet, kam die Haftpflichtversicherung der Donau-Ries-Klinik im Februar 2020 auf ihn zu, um sich über Schmerzensgeldzahlungen außergerichtlich zu einigen. Alle seine Klienten ließen sich auf den Vorschlag ein, gegen eine Zahlung alle weiteren Ansprüche abzutreten. Bei den meisten sei das Geld bereits überwiesen.

    Donauwörther Hepatitis-C-Opfer erhalten maximal 20.000 Schmerzengeld pro Person

    Das bestätigt auch Stefan Liebl, Pressesprecher der Versicherungskammer Bayern. „Bis auf drei Betroffene haben wir uns mit allen weiteren 60 Opfern auf Schmerzensgeldzahlungen geeinigt.“ Die Höhe der Summe will er nicht nennen, doch es ist ein offenes Geheimnis, dass sie maximal 20.000 Euro pro Person beträgt. Rein rechnerisch werden die Opfer also mit bis zu 1,3 Millionen Euro entschädigt. Die tatsächliche Höhe für den Einzelnen richtet sich nach Aussage von Liebl allerdings nach dem persönlichen Schaden, also wie stark die Infektion ausgeprägt war, wie lange die Patienten krank und arbeitsunfähig waren und welche Therapien sie erhalten mussten.

    Petra Müller ist eines der 60 Opfer, die das Angebot der Versicherung angenommen haben. „Ich finde die Höhe lächerlich, aber mir ist durchaus bewusst, dass es sonst schwierig gewesen wäre, überhaupt Schmerzensgeld zu erhalten“, sagt die 53-Jährige aus dem Landkreis Donau-Ries, die ihren richtigen Namen nicht nennen will. Doch wirklich versöhnt ist sie deshalb mit ihrem Schicksal nicht. Rein medizinisch gesehen ist sie gesund.

    Opfer des Donauwörther Krankenhaus-Skandals spürt die Folgen bis heute

    Aber sie hat nicht vergessen, wie die Diagnose ihr Leben durchgeschüttelt hat. Die Infektion mit Hepatitis C hat sie nur wenig gespürt, berichtet sie, doch die Angst vor der Krankheit und ihren Folgen begleitet sie bis heute. Damals habe sie sich die Therapie bei ihrer Krankenkasse hart erkämpfen müssen. Die Medikamente – drei Monate nahm sie täglich eine Tablette – hatten starke Nebenwirkungen, erinnert sie sich, auch psychisch war Müller angegriffen. Ihren damaligen Beruf musste sie aufgeben. „Ohne die professionelle Hilfe einer Psychologin hätte ich diese Zeit nicht durchgestanden“, erzählt sie offen. Heute arbeitet sie in einem anderen Bereich.

    In ihrem Blut ist das Virus nicht mehr nachweisbar. Aber wirklich fit fühlt sie sich nicht. „Ob das mit der Infektion zusammenhängt, will mir kein Arzt bescheinigen. Am Ende muss ich allein damit klarkommen“, sagt Müller. Und dann sei da dieser Gedanke in ihrem Kopf, dass noch etwas nachkommen könnte. Dass ihr Immunsystem geschwächt sein könnte. Dass sie gerade in der aktuellen Situation der Corona-Gefahr schneller infiziert werden könnte als andere. „Es macht mich einfach so wütend, dass ich mein Leben lang mit dieser Sorge leben muss“, sagt die Mutter eines Sohnes.

    „Die ganze Geschichte wird einfach vergessen“, klagt ein Opfer

    Auch Martin Meier, 40, geht es so. Spricht man den vierfachen Familienvater auf seine Infektion an, hört man den aufsteigenden Ärger durchs Telefon. „Wir kriegen zwar Schmerzensgeld, aber sonst hat man uns mit unserer Infektion alleingelassen. Die ganze Geschichte wird einfach vergessen“, macht er seinem Ärger Luft. Vonseiten der Klinik habe es nach wie vor keine Form der Anteilnahme gegeben. Und noch weniger Verständnis hat er dafür, dass der vermeintlich schuldige Narkosearzt seinen Job bei der Donau-Ries-Klinik zwar verloren, seine Zulassung aber behalten hat und daher weiterhin als Arzt praktizieren darf.

    Denn auch zwei Jahre nachdem die Donau-Ries-Klinik den Narkosearzt wegen Körperverletzung angezeigt hat, laufen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Während der Operationen, die er begleitete, soll der selber infizierte Mediziner die Patienten angesteckt haben. Wie es rein technisch ablief, ist bis heute unklar. Doch wie das Gesundheitsamt Donau-Ries Anfang 2020 in seiner abschließenden Einschätzung festgestellt hatte, gab es bei 44 der Patienten eine komplette Übereinstimmung mit der Hepatitiserkrankung des Mediziners, auch der sogenannte Genotyp und ebenso der Subtyp waren gleich. Dies deute eindeutig auf den Narkosearzt als Quelle hin, machte der damalige Leiter des Gesundheitsamtes, Rainer Mainka, klar.

    Kommt es im Hepatitis-C-Skandal überhaupt zu einer Hauptverhandlung?

    Jedes Opfer ist ein einzelner Fall, den die Ermittler überprüfen müssen. Nachdem dies abgeschlossen war, hieß es, ein medizinisches Gutachten stehe noch aus. Schließlich wartet die Staatsanwaltschaft seit über sechs Monaten auf eine Einschätzung zur Schuldfähigkeit des Mediziners, der während der Ereignisse medikamentenabhängig war. Es ist nach wie vor fraglich, ob es überhaupt zu einer Hauptverhandlung kommt und es damit auch für die Betroffenen eine Möglichkeit gibt, mehr darüber zu erfahren, wie und vor welchem Hintergrund sie infiziert wurden.

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