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Donauwörth: Wie viele alte Häuser bleiben in Donauwörth erhalten?

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Wie viele alte Häuser bleiben in Donauwörth erhalten?

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    Da stand der Abriss noch kurz bevor: Das Wagenknechthaus im Herbst 2016. Es galt als stark sanierungsbedürftig. Trotzdem war es seit 2013 auf der Denkmalliste. Dass des Öfteren lieber abgerissen als im Bestand saniert wird – dieser Zustand könnte mit einer „Erhaltungssatzung“ entschärft werden.
    Da stand der Abriss noch kurz bevor: Das Wagenknechthaus im Herbst 2016. Es galt als stark sanierungsbedürftig. Trotzdem war es seit 2013 auf der Denkmalliste. Dass des Öfteren lieber abgerissen als im Bestand saniert wird – dieser Zustand könnte mit einer „Erhaltungssatzung“ entschärft werden.

    Für Touristen erscheint in Donauwörths Kern erst einmal alles herrlich pittoresk und alt. Ersteres mag mit Sicherheit stimmen, Letzteres zum Teil. Die Tragik der Bombenabwürfe 1945 hat es mit sich gebracht, dass Alt und Neu recht bunt nebeneinanderstehen – aber in sich stimmig, weil ein Wiederaufbau im historischen Stil nach dem Krieg Konsens war. Zwei aktuelle Beispiele bieten nun einen Eindruck davon, wie kompliziert Veränderungen an Bauwerken in der Altstadt oder gar Abbrüche sein können. Ein Mitglied des Stadtrates fordert vehement mehr Engagement für den Erhalt von älteren und alten Innenstadtbauten – auch unabhängig von Denkmalschutz.

    Donauwörth hat viel an Historie vorzuweisen: Burgen, Römerwege, Klöster und, und, und ...

    Die vormalige Freie Reichsstadt hat eine beachtliche Historie aufzuweisen: Römerwege in der Nachbarschaft, uralte Burgbauten, eine ebenso traditionsreiche Klostergeschichte, eine nicht unbedeutende Geschichte vor und im Dreißigjährigen Krieg und, und, und ... Was davon übrig geblieben ist, davon zeugen auch die Bauwerke.

    In Donauwörth – wie in anderen alten deutschen Städten – ist der Umgang mit dem, was alt, älter, oder auf alt gemacht ist, bisweilen recht schwierig. Nicht zuletzt der Zweite Weltkrieg und die Bombardierungen haben viel kaputtgemacht. Teils wurden historische Häuser wieder neu aufgebaut, teils blieben sie erhalten, teils wurden Reste regelrecht plattgemacht. In Donauwörth mischt sich echter historischer Bestand stark mit neu aufgebauten Gebäuden, die Reichsstraße zeugt davon. Und auch die Debatten um den Abriss des Wagenknechthauses, eines der ältesten Bürgerhäuser Bayerns, dessen Baugeschichte bis in das frühe 14. Jahrhundert hineinreicht. Das alte Haus gibt es nicht mehr – sogar überregionale Medien berichteten empört über die Beseitigung des uralten Gemäuers.

    Stets traf man sich im Donauwörther Tanzhaus zu größeren Veranstaltungen. Unabhängig von dessen Zukunft wird nun eine Multifunktionshalle errichtet.
    Stets traf man sich im Donauwörther Tanzhaus zu größeren Veranstaltungen. Unabhängig von dessen Zukunft wird nun eine Multifunktionshalle errichtet. Foto: Wild

    Daran knüpfte sich eine lange Debatte im Stadtrat um den Umgang mit dem Tanzhaus. Dies ist zwar deutlich jüngeren Datums – es ist ein Neubau des im Krieg zerstörten zentralen Veranstaltungsgebäudes, aber es ist ein Symbol für den mit der Geschichte verknüpften Neubeginn nach den Schrecken des Weltenbrandes. Hier rückte der Rat erst nach einer Studie mehrheitlich von den Abrissplänen des sanierungsbedürftigen Baus ab, die besagte, dass eine Ertüchtigung letztlich doch wirtschaftlicher wäre als der Komplettabriss.

    Wie geht man mit alten Fragmenten in Donauwörths Innenstadt um?

    In diese Debatten fügte sich wie in eine Perlenkette jüngst erneut die Frage um den richtigen Umgang mit altem Mauerwerk im Bereich der Innenstadt. Konkret ging es dabei jüngst im Bauausschuss um ein Gewölbe aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert am Kugelplatz, das einem Stellplatz weichen soll. Rein rechtlich spreche wenig dagegen, das Bauwerk zu beseitigen, erklärte Rechtsdirektor Richard Lodermeier den Räten. Ein privater Bauherr habe Grundstück und Gebäude ordentlich erworben, und Denkmalschutz bestehe an diesem Ort nicht. In der Tat liegt der nun mal nicht automatisch auf alten Mauern.

    Trotzdem müsse man mit dem Bestand an altem Gemäuer wesentlich sensibler umgehen, mahnt ÖDP-Stadtrat Gustav Dinger seit Jahren an. Ein weitgehender Schutz der letztlich auch für den Tourismus so wichtigen Historie funktioniere auch ohne das scharfe Schwert des Denkmalschutzes. Die Lösung wäre eine sogenannte Erhaltungssatzung: „Mit einer Erhaltungssatzung könnte man Entwicklungen bedeutend besser steuern, auch zum Beispiel hinsichtlich ungewollter Nutzungsänderungen, wie etwa bei Spielhallen in bestimmten Lagen“, erklärt Dinger gegenüber unserer Zeitung.

    Gewölberaum am Kugelplatz in Donauwörth ist das jüngste Beispiel

    Er macht dies am Beispiel des Kugelplatzes fest: „Der vorhandene und sehr gut erhaltene Gewölberaum – nicht Keller! – von mindestens 1774 muss einem Pkw-Stellplatz weichen.“ Dem Bauherren wirft Dinger dieses Ansinnen gar nicht in erster Linie vor. Dieser mache halt, was praktisch und praktikabel sei und erlaubt ist. Doch die Stadt müsse auch ohne Denkmalschutz die Hand auf den historischen Ensembles haben. Sonst verliere die Stadt ihre Historie, werde gesichts- und geschichtslos.

    Geplanter Abriss in der Berger Vorstadt muss geprüft werden

    In einem anderen Fall geht es um einen anberaumten Abriss im Bereich der Berger Vorstadt. Auch hier ist eine Abrissanzeige bereits erfolgt. Allerdings habe es schon zuvor begründete Hinweise gegeben, dass das dortige Gebäude ein Baudenkmal sein könnte, wie Denkmalreferent Dinger erklärt. Daher wurde auf Hinweis des Landesamtes ein Abriss (vorerst) nach Artikel 15 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes in Verbindung mit Artikel 75 der Bayerischen Bauordnung untersagt, bis eine entsprechende Prüfung stattgefunden hat. Auf einer Sitzung im Rathaus im September sei noch behauptet worden, so Dinger, dass dieses Gebäude baufällig sei – „das scheint mir sehr stark übertrieben“.

    Das Beispiel des Wagenknechthauses beim Umgang mit Altbestand schaffte es jüngst als Negativ-Exempel in die neueste Ausgabe der Fachzeitschrift Bayerische Archäologie unter der für die Stadt nicht schmeichelhaften Überschrift „Wie unsere Heimat zerstört wird“. „Wie Hohn“ wirke die Ankündigung aus dem Rathaus vom Dezember 2016, dass man einzelne Balken des Hauses von 1317 konservieren wolle.

    In der Reichsstraße in Donauwörth ist ein Kunde eines Imbissrestaurants ausgerastet.
    In der Reichsstraße in Donauwörth ist ein Kunde eines Imbissrestaurants ausgerastet. Foto: Helmut  Bissinger

    Dem im vergangenen Frühjahr neu gewählten Oberbürgermeister Jürgen Sorré gibt all dies zu denken. Er sehe sowohl Vor- als auch Nachteile durch eine Erhaltungssatzung, die Dinger inzwischen auch offiziell beantragt hat. Sie sei ernsthaft zu diskutieren, sagt Sorré auf Nachfrage unserer Zeitung, gerade weil sie der Stadt mehr Steuerungsmöglichkeiten in die Hand gebe, was den historischen Ensembleschutz angehe – aber eben auch, was die Vermeidung von eher unliebsamen Gewerben wie Spielcasinos in bestimmten Bereichen angeht.

    Hier musste der Rat vor Kurzem erst einem Antrag eines Betreibers im Bereich des Maximiliums zustimmen (wir berichteten). Eine Erhaltungssatzung hätte das womöglich verhindern können. Andererseits wolle man nicht zu viel regulieren, den Eigentümern nicht zu viel vorschreiben, meint Sorré: „Im Geltungsraum der Satzung wäre alles, was dort passiert, genehmigungspflichtig.“ Es gebe in der Tat stets „ein Spannungsfeld zwischen Erhalt und Weiterentwicklung.“ Auch müsse man beachten, dass Abrisse eher die Ausnahme als die Regel seien – jene zwei neueren Beispiele seien immer noch Einzelfälle. Diese aber summierten sich über die Jahre, hält derweil Dinger dagegen.

    Mit Sicherheit werde das „seriöse und probate Anliegen“ der Erhaltungssatzung im Stadtrat demnächst diskutiert werden, betont indessen der OB. Die Zeit hierfür dränge, mahnt Dinger an. Denn abgerissene historische Bauten seien schließlich für immer verloren.

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