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Donauwörth: Wetteifern beim Poetry-Slam am Gymnasium Donauwörth

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Wetteifern beim Poetry-Slam am Gymnasium Donauwörth

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    Beim Poetry Slam am Donauwörther Gymnasium unterhielten (hinten von links) Simon Wagner, Hannah Haberberger, Duc Viet Phan, Daniel Wagner, Günni, Elias Raatz und Jonas Pan mit einer bunten Mischung an Texten. Moderiert wurde der Abend von Michl Jakob (links), organisiert von Klaus Rattenbacher.
    Beim Poetry Slam am Donauwörther Gymnasium unterhielten (hinten von links) Simon Wagner, Hannah Haberberger, Duc Viet Phan, Daniel Wagner, Günni, Elias Raatz und Jonas Pan mit einer bunten Mischung an Texten. Moderiert wurde der Abend von Michl Jakob (links), organisiert von Klaus Rattenbacher. Foto: Tanja Sonntag

    Selbst verfasste Texte, keine Requisiten, ein Zeitlimit von sieben Minuten je Kandidat: Die Regeln des Dichterwettstreits sind klar vorgegeben. Mit viel Witz und Charme führt Michl Jakob durch den Abend. Er trägt einen seiner Texte als Beispiel vor, damit die Hälfte des Publikums, die noch nie einen Poetry-Slam erlebt hat, weiß, was sie erwartet. Dabei erzählt er von Situationen, die es ihm unmöglich machen, jederzeit Vegetarier zu bleiben. "Wenn spät nachts die Falafel und der Schafskäse mal wieder ausgekauft sind, bliebt nur das Dönerfleisch oder ein Zungenkuss mit einem Wildfremden, um doch etwas Geschmack abzukriegen", rechtfertigt er sich und bringt die Aula zum Lachen.

    Es geht aber keineswegs nur um lustige Beiträge. Es ist die unkalkulierbare Mischung aus witzigen, nachdenklichen, kritischen und persönlichen Texten, die diese Dichterwettstreite ausmacht. So behandelt Simon Wagners amüsanter Text das "Gruselkabinett der Qualitätsmöbel" und den "pseudoschwedischen Studentenschreck", mit dem er Ikea meint. Elias Raatz berichtet von einer Bekannten: "Die hat es so eilig, dass sie in ihrem Alltag mehr hetzt als ein durchschnittlicher AfD-Politiker." Jonas Pan trägt seinen recht persönlichen Text gleichzeitig auf Gebärdensprache vor, weil er diesen für seinen Vater geschrieben hat.

    Eine zufällige Jury aus dem Publikum bestimmt die drei besten Poeten des Abends, die dann erneut mit anderem Text antreten. Pan darf deshalb nochmals auf die Bühne. "Die Würde des Menschen ist doch antastbar", kritisiert er in der zweiten Runde mit Blick auf einen gut integrierten Schüler, der abgeschoben wurde.

    Die Vortragenden waren keine Schüler – aber ein Absolvent des Donauwörther Gymnasiums war dabei

    Auch wenn der Wettstreit im Gymnasium stattfindet, sind es keine Schüler, die ihre Texte vortragen. Es geht aber ein Absolvent der Schule an den Start: Duc Viet Phan bewegt mit einem beeindruckend ehrlichen Text über die Probleme, denen er als Heranwachsender ausgesetzt war und wie er die Vergangenheit mit Musik und Kunst überwunden hat. "Dieser Staat will uns verjagen, dabei trage ich von Anfang an dieses Land in meinem Namen", erinnert er sich und meint dabei die Übersetzung seines Vornamens.

    Gekonnt nimmt sich Hannah Haberberger der Stigmatisierung von Schülern an. Ihr Werk "Milo" erzählt von einem Buben, der von Lehrern als Faulpelz bezeichnet und von Mitschülern im Sportunterricht und auf dem Pausenhof gehänselt wird. "Milo ist ein Kind, Angst und Verzweiflung unter einem Deckel aus Wut", sagt sie, weil er Ärger bekommt als er sich wehren will. "Ich schreie immer innerlich, wenn seine Mitschüler ihn beschimpfen und erst recht, wenn seine Lehrer es tun." Dabei ist der Name nur ein Platzhalter für viele Kinder, mit denen auch Pädagogen falsch umgehen. Die Erlangerin ist selbst Lehrerin, in ihrem Text kritisiert sie auch das bestehende Schulsystem.

    Gunther (Günni) Dommel überzeugt mit "Kind-gerächt", einem kritisch-amüsanten Text, in dem er Eltern "das Smartphone aus der Hand schlagen" will und von "Bobbycar-Rennstrecken im Kindergarten" träumt. Der Dinkelsbühler darf erneut auf die Bühne und belustigt mit einem schrägen Vortrag, in dem ein "Antilopenhorn" von ihm "die Einweihung der deutschen Drogen-Allee, ein Bootcamp für Waldpunks, Backhefe zum Einsatz in der Faschobekämpfung" und dergleichen fordert. Dabei hat er die Witze auf Donauwörth gemünzt, denn das Punk-Camp solle an der Wörnitz aufgeschlagen werden, und für eine Kiffer-Stube seien die Räumlichkeiten von Airbus bestimmt geeignet.

    Sieger des Abends ist Daniel Wagner aus Heidelberg. Mit dem Beitrag "kleine Schurkenstaaten am Rande der Welt" zieht er in die zweite Runde ein. Dabei kritisiert er pointiert diejenigen, die Deutschland für eine Diktatur halten. Er greift aktuelle Themen auf, die zeigen, dass freie Meinungsäußerung ein Privileg ist. "Wir sind abhängig von diesen Schurken, wir sind nur Halunken", sagt er und verweist auf den Import von Öl aus Schurkenstaaten und das Versehen von Industriefleisch mit Tierwohl-Labeln.

    Sein Siegertext ist urkomisch: Einfallsreich diskutiert er den Inhalt bekannter Kinderlieder wie "Bi-Ba-Butzemann" oder "Alle Vögel sind schon da". "Was ist denn mit dem Javakiebitz und der Mauritiusente?", beschwert er sich, denn diese seien ausgestorben, weshalb niemals alle Vögel da sein könnten. Was auch den Text "Alle meine Entchen schwimmen auf dem See" unmöglich mache. "Es gibt nur ein Lied, das weiterhin Sinn macht: Arabi arabi gulli gulli gulli gulli gulli ram sam sam" – das Publikum muss herzlich lachen. Ausnahmsweise gibt es auch etwas Nennenswertes zu gewinnen: In Wagners Namen soll ein Baum gepflanzt werden.

    Info: Der nächste Poetry-Slam in Donauwörth ist für den 30. März in der FOS/BOS angekündigt.

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