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Donauwörth: Gerhard Polt und die Wells: Legenden zu Gast in Donauwörth

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Gerhard Polt und die Wells: Legenden zu Gast in Donauwörth

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    Gerhard Polt (rechts) und die Well-Brüder in Donauwörth - das war bayerisches Kabarett der Extraklasse.
    Gerhard Polt (rechts) und die Well-Brüder in Donauwörth - das war bayerisches Kabarett der Extraklasse. Foto: Thomas Hilgendorf

    Sie sind lebende Legenden. Und es ist nicht übertrieben zu sagen: Da versammelte sich viermal geballtes urbayerisches Kulturgut auf der Bühne des Donauwörther Gymnasiums. Es war ein Sonntagvormittag, der den 400 Besuchern die Tränen in die Augen trieb. Ein Vormittag, an dem so schier jeder sein Fett abgekriegte, der viel oder wenig zu sagen hat im Freistaat Bayern, dem "auserwählten Volk", wie die Well-Brüder mit einem Augenzwinkern betonten. Zu deren Rechten saß und stand mit spitzer Zunge, wohlüberlegt und tief bayerisch in jeglicher Hinsicht Gerhard Polt - trotz seiner inzwischen 81 Jahre auf dem Buckel in Bestform. "Urvieh" wird der Nummer-eins-Kabarettist gern genannt. Doch das trifft es irgendwie auch nicht. "Phänomen" wohl eher. Oder, wie es Oberbürgermeister Jürgen Sorré im Rahmen der Begrüßung zu diesem Höhepunkt der 50. Donauwörther Kulturtage ausdrückte - der Mann ist ein "Ereignis", ebenso wie seine Spezeln, die Well-Brüder. Das merkte man am Sonntag in Donauwörth einmal mehr.

    Volksmusik ist bei den Wells international. Und so marschierten die bayerischen Urgewächse mit Dudelsack und Quetschn auf die Bühne, Stofferl Well, wie meist, in Lederhosen. Gerhard Polt zurückhaltend hintendrein, was sich alsbald ändern sollte. Zunächst stellten sich die Well-Brüder vor. Aus dem schönen Hausen stammten sie, was man kennen müsse, da ein echter Global Player in der Nachbarschaft produziere. "Rupp Rohre Rohrbach" war nicht nur der Running Gag des Vormittags, es stand auch als Synonym für ein Stück Bayern: Auf dem Land daheim, Laptop und Lederhosen, ein bisschen provinziell, aber freilich stets an der Weltspitze mit dabei. So habe Rupp Rohre

    Gerhard Polt und die Wells - ein herausragender Frühschoppen in Donauwörth

    Die vier Vollblut-Kabarettisten (und Musiker) zogen das Programm passend zur Tageszeit so auf wie einen Frühschoppen am Stammtisch - mit den Donauwörthern als Publikum im Wirtshaus. Sodann Polts Einsatz. Ob jemand den Lechner kenne. Der habe eine Reihe neuer Fahrzeuge. SUVs, auch ein Quad, dazu zwei Mietshäuser in München - "er muss ja von was leben" -, eine 80er Jahre Villa auf Mallorca. Dennoch, der Lechner wählt jetzt AfD, denn "so kann's nicht weitergehen". Es sind immer wieder jene vermeintlich harmlosen Charaktere, die Polt in bester breiter Mundart zu Wort kommen lässt; das Resultat wiederum ist beißende Gesellschaftskritik. Ohne Hass, aber frei von der Leber weg, manchmal ins Schwarzhumorige gehend. Bayrisch-britisch, wenn man so möchte.

    Es folgte der Schwenk vom Lechner zum Großvater, der insistierte, dass die Kinder heutzutage leider nichts Gescheites mehr lernten, vor allem in Geschichte sollte sich der Nachwuchs in der Schule nicht alles sagen lassen: "Ich sag: Wenn wir den Ersten Weltkrieg nicht verloren hätten, dann hätt's den Zweiten nicht mehr gebraucht." Von da war's für den 81-Jährigen nicht weit zu den Klimaklebern, die irrerweise den Pattex nicht mehr schnüffeln "wie wir früher", sondern auf dem Asphalt verschwendeten, was nicht hinzunehmen sei, "denn es gibt in Bayern abertausende Menschen, denen es pressiert". 

    Auch Donauwörth kriegt sein Fett weg bei Polt und den Well-Brüdern

    Immer wieder folgten musikalisch herausragende volkstümliche Zwischenspiele der Wells. Gstanzln, aber auch liturgische Vorträge, in deren Rahmen es nicht nur ums Hausener Feuerwehrhaus ging, sondern auch der soeben aus Indien eingereiste neue Monsignore begrüßt wurde. Polt imitierte jenen indischen Geistlichen in Höchstform. Er sei als Hirte zur Rechristianisierung Bayerns gerufen worden, aber es gebe leider keine Herde mehr. Eine Lösung in der Wohlstandsgesellschaft liege derweil auf der Hand: "Why not introduce Espressomaschine in Fruhmesse?" 

    Einen lokalen Seitenhieb lieferten die Wells aus dem Biermoos derweil auch. In Donauwörth könne man den Kindern die Unendlichkeit mittlerweile recht anschaulich mit der Entwicklung des Tanzhauses erklären. Auch in Oettingen, wo die vier Künstler am Vortag vor über 850 Besuchern aufgetreten waren, lieferten sie lokale Kalauer - die Sanierung der "Krone" stünde inzwischen kostenmäßig in einer Reihe mit Stuttgart 21 und der neuen Münchner S-Bahn-Stammstrecke.

    Die Vier auf der Bühne machten vor kaum etwas Halt. Work-Life-Balance, 49-Euro-Ticket, Chakuzi-Whirpools fürs Volk, Künstliche Intelligenz - und: Barock. Eine seltsame und eher nervend-teure Kunstform, deren Erhalt viel zu mühsam und kostspielig sei, wie Polt meinte und ihn zu einem tiefen Resümee führte: "Die Hund` damals haben's einfach hingestellt und wir müssen's jetzt bezahlen - wir bauen heute doch auch, aber wir hinterlassen nichts." 

    Das ist Polt, das sind die Wells. Sie lassen sich nicht einfach in Schubladen quetschen. Sie sind Ereignisse, Phänomene - eben irgendwie Legenden.

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