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Donauwörth/Berlin: Der Koffermord-Prozess startet: Töteten zwei Brüder brutal ihre Schwester?

Donauwörth/Berlin

Der Koffermord-Prozess startet: Töteten zwei Brüder brutal ihre Schwester?

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    Die Verteidiger (rechts der Rechtsanwalt Bernd Scharinger) beim Prozessauftakt. Hinter der Glaswand sitzen die Angeklagten, die sich Zeitungen vor die Gesichter halten.
    Die Verteidiger (rechts der Rechtsanwalt Bernd Scharinger) beim Prozessauftakt. Hinter der Glaswand sitzen die Angeklagten, die sich Zeitungen vor die Gesichter halten. Foto: Jörg Carstensen, dpa

    Mit coronabedingter Verzögerung von eineinhalb Wochen hat am Landgericht Berlin am Mittwoch der Mordprozess gegen zwei afghanische Brüder (23 und 27 Jahre alt) begonnen. Sie sollen ihre 34-jährige Schwester am 13. Juli vergangenen Jahres in der Bundeshauptstadt brutal ermordet haben. Sie lebte dort mit ihrer zehnjährigen Tochter und ihrem Sohn (14). Der ältere der beiden Angeklagten hatte zuletzt seinen Wohnsitz in Donauwörth und auch sonst gibt es mehrere Bezüge in die Region.

    Denn die Bahnreise mit dem Leichnam der Schwester in einem Koffer hatte die Brüder nach Bayern geführt. Zunächst zum Donauwörther Bahnhof, wo sie ihr makaberes Gepäck in ein Auto luden und damit zur Wohnung des 27-Jährigen fuhren. Anderntags ging es dann weiter in den Nachbarlandkreis Neuburg-Schrobenhausen. Dort wurde die Tote in einem Wald bei Ehekirchen verscharrt und später gefunden.

    Mord aus niederen Beweggründen wirft die Anklage nun den beiden Männern vor. Sie sollen aus religiös-moralischen Gründen mit dem westlichen Lebenswandel ihrer geschiedenen Schwester nicht einverstanden gewesen sein. Gemeinhin spricht man bei einem Verbrechen dieser Art von einem sogenannten Ehrenmord. Ein solcher wird den Brüdern zur Last gelegt.

    Koffermord-Prozess: Eignung des Dolmetschers wird infrage gestellt

    Mit drei Anträgen startete die Verteidigung in den ersten Prozesstag. Der ältere Angeklagte wird vom Donauwörther Rechtsanwalt Bernd Scharinger vertreten. Er und seine Kollegen stellten zunächst die Eignung des Dolmetschers infrage, der zwar für Persisch vereidigt sei, aber nicht für Dari - die Muttersprache der Brüder. "Mein Mandant spricht zwar gut Deutsch, nicht aber sein Bruder", sagte Scharinger unserer Redaktion. "Und da zu erwarten ist, dass Fachbegriffe verwendet werden, ist ein Dolmetscher, der nicht Dari spricht, unzumutbar." Das Gericht kam zu einer anderen Auffassung: Nach 75-minütiger Beratung erklärte der Vorsitzende, es handle sich lediglich um eine Dialektfrage. Dari und Persisch verhielten sich zueinander wie Österreichisch zu Bundesdeutsch. Die Übersetzung sei dadurch nicht beeinträchtigt.

    Der zweite Antrag der Verteidigung bezog sich auf den beigeordneten Nebenklagevertreter. Er vertritt die Kinder der Getöteten. Scharinger und seine Kollegen sehen ihn als ungeeignet an, da er auch als Opferschutzbeauftragter des Berliner Senats fungiert und - so Scharinger - "auch einen runden Tisch mit der Kripo hatte, die unter anderem im Fall meines Mandanten ermittelt hat." Das Gericht wird dazu am nächsten Verhandlungstag, dem kommenden Freitag, Stellung nehmen.

    Koffermord: Bis zum 12. August sind 35 Prozesstage angesetzt

    Ebenso wird sich die Kammer dann zum dritten Antrag der Verteidigung äußern, der den jüngeren Bruder betrifft. Scharinger: "Er wurde unter falschen Voraussetzungen zur polizeilichen Vernehmung geladen, nämlich als Zeuge. Dabei stand er schon unter Tatverdacht und hätte belehrt werden müssen, dass er vom Zeugnisverweigerungsrecht hätte Gebrauch machen können. Da das nicht passiert ist, darf diese Aussage nicht verwertet werden."

    35 Prozesstage sind bis zum 12. August angesetzt. Dann wird der Richterspruch erwartet. Für Rechtsanwalt Bernd Scharinger gibt es eine große Bandbreite an möglichen Urteilen: "Es kann von Verletzung der Totenruhe und Verstoß gegen das Bestattungsgesetz bis hin zu Mord gehen."

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