Donauwörth bricht mit Komponist Werner Egk – aber nur fast
Der einstige Starkomponist aus Auchsesheim hatte laut der neuen Studie eine klar antisemitische Haltung. Jetzt kommt es zu Umbenennungen – aber nicht allerorts.
Am Tag danach ist alles noch beim Alten. Zumindest auf den ersten Blick. Der Zaubergeigenbrunnen, dessen Hintergrund wohl die wenigsten Donauwörther noch kennen, steht nach wie vor am Eingang zur Promenade, an der Musikschule prangt wie eh und je der Name des Komponisten Werner Egk. Knall auf Fall - dieses Prinzip wollte man dezidiert nicht in Donauwörth im Umgang mit einem der berühmtesten Söhne der Stadt. Der war laut der Ende Juli in Buchform erscheinenden Studie der Musikwissenschaftlerin Anna Kreszentia Schamberger durchdrungen von einer antisemitischen und rassistischen Haltung. Die Stadt zieht jetzt ihre Schlüsse daraus. An einigen Stellen kommt es zu Umbenennungen, an anderen bleibt der Name Werner Egks erhalten. Es ist fraglich, ob der Aufarbeitungsprozess damit beendet ist.
Streng genommen gibt es den Namen ohnehin nicht. Egk müsste Mayer heißen. So lautet zumindest der eigentliche Familienname des 1901 im heutigen Donauwörther Stadtteil Auchsesheim geborenen Komponisten. "Egk", das ist lediglich ein Akronym, ein Kurzwort aus aneinander gereihten Anfangsbuchstaben. Ganz unbescheiden könnte es "Ein guter Komponist" oder "Ein großer Künstler" bedeuten, manch einer interpretiert das Kunstwort auch als Anagramm der Initialen seiner Ehefrau "Geigerin Elisabeth Karl". Was auch immer dahinterstecken mag, der Name wird bald schon seltener werden in Donauwörth. Am Donnerstagabend beschloss der Stadtrat, wie berichtet, weitgehende Konsequenzen im Umgang mit Egk, dem die Musikwissenschaftlerin Schamberger Antisemitismus "ohne Reue" nachweisen konnte.
Werner Egk: Es gibt viele Änderungen in Donauwörth
Die Folgen sind vielfältig: Das Glockenspiel am Rathaus wird fortan nicht mehr Egks Melodien spielen, die Musikschule nicht mehr seinen Namen tragen - "ab sofort", wie Donauwörths Oberbürgermeister Jürgen Sorré am Freitag im Rahmen einer Pressekonferenz erklärt, heiße die Bildungsstätte schlicht "Musikschule Donauwörth". Das Ehrengrab Egks wird zu einem normalen Grab herabgestuft. Das ist mehr als nur ein Symbol, denn, so das Stadtoberhaupt, bei einem Ehrengrab gebe es Kranzniederlegungen, Würdigungen und Gedenkveranstaltungen zu besonderen Anlässen. All dies entfalle. Die Grabpflege werde die Stadt als Alleinerbin Egks aber weiterhin betreiben, "auf einem Minimum". Ferner gehört der Werner-Egk-Preis der Vergangenheit an. Sorré: "Den bisherigen Preisträgern ist es freigestellt, ob sie den Preis behalten oder zurückgeben." Die Tantiemen, welche die Stadt Donauwörth als Erbin des Nachlasses aufgrund von Aufführungen der Stücke Egks einnimmt, seien, so der OB, minimal. Sie beliefen sich zuletzt auf etwa 1500 Euro pro Jahr. Daraus werde nun die Pflege des Egk-Grabes finanziert, der Rest werde "für soziale Zwecke gespendet".
"In der Diskussion" bleibe, ob die Werner-Egk-Begegnungsstätte nicht besser zu einem Dokumentationszentrum werden sollte. Sicher sei, dass dort Egks Haltung zur NS-Ideologie und sein Antisemitismus explizit thematisiert werden müssten, wie Stadtarchivarin Cathrin Hermann am Freitag anmerkt.
Diverse Ehrenbezeichnungen bleiben – warum?
Ein großes Aber bleibt: Der Werner-Egk-Platz im Stadtteil Auchsesheim soll seinen Namen behalten. Die Grünen sowie ÖDP-Stadtrat Johannes Thum hatten dies in der Stadtratssitzung am Donnerstagabend vehement kritisiert. OB Sorré erklärt dazu am Tag darauf, dass die Mehrheit in der eigens zur Causa Egk eingerichteten Arbeitsgruppe letztlich für die Beibehaltung plädiert hätte. "Auch über Straßennamen oder Ortsbezeichnungen dokumentiert man ein Stück weit Stadtgeschichte", sagt Sorré am Freitag. In der Stadthistorie gebe es "auch dunkle Zeiten"; man könne schließlich ja auch wie folgt argumentieren: "Ist das ein Zeitzeugnis an diese dunklen Zeiten?" Wichtig sei allem voran die Einordnung. Diese solle auch in Auchsesheim mithilfe von erklärenden Schildern erfolgen.
Die Zaubergeigenstraße wird ebenfalls erhalten bleiben, obwohl die dem Namen zugrunde liegende Oper Egks bei Schamberger ebenfalls kritisch gesehen wird - etwa bei der Darstellung der Figur des Juden mit dem vielsagenden Namen "Guldensack". Straßennamen gelten indes gemeinhin als Ehrenbezeichnungen, auch in Donauwörth. Sorré sagt dazu, dass das stimme und man der kritischen Argumentation durchaus folgen könne. Sollten die Bürger mit der Einschätzung des Stadtrates nicht zufrieden sein, werde sich das Gremium erneut mit dem Thema auseinandersetzen. Sorré fügt hinzu, dass dann aber "viele Namen diskutabel" wären. Die "pure Lösung vom Namen" führe unter Umständen zu Geschichtsvergessenheit, die man jedoch vermeiden wolle. Der Stadtrat ziehe eine "Einordnung" einer "Tilgung überall" vor.
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