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Landkreis Donau-Ries: Was die Impfpflicht für die Pflege im Landkreis Donau-Ries heißt

Landkreis Donau-Ries

Was die Impfpflicht für die Pflege im Landkreis Donau-Ries heißt

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    Die Impfpflicht könnte die Pflege im Donau-Ries noch stärker unter Druck setzen - oder zahlreiche Menschen vor Corona schützen.
    Die Impfpflicht könnte die Pflege im Donau-Ries noch stärker unter Druck setzen - oder zahlreiche Menschen vor Corona schützen. Foto: Bernhard Weizenegger (Symbolbild)

    Ein wenig Zeit hat er noch, seine Entscheidung zu überdenken. "Stand jetzt würde ich mir eine neue Arbeit suchen", sagt ein Rainer, der in einem Seniorenheim in Donauwörth arbeitet.

    Beschlossen hat es der Bundestag schon, ab Mitte März müssen Pflegekräfte gegen Corona geimpft sein. Die Frage, ob geimpft oder nicht, ist eine private, vieles hängt inzwischen von der Antwort darauf ab. Der Mann möchte deshalb lieber anonym bleiben. Wie viele genau so denken wie der 23-Jährige, ist unklar; die Einrichtungen im Landkreis versuchen die Lage in ihrer Belegschaft aktuell auszuloten. Einen Personalmangel gebe es allerdings schon jetzt, sagt Arthur Lettenbauer, Geschäftsführer des Rot-Kreuz-Kreisverbandes Nordschwaben. Die Impfpflicht könne diesen noch verschärfen. Das Instrument hält Lettenbauer dennoch für sinnvoll, wie er sagt - aber anders eingesetzt.

    Impfpflicht in der Pflege: Lieber Kündigung als Impfung

    Konkret bedeutet die Impfpflicht in Pflegeberufen: Ab dem 15. März müssen alle Beschäftigten in Krankenhäusern, Altenheimen oder Arztpraxen geimpft sein. Wer dieses Kriterium nicht erfüllt, dem dürfen die Gesundheitsämter verbieten, die Einrichtungen zu betreten - die Pflicht könnte also auch Paketboten oder Reinigungspersonal betreffen. Und weil sie dann nicht mehr arbeiten könnten, droht ihnen eine unbezahlte Freistellung - oder die Kündigung. Der 23-jährige Pfleger aus Rain, der sich nicht impfen lassen möchte, empfindet das als Schlag ins Gesicht: "Zu Beginn der Pandemie waren wir noch die Helden", sagt er.

    "Leute haben für uns geklatscht, die Politik wollte vieles für uns unternehmen. Aber das waren alles leere Versprechungen." Er und seine Kolleginnen und Kollegen, ob geimpft oder nicht, hätten über Monate alles gegeben, Bewohnerinnen und Bewohner "mit Würde gepflegt", wie er sagt. Und jetzt stehe er womöglich im kommenden Jahr ohne Arbeit da. "Da fehlen einem die Worte." Den Ausweg aus der Zwickmühle, der für den 23-Jährigen kein Ausweg ist, haben einige seiner Kollegen inzwischen gewählt.

    Noch genug Personal in der Pflege in Donau-Ries wegen Impfpflicht?

    Von "elf oder zwölf Kollegen", die ebenso gedacht haben wie er, habe rund die Hälfte sich inzwischen impfen lassen - um mehr Freiheiten zu bekommen oder weil sie dem sozialen Druck nachgegeben hätten, sagt der Altenpfleger. Dass die Zahl der geimpften Mitarbeitenden in den vergangenen Wochen noch einmal deutlich gestiegen sei, bestätigen auch BRK-Chef Lettenbauer und der Geschäftsführer der kommunalen Donau-Ries Kliniken und Seniorenheime, Jürgen Busse. Grundsätzlich sei in ihren Einrichtungen die Impfquote deutlich höher als im Bundesschnitt, wo sie rund 70 Prozent beträgt.

    Er erwarte deshalb auch keinen Personalengpass in seinen Einrichtungen, sagt Busse. Die Personalabteilung frage derzeit den Impfstatus in der Belegschaft ab und bereite interne Informationen vor. "Wer sich partout nicht impfen lässt, muss dafür die Konsequenzen tragen", stellt er klar. Dass nach erster Einschätzung so viele der Beschäftigten geimpft sind, liege unter anderem auch daran, dass sie seit Beginn der Pandemie aus nächster Nähe sehen mussten, wie gefährlich das Coronavirus ist. Und dass auf den Stationen ein klarer Unterschied der Ungeimpften zu Geimpften erkennbar sei: Sie erkrankten häufiger und schwerer, machen aktuell fast alle Intensivpatienten in den Kliniken aus, schildert Busse. "Und wir haben nach wie vor Zugänge mit Covid in den Krankenhäusern", sagt er.

    Pfleger aus Rain erzählt, warum er sich nicht gegen Corona impfen lassen will

    Der Pfleger aus Rain ist dennoch misstrauisch. Er traue den Studien nicht, sagt er, zudem fehlten ihm Langzeitstudien, die sich mit den Nebenwirkungen der Impfung auseinandersetzen. Viele, die sich gegen eine Corona-Impfung entschieden haben, teilen diese Argumente - sie halten die Impfstoffe für nicht ausreichend erprobt oder haben Angst vor Langzeitschäden, wie eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Gesundheitsministeriums ergeben hat. Allerdings stellt das Paul-Ehrlich-Institut klar, das im Auftrag des Bundes zu Impfstoffen forscht, dass Spätschäden bei Impfstoffen bislang unbekannt seien, die Sorge daher unberechtigt. Sollte es aber dennoch zu schweren Nebenwirkungen kommen, übernehme dafür niemand die Verantwortung, sagt der 23-Jährige. Doch auch dies ist klar geregelt: In den Verträgen zwischen Europäischer Union und Impfstoffherstellern haben sich die Staaten verpflichtet, die Kosten zu übernehmen, wenn ein Hersteller für Impfschäden haften muss. Wahr ist aber: Geschädigte haben Mühe, einen möglichen Schaden klar in Zusammenhang mit der Impfung nachzuweisen. Ein Blick ins europäische Nachbarland kann aber auch bei der Frage helfen, ob eine Impfpflicht in Pflegeberufen sinnvoll ist.

    Frankreich hatte diese im Herbst eingeführt, eine Kündigungswelle gab es nicht. Allerdings ist dort auch die Impfquote deutlich höher als in deutschsprachigen Ländern. BRK-Geschäftsführer Lettenbauer hätten einige Angestellte bereits signalisiert, dass sie bei einer Impfpflicht das Unternehmen verlassen werden. Die Impfpflicht nur für Pflegeberufe sei aus seiner Sicht "das falsche Signal", wie Lettenbauer sagt. "Die

    Klar ist aber auch: Bis die Impfpflicht in der Pflege konkret umgesetzt wird, sind noch einige Frage zu klären. "Das ist allerdings schon bei der geltenden 3G-Plus-Regel der Fall", sagt Markus Wagner, der Pressesprecher der Diakonie Neuendettelsau, die in der Region unter anderem eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Polsingen und Nördlingen betreibt. Unschärfen gebe es etwa für Postboten, oder: "Was passiert mit gesetzlichen Betreuern, die die vorgeschriebenen Bedingungen nicht erfüllen? Die Einführung der 2G-Regel wird diese Fragen noch verschärfen." Und auch die von BRK-Chef Lettenbauer eingebrachte Idee könnte die Situation noch einmal ändern: Die Forderungen nach einer allgemeinen Impfpflicht über die Pflegeberufe hinaus tönen immer lauter. (mit vmö)

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