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Donau-Ries: Warum im Landkreis Donau-Ries so viele Rehe gerissen werden

Donau-Ries

Warum im Landkreis Donau-Ries so viele Rehe gerissen werden

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    Dieses Reh wurde von einem unbekannten Tier östlich von Brachstadt gerissen. Jagdpächter Heinz Roser ist besorgt: Er registrierte in seinem Revier in den vergangenen Monaten mehrere solche Fälle.
    Dieses Reh wurde von einem unbekannten Tier östlich von Brachstadt gerissen. Jagdpächter Heinz Roser ist besorgt: Er registrierte in seinem Revier in den vergangenen Monaten mehrere solche Fälle. Foto: Heinz Roser

    Es war ein ganz und gar nicht schöner Anblick für den Spaziergänger südlich von Tapfheim im Bereich der Baggerseen. Mitte April entdeckte der Mann die schwer verwundete Geiß, die auf einer Wiese lag. Jagdpächter Werner Lippert erlöste das Tier – und stellte fest, dass es hoch trächtig war. Offenbar hatte ein Raubtier das Reh gerissen und war dann möglicherweise gestört worden. So etwas hat Lippert, der seit 25 Jahren auf die Jagd geht, noch nicht erlebt. Seine einzige Erklärung: Offenbar hat ein streunender Hund das Reh gehetzt und dann überwältigt. Solche Vorkommnisse haben sich in den vergangenen Monaten in der Region gehäuft.

    Nur ein paar Kilometer entfernt hat Heinz Roser das Gemeinschaftsjagdrevier Brachstadt gepachtet. Seit Februar stießen Passanten in der dortigen Flur auf drei Rehe, die mit Bissspuren tot oder schwer gezeichnet in der Landschaft lagen. Die Tiere seien auch angefressen gewesen, schildert Roser. Der spricht von einer in seiner Jagdkarriere „einmaligen Häufung“. Die drei Fundorte östlich von Brachstadt im Bereich „Leseberg“ lägen lediglich 300 bis 400 Meter voneinander entfernt.

    Jäger glaubt nicht, dass Wolf die Rehe gerissen hat

    War auch hier ein oder mehrere Hunde am Werk? Er habe mit anderen Weidmännern über diese Frage diskutiert, berichtet der Brachstädter. Erst recht, nachdem im benachbarten Bissingen und in Mönchsdeggingen in dieser Woche ein Wolf gesichtet worden war. Seitdem erscheinen solche Vorfälle in einem neuen Licht. Dass bei Brachstadt ebenfalls ein Wolf zugeschlagen hat, mag Roser nicht glauben. Er und sein Mitpächter seien fast jeden Tag im Revier: „Wir hätten doch irgendetwas gesehen.“ Auch mit den im Revier installierten Wildkameras sei bislang kein Wolf aufgenommen worden.

    Ein solches Raubtier lasse seine Beute nicht auf freier Flur liegen, „sondern zieht es in eine Hecke und nimmt sich ein paar Happen“, meint der Jäger. Die Kadaver der Rehe seien aber nur leicht angefressen gewesen. Er habe die Wolf-Meldungen aufmerksam zur Kenntnis genommen, sagt Roser, mehr aber auch nicht: „Das beunruhigt mich nicht.“

    Die Tatsache, dass es dann nur Hunde gewesen sein könnten, die den Rehen zusetzten, beschäftigt den Weidmann hingegen sehr. Er hat die Fälle bei der Polizei angezeigt. Die Problematik hänge wohl mit der Corona-Pandemie zusammen, mutmaßt Roser. Seitdem sehe man viel mehr Menschen bei Spaziergängen auf Feld- und Waldwegen. Manche kämen bis aus Augsburg oder anderen, weiter entfernten Regionen, um die Natur an den Ausläufern der Schwäbischen Alb zu genießen. Dies könne man an den Kfz-Kennzeichen ablesen. „Naturflüchtlinge“ nennt Heinz Roser solche Ausflügler.

    Hunde sind nicht angeleint - Kitze besonders leicht zu wildern

    Von den Spaziergängern hätten viele ihre Hunde dabei. Häufig seien diese nicht angeleint. Wenn er die Halter darauf anspreche, reagierten diese oft pampig. „Mein Hund braucht Auslauf“, ist eine Antwort, die Roser oft hört. Dies könne auch an der langen Leine geschehen, sagt der Jäger dazu. Keinesfalls sei es in Ordnung, dass die Hunde frei in die Felder oder ins hohe Gras gelassen werden – gerade jetzt: Es ist Brut- und Setzzeit. Sprich: Die Wildtiere bekommen ihre Jungen. Die sind besonders gefährdet und leicht zu wildern. Heinz Roser ist es ein Anliegen, die Hundebesitzer dafür zu sensibilisieren.

    Gerissene Rehe sind seit Wochen auch im Jura-Bereich keine Seltenheit, vor allem im Raum Monheim/Otting/Fünfstetten. Einer der Jagdpächter beklagt in der Nähe von Nußbühl gleich vier Tiere, die auf diese Weise getötet wurden. In umliegenden Revieren sei gleiches passiert.

    Dass ein Wolf dort umherstreift, schließt der Jäger aus: „Der fängt seine Beute anders.“ Deshalb komme nur ein Hund infrage. „Der springt von hinten auf das Reh und drückt es nach unten.“ Die Weidmänner in der Region hätten den Verdacht, dass ein größerer Hund, der anscheinend allein durch die Gegend läuft, die Rehe angeht.

    Gerissene Rehe im nördlichen Landkreis Donau-Ries: Bürgermeister erzählt

    Diese Vermutung stützt ein Vorfall, über den der Ottinger Bürgermeister Wolfgang Lechner Kenntnis hat: Eine junge Autofahrerin habe in der vorigen Woche auf der Straße zwischen Otting und Wolferstadt nahe dem Weiler Dattenbrunn zufällig beobachtet, wie sich ein Hund gerade über ein Reh hermachte. Die Frau wollte dazwischengehen, ließ dies aber laut Lechner schnell bleiben, als der Hund auf sie aufmerksam wurde.

    Die Frau machte aber Fotos. Die liegen mittlerweile dem Jagdpächter und der Polizei vor. „Es müsste ein Rottweiler sein“, weiß der Bürgermeister. Der hofft, dass dem streunenden Hund rasch Einhalt geboten wird, bevor noch mehr passiert.

    Auch der Fünfstettener Bürgermeister Josef Bickelbacher ist besorgt. Wer seinen Hund unbeaufsichtigt laufen lasse, mache sich strafbar. Zudem verweist Bickelbacher darauf, dass ein wildernder Hund vom Jäger abgeschossen werden könne. Einer der Jagdpächter kündigt an, er werde im vorliegenden Fall von diesem Recht Gebrauch machen.

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