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Theater Donauwörth: Ein Regisseur wird zum Zuschauer

Theater Donauwörth

Ein Regisseur wird zum Zuschauer

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    Sich entspannt zurücklehnen, als Zuschauer auf der Tribüne des Freilichttheaters Platz zu nehmen: Das ist künftig Wolfgang Schiffelholz’ Rolle. Der bisherige Spielleiter und Vorsitzende des Theaters Donauwörth zieht sich aus beiden Funktionen zurück. Nach 44 Jahren gibt er diese Ämter ab.
    Sich entspannt zurücklehnen, als Zuschauer auf der Tribüne des Freilichttheaters Platz zu nehmen: Das ist künftig Wolfgang Schiffelholz’ Rolle. Der bisherige Spielleiter und Vorsitzende des Theaters Donauwörth zieht sich aus beiden Funktionen zurück. Nach 44 Jahren gibt er diese Ämter ab. Foto: Sahliger

    Es ist ein guter Abgang für Wolfgang Schiffelholz, ein Abgang nach einer umjubelten letzten Inszenierung – aber es ist eben doch ein Abgang. Getreu der Weisheit, man soll dann aufhören, wenn es am schönsten ist, setzt er mit einer grandiosen „My fair Lady“ auf der Freilichtbühne den Schlusspunkt unter seine Laufbahn als Macher des Theaters Donauwörth. Mit 21 Jahren hatte der heute 65-Jährige begonnen. Jetzt sagt er: „Es ist wirklich mal gut und es geht auch ohne mich weiter. Mein ’Baby’, das Freilichttheater, ist groß geworden und ich kann es getrost in andere Hände übergeben.“

    Wem diese Hände gehören – daraus macht er freilich vorläufig noch ein Geheimnis. „Es sind Nachfolger da“, nur so viel verrät Wolfgang Schiffelholz für den Moment. „Es gibt welche, die die sind qualifiziert und da möchte ich mich nicht einmischen.“ Auch wenn er letztlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge abtritt, kann er gut loslassen – in dem Bewusstsein: „Ich bin so stolz auf meine Theaterleute und ich kann weiter beobachten, was wird!“

    6900 Zuschauer sehen "My fair Lady" am Mangoldfelsen

    Vor einem Jahr schon hat Wolfgang Schiffelholz den Entschluss gefasst, sich zu verabschieden. Dass er mit „My fair Lady“ nochmals einen richtigen Volltreffer landet, war ihm dabei in diesem Ausmaß nicht bewusst. 6900 Zuschauer sind heuer an den Mangoldfelsen gekommen, um das Musical um Eliza Doolittle und Professor Higgins zu sehen. Das ist mit Abstand der größte Publikumserfolg bisher und hat sogar das „Weiße Rössl am Wolfgangsee“ (6400 Zuschauer) noch übertroffen.

    Lesen Sie hierzu auch: „My fair Lady“: So war die Premiere am Mangoldfelsen

    Ja, das „Weiße Rössl“! In der Erinnerung daran gerät Schiffelholz ins Schwärmen. „Für die Szene, in der der Kaiser anreist, haben wir einen großen Menschenauflauf gebraucht. Ich bin damals zu allen Vereinen von den Schützen über die Feuerwehr bis zur Blaskapelle gegangen und hab sie gebeten, mit Fahnen, Uniformen und allem Brimborium mitzumachen. Und die haben das wirklich getan! Das hat mich echt umgehauen.“

    Viele kostbare Momente für Schiffelholz

    Es gibt viele kostbare Momente, die der Theatermacher mit sich trägt. Die großen Kulissen gehören dazu, wie etwa die bombastische Fassade der wohl berühmtesten Pariser Kathedrale im Stück „Der Glöckner von Notre Dame“. 22 Meter maß sie in der Höhe, 13 Meter in der Breite und nur dank eines professionellen Gerüstbauers konnte sie stabil dastehen. Die Fülle an Stücken ist es, die ihn glücklich macht. 24 Inszenierungen aus allen Genres, vom Historienkrimi über Mantel-und-Degen-Dramen bis hin zur frivolen Boulevardkomödie. „Anatevka“ war darunter, „Der Brandner Kaspar“, „Maria von Brabant“, „Der Meineidbauer“, „Robin Hood“, „Manche mögen’s heiß“ und vieles, vieles mehr.

    Und vor allem ist es immer die Gemeinschaftsleistung, die hinter allem steht und die Schiffelholz all die Jahre den Auftrieb gegeben hat, das große Abenteuer Freilichtspiel ein ums andere Mal wieder anzugehen. „Wir haben knapp 300 Mitglieder zwischen sechs und 90 Jahren im Verein“, freut sich Schiffelholz. „Bei uns kann jeder mitmachen vom kleinen Kind bis zum Greis. Im Notfall fahren wir jemanden, der nicht mehr gut zu Fuß ist, im Rollstuhl über die Bühne.“ Niemand, der Teil des Ganzen sein möchte, wird abgewiesen. Jeder kann den Platz einnehmen, an dem er sich glücklich fühlt – vom Schauspieler über Kulissenbauer, Maskenbildner und Requisiteur bis hin zum Kartenverkäufer und zum Caterer. „Jeder bei uns steht voll dahinter“, resümiert der scheidende Spielleiter. „Und das ist es, was das Ganze so schön hat wachsen lassen.“

    Generationsübergreifend Theater machen

    Die Anfänge reichen zurück ins Jahr 1975. Damals brauchte die Bauernbühne Auchsesheim – entstanden aus der Katholischen Landjugend – einen Spielleiter. Schiffelholz sagte zu und wagte damit den Sprung ins kalte Wasser. 1980 ging dann die Bauernbühne Auchsesheim ins Theater Donauwörth über. Ein Verein wurde gegründet, man trat dem Verband Bayerischer Amateurtheater bei und stellte sich noch breiter auf: „Wir wollten immer schon generationsübergreifend Theater machen“, erinnert sich Schiffelholz. „Der Nachwuchs war mir von jeher wichtig und deshalb gibt es auch unser Kinder- und Jugendtheater.“ Und natürlich das Herzstück des Ganzen: Die Freilichtbühne.

    Der Weg an den Mangoldfelsen war ein steiniger. Die Idee zur eigenen Spielstätte wurde in der Arena von Verona geboren. „Was die schaffen, das schaffen wir auch“, hat in den 90er Jahren ein ambitionierter Schiffelholz zu seinen Leuten gesagt. Erster Schauplatz war zunächst der Pausenhof der Mangoldschule, in dem nach jeder Vorstellung sämtliche Kulissen und Zuschauerplätze wieder abgebaut werden mussten. „Man kann sich diesen Aufwand heute gar nicht mehr vorstellen.“

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    Schiffelholz: "Wir können fast alles machen, was wir wollen"

    Der erste Antrag, eine feste Spielstätte zu installieren, wurde 1997 bei der Stadt gestellt – und als nicht realisierbar abgeschmettert. Doch der Verein ließ nicht locker. Mit Erfolg. Denn 2007 konnte das Freilichttheater am Mangoldfelsen eröffnet werden. Eine nahezu ideale Lage – zentral und dennoch abseits des Trubels mitten in landschaftlicher Idylle. „Der Aufwand ist nicht weniger geworden“, sagt Schiffelholz, denn schließlich habe man auch die Möglichkeiten immer mehr ausgereizt. „Wir können Tiere einsetzen, wir können mit Pferden, Kutschen und Autos anrücken. Mit anderen Worten: Wir können fast alles machen, was wir wollen. Es ist ein Wahnsinn, dass alle Aktiven da mitziehen.“

    Wenn er nun das „Regiepult“ verlässt und sein Platz künftig in den Zuschauerrängen sein wird – „am liebsten ganz hinten rechts, da schaut man so schön ins Grüne“ –, wird ihm dennoch nicht langweilig werden. Dann kann er als Präsident des Verbands deutscher Freilichtbühnen endlich in dieser Funktion so richtig aufgehen: „Dann hab ich die Möglichkeit, alle 92 bundesweiten Freilichtbühnen zu besuchen und bei ihren Premieren mit dabei zu sein.“

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