Huisheim-Gosheim Ob die „Kaffee-Tante von der Zeitung“ wohl auch bei uns vorbei schaut? Das haben sich Martina Gail und ihre fünfjährige Tochter Annika Dienstagfrüh beim Zeitunglesen gefragt. „Die Kinder haben die Kaffee-Serie von ihrer Mutter mitbekommen und haben Sie Kaffee-Tante getauft“, erklärt mir Großmutter Marianne, die die Serie ebenfalls täglich liest – und mich gleich herein bittet. Ihrer Schwägerin Hilde Gail, die kurz darauf mit uns am Kaffeetisch sitzt und gerade erst aus dem Urlaub zurückgekommen ist, erläutert Marianne Gail so detailreich die bisherigen Geschichten, dass ich baff bin.
„Die is aus Augsburg, die kennt die kleinen Käffer hier net“, entschuldigt sie mich den Anderen gegenüber, nachdem ich „Huisi Goasi“ nicht auf Anhieb verstehe. So bekomme ich umgehend eine kleine Huisheim-Gosheim-Einweisung: „Huisi-Goasi alles woaß i“ – das sage man, wenn man sich als Ortskundiger zu erkennen geben will. Huisheim-Gosheim sei außerdem der Mittelpunkt des Landkreises und hätte den schönsten Sportplatz überhaupt, sagt mir Andreas Gail senior. Das habe zumindest der ehemalige Bürgermeister Gentner immer gesagt, relativiert er.
Schloss fasziniert mich
Von den Damen erfahre ich etwas mehr über das Gosheimer Schloss, das mir beim Vorbeifahren ins Auge gestochen ist. Dort wohne eine Prinzessin, eine sehr freundliche sogar. „In a Schloss gehört doch auch eine Prinzessin rein“, ist Marianne Gail überzeugt und lacht. Sohn Andreas Gail junior und seine Frau Martina sind immer noch damit beschäftigt, die große Hecke zu entfernen, als ich mich später verabschiede, um das Schloss aus der Nähe zu betrachten.
Im Innenhof des Schlosses, das eine viele Jahrhunderte alte Geschichte aufweist, und dessen Eingang majestätisch-steinerne Löwen zieren, treffe ich zwar keine Prinzessin. Aber Mesner Benedikt Fackler und Kirchenpfleger Johann Hirschbeck, die Vorbereitungen treffen fürs Pfarrfest am Wochenende, das in den ehemaligen Stallungen des Schlosses gefeiert werden soll.
„Goaßi woaß i jetzt au a bisserl“, denke ich mir und mache mich auf den Weg nach „Huisi“ – das Erste, was mir dort beim Erkunden der Straßen auffällt, ist der haushohe Engelstrompeten-Baum von Markus Hörmann. Auf die Pflanzen mit den großen, farbenfrohen Blüten ist der 34-jährige Miclhbauer vor langer Zeit gekommen, als er mal einen Ableger geschenkt bekam. Etwa zehn Jahre alt oder mehr sei sein größter dieser Nachtschattengewächse jetzt und „weil die nicht winterfest sind, karren wir sie dann immer in die große Garage.“
Ein, zwei Straßen weiter lerne ich Johann Baptist Fackler kennen. Der 81 Jahre alte Mann ist damit beschäftigt, Holz klein zu machen. „Ich habe mein Leben lang mit Natur und Tieren zusammengearbeitet und kann jetzt nicht nur rum sitzen.“ Mit Nichtstun hat der herzliche, alte Mann sein Leben lang so seine Schwierigkeiten gehabt, schießt es mir durch den Kopf, als ich höre, was er so alles gemacht hat außer Landwirt sein: 36 Jahre Gemeinderat, Obmann vom Bauernverband, Mitglied im Kirchenchor, Vorstand der Waldbesitzer ...
Keine Hausiererin
Ob er gerne Bauer gewesen ist? „Auf jeden Fall, aber heute möchte ich nicht mehr Landwirt sein“, antwortet Fackler mit Nachdruck. „Ich war ein freier Landwirt und konnte tun und lassen, was ich wollte.“ Heute gebe es zu viele Vorschriften, den Bauern seien doch die Hände gebunden. Außerdem wolle heutzutage jeder mehr haben als der Andere – „derweil führt uns immer-mehr am Ende zu immer-weniger.“ Im Alter merke man erst, wie wenig der Mensch zum Leben wirklich brauche. „Glücklich wird nur der, der in allem Maß hält“, gibt mir Johann Baptist Fackler mit auf den Weg. Und er gesteht: Er habe anfangs gedacht, ich wolle hausieren gehen. „Aber so eine Person, mit der man sich unterhalten kann, darf öfter kommen.“