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Rain: Warum vor der Zuckerfabrik in Rain demonstriert wird

Rain

Warum vor der Zuckerfabrik in Rain demonstriert wird

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    Vor dem Südzuckerwerk in Rain demonstrierten am Frteitag rund 300 Personen. Hintergrund ist, dass das Unternehmen zwei Standorte in Norddeutschland schließen will.
    Vor dem Südzuckerwerk in Rain demonstrierten am Frteitag rund 300 Personen. Hintergrund ist, dass das Unternehmen zwei Standorte in Norddeutschland schließen will. Foto: Manuel Wenzel

    Die Feuerwehr regelt die Zufahrt an der Donauwörther Straße, auf dem Parkplatz sind mehrere landwirtschaftliche Fahrzeuge abgestellt, vor dem Werkstor stehen Hunderte Menschen in gelben Warnwesen: Es war kein gewöhnlicher Arbeitstag bei Südzucker in Rain, der am Freitag über die Bühne gegangen ist.

    Von 10 bis 11 Uhr fand dort eine Kundgebung statt. Hintergrund der Aktion sind die Pläne des Gesamtkonzerns, die Zuckerfabriken im brandenburgischen Brottewitz und Warburg (Nordrhein-Westfalen) zu schließen. In Rain zeigte man sich nun mit den Kollegen in Norddeutschland solidarisch. Gleichzeitig wurde nachdrücklich betont, dass auf dem europäischen Markt deutliche Veränderungen nötig seien. Rund 300 Personen nahmen an der Demonstration teil.

    Standort Rain ist nicht betroffen

    Auf die Zuckerindustrie kämen harte Zeiten zu, sagte Tim Lubecki von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Der Standort Rain sei zwar von den aktuellen Plänen der Konzernspitze nicht betroffen, „doch auch hier könnten die Zeiten härter werden.“

    Lubecki monierte die ungleichen Voraussetzungen innerhalb der EU: Eigentlich sei nach dem Ende der Regulierung des europäischen Zuckermarkts vereinbart worden, dass die Zuschüsse für Rübenanbauer abgeschafft werden. „Damit einhergehend wurden in Deutschland Zuckerfabriken geschlossen und tausende Arbeitsplätze vernichtet.“

    In mehreren EU-Ländern werde der Rübenanbau aber über sogenannte „gekoppelte Zahlungen“ weiter unterstützt. Dies habe eine erhöhte Produktion zur Folge, was sich wiederum negativ auf den Preis auswirkt. „Die Schließungen der beiden Werke sind die Antwort von Südzucker auf diesen Wettbewerbsnachteil. Aber das ist die falsche Antwort auf das Preisproblem.“

    Fairer Wettbewerb

    Der Gewerkschaftsfunktionär betonte vielmehr, dass sich die deutsche Politik um Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner für einen fairen Wettbewerb innerhalb der EU einsetzen müsste. „Nur dann wird die Zuckerindustrie hierzulande auf sicheren Boden gestellt.“

    Stefan Roßkopf, Betriebsratsvorsitzender in Rain, freute sich, dass an der Kundgebung neben den Mitarbeitern auch Anbauer, Zulieferer und Vertreter der regionalen Politik teilnahmen. „Eine solche Konstellation gab es noch nie.“ Er führte aus, dass das Werk in der Lechstadt rund 240 Mitarbeiter beschäftige. An der Produktion beteiligt seien allerdings vorgelagert auch circa 2600 Landwirte, nachgelagert seien weitere 600 Arbeitsplätze eng mit der Fabrik verbunden. Roßkopf stellte klar: „Wir wollen unser Werk hier mit allen Arbeits- und Ausbildungsplätzen erhalten.“ Die Zuckerfabrik in Rain stelle für die Stadt und die Region zudem einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. Die Politik müsse sich in diesem Fall auch ihrer Verantwortung vor Ort bewusst werden. „Wir wollen faire Bedingungen für Rübe und Zucker.“

    Sieben Millionen Euro weniger

    Was die Abschaffung der Erzeugungsquote vor wenigen Jahren konkret vor Ort bedeutet, verdeutlichte Rudolf Apfelbeck vom Verband bayerischer Zuckerrübenanbauer. Gegenüber den letzten drei Jahren mit Zuckerquote hätten die Anbauer im Werksgebiet Rain aktuell rund sieben Millionen Euro weniger an Rübengeld bekommen. Diese Summe fehle natürlich auch an Kaufkraft in der Region. „Tut sich in Sachen Preis nichts, ist mit der Rübe bald nur noch so viel verdient wie mit Getreide oder Mais“, so Apfelbeck.

    In die gleiche Richtung argumentierte Michael Stiller, Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands: „Wenn Lebensmittel irgendwann zu billig werden, dann geht auch die Wertschätzung verloren.“ Er prangerte ebenfalls die „eklatanten Wettbewerbsverzerrungen“ innerhalb der EU an, die zulasten der Betriebe, Mitarbeiter und Landwirte hierzulande gingen. Auf dem Spiel stünden dadurch die Wirtschaftsstandorte Bayern und Deutschland, so Stiller.

    Antrag von Wolfgang Fackler

    Simmkreisabgeordneter Wolfgang Fackler (CSU) machte klar: „Ein Europa, ein Haus, eine Hausordnung.“ Es müsse Schluss sein, dass jeder macht, was er will und sich nur die Rosinen herauspickt. „Wir spielen Fair Play, und das wollen wir von den anderen auch.“ Fackler habe deshalb als Mitglied des Landwirtschaftsausschusses im Landtag einen Antrag der CSU-Fraktion eingebracht. Darin wird die Staatsregierung aufgefordert, ihre Bemühungen auf Bundes- und Europaebene um faire Rahmenbedingungen für den bayerischen Zuckerrübenanbau zu verstärken.

    Für Facklers Landtagskollegin Eva Lettenbauer (Grüne) ist es nicht hinnehmbar, dass verfehlte Politik nun die Beschäftigten in der Zuckerindustrie treffen soll. Ihre Partei poche auf ein Umdenken. „Wenn alle an einem Strang ziehen, können wir die Landwirtschaft so aufstellen, dass sie Überlebenschancen hat und gutes Geld mit guten Produkten verdient werden kann.“

    Wie Tim Lubecki abschließend ankündigte, ist Mitte März eine weitere Kundgebung in Berlin geplant. Über das Schicksal der beiden Werke Brottewitz und Marburg will der Aufsichtsrat der Südzucker AG in Mannheim dagegen schon am kommenden Montag entscheiden.

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