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Rain: Gerhard Martin sagt Ade – nach 30 Jahren als Rathauschef

Rain

Gerhard Martin sagt Ade – nach 30 Jahren als Rathauschef

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    Bürgermeister Gerhard Martin an seinem Schreibtisch im Rathaus. Ein Anblick, der in wenigen Tagen schon der Vergangenheit angehören wird. Ab 1. Mai sitzt dort sein Nachfolger Karl Rehm.
    Bürgermeister Gerhard Martin an seinem Schreibtisch im Rathaus. Ein Anblick, der in wenigen Tagen schon der Vergangenheit angehören wird. Ab 1. Mai sitzt dort sein Nachfolger Karl Rehm. Foto: Barbara Würmseher

    Am Spätnachmittag des 18. März 1990 ist der 33-jährige Diplom-Rechtspfleger Gerhard Martin mit dem Auto von Augsburg heimwärts nach Feldheim unterwegs. In Rain betankt er den Wagen und kommt mit der Tankstellen-Mitarbeiterin ins Gespräch, die zu ihm sagt: „Jetzt werden Sie heute Abend ja wohl Bürgermeister!“ Es ist Wahlsonntag in Bayern. Skeptisch antwortet Martin: „Na ja, wohl eher nicht.“ Die Chancen, die sich der SPD-Kandidat gegen den allgemein favorisierten CSU-Mitbewerber Anton Fuchs ausrechnet, sind gering. Doch es kommt ganz anders, als er und viele Rainer damals denken.

    Gerhard Martin erzählt: „Gegen 18.30 Uhr erreichte mich daheim ein Anruf aus dem Rathaus, ob ich bitte kommen könnte. Ich sei der neue Bürgermeister.“ Gut 51 Prozent der Wähler hatten für ihn gestimmt.

    Der Alltag des Familienvaters wird komplett umgekrempelt

    Mit einer „seltsamen Mischung“ aus Überraschung, Freude und „dem Gefühl, von dieser Minute an eine Verpflichtung zu haben“, startete der 33-Jährige in sein Amt. In dieses Amt, das für die nächsten 30 Jahre sein Lebensinhalt werden sollte und das den Alltag des jungen, dreifachen Familienvaters an jenem 18. März 1990 von jetzt auf gleich komplett umkrempelte. Sein Jüngster war damals noch nicht einmal ein Jahr alt.

    Heute nun ist es genau anders herum: Ende April 2020 sind es die Gedanken an den Rückzug ins Privatleben, die den Bürgermeister beschäftigen. Die Familie wartet auf ihn – sie ist mittlerweile um drei Enkel angewachsen. Seine letzten Tage im Rathaus sind angebrochen. Die wenigen persönlichen Dinge aus dem Chefbüro hat er bereits eingepackt und abtransportiert. Was jetzt noch in den Regalen steht oder an den Wänden hängt, ist städtisches Eigentum. Jetzt ist Zeit, innezuhalten und einen Blick auf diese drei Jahrzehnte zu werfen, die beinahe die Hälfte von Gerhard Martins bisherigem Leben ausmachen.

    Gerhard Martin: Ein wenig stolz, aber auch demütig

    Der heute 63-Jährige kann sich entspannt zurücklehnen. Er tut es an diesem letzten Montagvormittag als Bürgermeister in einem der Stühle, die um den Besprechungstisch gruppiert sind. Und er tut es auch im übertragenen Sinne: „Was unterm Strich bleibt, ist schon das Gefühl, vieles richtig gemacht zu haben“, sagt er nachdenklich, sicher ein wenig stolz, aber auch demütig. „Die vergangenen drei Jahrzehnte waren eine sehr erfolgreiche Zeit für die Stadt in dem Sinne, dass sie sich positiv entwickelt hat.“ Gerhard Martin hat sich immer als Teamspieler verstanden, wie er sagt. Sicher war er als Bürgermeister derjenige, bei dem die Fäden zusammengelaufen sind, derjenige auch, der Weichen gestellt hat. Aber er sieht insgesamt viele Väter des Erfolgs: Verwaltung, Stadtrat, Vertreter der Wirtschaft, alle politischen Ebenen und, und, und. „Für mich ist es schön, dass wir Beteiligten alle es über die Jahrzehnte in guter Zusammenarbeit geschafft haben, uns zusammenzufinden und miteinander etwas Gutes auf den Weg zu bringen.“

    Er sind erfüllte 30 Jahre, die hinter Gerhard Martin liegen. Die Freude an der Arbeit hat ihn durchweg begleitet, auch in schwierigeren Zeiten. Schwierig etwa hat er das Amt empfunden, als die Diskussionen um die Loslösung der Stadt aus der Verwaltungsgemeinschaft aufgebrandet ist oder die um den Ziegelmoos-Kreisverkehr. Auch die Entwicklungen bei der Sparkassenfusion oder der Gestaltung des Bayertors „waren nicht ganz einfach“. „Immer dann, wenn die Kritik ins Persönliche abdriftet, wird es schwer“, stellt Martin fest, dem an sachlicher Auseinandersetzung gelegen war und ist.

    Alle sechs Jahre ein Zeugnis

    Er hat sich nie als unfehlbar gesehen. „Aber der Versuch, es richtig zu machen, war immer da. Und auch ein Bürgermeister bekommt schließlich alle sechs Jahre ein Zeugnis ausgestellt“, sagt er. Er durfte sich über gute „Noten“ freuen: „Am Ende haben mir die Menschen immer ihr Vertrauen geschenkt.“

    Die Arbeit im Stadtrat hat Gerhard Martin stets aus dem persönlichen Anspruch heraus geleistet, inhaltlich überzeugen zu wollen. „Gemeinsame Ziele zu schaffen, dafür hab ich immer gekämpft.“ Jeder Bürgermeister müsse immer wieder aufs Neue überzeugen können, um Mehrheiten für seine Ideen zu bekommen. Und auch wenn ihm oft eine große Nähe zur CSU, zu Leo Meier, nachgesagt wurde, ist es ihm wichtig festzustellen: „Über die Jahre sind immer wieder wechselnde Koalitionen gebildet worden – mit jeder Gruppierung. Ohne jemanden dabei ausgrenzen zu wollen.“

    Leo Meiers Part in der jüngsten Amtsperiode sieht er auch in dessen politischem Talent begründet. „Er hat bei der Entwicklung von Ideen immer wieder eine wichtige Rolle gespielt. Für mich war stets ausschlaggebend, wer gute Argumente hat und diese überzeugend rüberbringen kann.“ Dennoch sei beim „Duo“ Martin/Meier auch viel Legendenbildung im Spiel gewesen. „Wir waren oft nicht einer Meinung – und ganz sicher waren wir keine siamesischen Zwillinge“, erklärt Martin schmunzelnd.

    Dankbar für das Gelingen vieler Entwicklungen

    Als Martin die Stadt Rain vor 30 Jahren als Bürgermeister übernommen hat, zählte sie 6900 Einwohner mit Hauptwohnsitz. Heute sind es 8900. Diese Steigerung ist nicht zuletzt ein Indiz für ihn, dass Rain Lebensqualitäten in sich birgt. „Für mich war die Frage immer: Warum möchte jemand in einer Stadt wohnen?“ Die Antworten sieht er in Arbeitsplätzen und einer vielfältigen Infrastruktur. Auch bin Freizeitangeboten, an denen sich Vereine und Privatinitiativen beteiligen dürfen, ja sollen. „Oft fügen sich bei uns in Rain kleine Mosaiksteine zusammen, denn für die großen sind wir als Kommune manchmal zu klein.“

    Dankbar ist Gerhard Martin für das Gelingen vieler Entwicklungen. So wie die Stadt insgesamt da steht, darf er ohne falsche Bescheidenheit auch stolz auf die eigene Leistung sein. Viele Millionen wurde in 30 Jahren investiert, um Rain größer und schöner zu machen und dabei immer auch funktionstüchtig zu halten. Es gab die Altstadtsanierung, es gab Straßen- und Kanalbau, Neubaugebiete, Ansiedelungen von Unternehmen und vieles mehr. Welche Themen lagen dem scheidenden Bürgermeister besonders am Herzen?

    Kinderbetreuung liegt Martin am Herzen

    „Das war von Anfang an beispielsweise die Kinderbetreuung“, sagt Martin. „In der Kernstadt und in etlichen Stadtteilen haben wir die Kindertagesstätten ausgebaut und weiterentwickelt. Das hat sich für mich wie ein roter Faden durch 30 Jahre gezogen. Es ist ein Erfolg, dass wir neben dem reichhaltigen städtischen Angebot auch Ergänzungen wie etwa den Waldkindergarten haben.“

    Und die Schulen! Ja, auch die waren eine große Aufgabe, der sich Gerhard Martin als Schulverbandsvorsitzender mit viel Herzblut gewidmet hat – baulich wie inhaltlich. „Die Neubauten unserer Schulen hätte ich schon gerne bis zum Ende noch mitbegleitet“, verrät er.

    Gerhard Martin: „Ich wollte immer einen Mehrwert für unsere Stadt“

    Mit Freude schlendert er auch durch die sanierte Altstadt – zumal durch die Hauptstraße, die sich zum Schmuckkästchen gemausert hat. Bürgerspital, Schloss, Bayertorkomplex ... „da war manches städtebaulich heruntergekommen“. Heute gehen vielfach Ästhetik und zeitgemäße Nutzung Hand in Hand. „Ich wollte immer einen Mehrwert für unsere Stadt“, sagt Martin. „Und ich finde, das haben wir geschafft.“

    Was die Zukunft bringt, lässt er auf sich zukommen. Etwas anderes bleibt ihm eh nicht übrig. Bei der Weichenstellung für die neu gewonnene Freiheit steht die Familie ganz oben auf der Prioritätenliste. Aber auch mehr Sport darf es gerne sein, wie Martin sagt. Ein bisschen Politik bleibt ihm außerdem, da er weiterhin im Kreistag sitzt.

    Doch alles im allem vollzieht sich schon ein krasser Perspektivenwechsel: Weg vom Macher an vorderster politischer Front hin zum eher passiven Beobachter. „Ich lasse den Bürgermeister hinter mir“, hat sich Gerhard Martin vorgenommen, „und betrachte alles Neue, was kommt, künftig aus der Rolle des Bürgers.“

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