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Rain: Der Lech – ein Fluss in einem unhaltbarem Zustand

Rain

Der Lech – ein Fluss in einem unhaltbarem Zustand

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    Der Lech ist der am dichtesten mit Staustufen (hier die Staustufe bei Rain) verbaute Fluss Bayerns. Trotzdem sind seine Flora und Fauna einzigartig.
    Der Lech ist der am dichtesten mit Staustufen (hier die Staustufe bei Rain) verbaute Fluss Bayerns. Trotzdem sind seine Flora und Fauna einzigartig. Foto: Michael Hrouschka

    Der Lech ist ein Fluss voller Magie – historisch gesehen wie auch aus naturkundlicher Sicht ein Phänomen. Um ihn geht es in der nächsten Folge der Vortragsreihe in Rain, die die Bayerische Landesausstellungin Aichach/Friedberg „Stadt befreit. Wittelsbacher Gründerstädte“ begleitet. Am morgigen Donnerstag, 1. Oktober, 19 Uhr, spricht Dr. Eberhard Pfeuffer auf Einladung des Freundeskreises „Alt Rain“ im Bayertor-Saal über „Der nördliche Lech – ein besonderer Fluss“. Wir unterhielten uns vorab mit dem Referenten.

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    Sie sind Mediziner und stammen ursprünglich aus Würzburg, beschäftigen sich aber intensiv mit dem Lech, haben vier Bücher über den Fluss veröffentlicht und engagieren sich auch für ihn. Wie kam es zu dieser Leidenschaft? Gibt es ein Schlüsselerlebnis?

    Pfeuffer: Als ich vor 40 Jahren berufsbedingt nach Augsburg kam, wusste ich gerade, dass die Stadt am Lech liegt. Nach meinem ersten Ausflug in die Lechauen war ich sofort von dieser Landschaft begeistert. Im folgenden Jahr entdeckte ich noch einen naturnahen Flusslauf auf dem Lechfeld, sammelte Kieselsteine und beobachtete Wasservögel auf den Kiesbänken. Ein weiteres Jahr später war der Flussabschnitt zu einem riesigen trüben Wasserbecken aufgestaut. Von da an beschäftigte ich mich intensiv mit der Flussgeschichte und der zugehörigen Pflanzen- und Tierwelt.

    Warum ist der Lech ein Paradebeispiel für einen Wildfluss? Die Rainer kennen ihn vor allem als stark reguliert und in ein künstliches Flussbett gezwungen. Sie selbst schreiben auch über die weitgehende Zerstörung des mittleren und unteren Flusslaufs dieses einstmals wilden Alpenflusses. Was liegt Ihnen in da am Herzen?

    Pfeuffer: Der Lech war von allen Wildflüssen Bayerns aufgrund seines hohen Gefälles der reißendste. In seinem Tal lagen die größten Wildflussauen des gesamten bayerischen Voralpenlandes mit einer einzigartigen Pflanzen- und Tierwelt. Heute ist er – der artenreichste und ökologisch wichtigste – der am dichtesten mit Staustufen verbaute Fluss Bayerns. Trotzdem weist er eine einzigartige Fauna und Flora auf, die es unter allen Umständen zu erhalten gilt.

    Was ist das Besondere daran?

    Pfeuffer: Immer noch ist die Flora und Fauna der Lechauen, vor allem der Lechheiden, einzigartig. Alleine über die Schmetterlinge des Lechtals ließ sich ja ein Buch schreiben, „Am Lech. Lebensräume für Schmetterlinge“. Berühmt ist der Lech unter anderem für seine Vielfalt an Orchideen, und es gibt dort „Lechpflanzen“, die landesweit fast nur im Lechtal vorkommen. Eine davon ist der Klebrige Lein, der nördlich der Alpen nirgendwo so üppig blüht wie am Nördlichen Lech. Und am Nördlichen Lech wurde vor einigen Jahren von Experten ein seit hundert Jahren in Bayern als ausgestorben geltender kleiner Fisch, der Steingressling, gefunden – eine Sensation! Berühmt sind die Brutgebiete in dem international ausgewiesenen Schutzgebiet „Vogelfreistätte Feldheimer Stausee“.

    Muss man sich mit dem gegenwärtigen Zustand des verbauten Lechs zufrieden geben, oder gibt es Hoffnung auf „Besserung“?

    Pfeuffer: Der gegenwärtige Zustand des Flusses – hier sind sich Wasserbauer und Naturschützer einig – ist unhaltbar. Dies gilt besonders auch, wenn man die verbindliche Wasserrahmenrichtlinie der EU aus dem Jahre 2000 zugrunde legt. Eine große Hoffnung auf Besserung besteht durch das Projekt „Licca liber“ des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth. Bei der Planung des ersten Abschnitts dieses Projekts wurde deutlich, dass im zeitgemäßen Wasserbau ökologische Überlegungen eine wesentliche Rolle spielen – ein Paradigmenwechsel im Wasserbau am Lech! Die Umsetzung von „Licca liber“ im „Stadtwald Augsburg“ kann als Pilotprojekt gerade auch für den Nördlichen Lech gelten.

    Wie engagieren Sie sich als Naturschützer für den Lech?

    Pfeuffer: Es war und ist mir wichtig, die in Fachkreisen bekannte Bedeutung des Flusses auch allgemein bewusst zu machen. Deswegen habe ich die von Ihnen erwähnten Bücher geschrieben. Wesentliche Unterstützung erhielt ich vom Naturwissenschaftlichen Verein für Schwaben. Dieser Verein hat 2001 das Forschungsprojekt „Der Nördliche Lech – Lebensraum zwischen Augsburg und Donau“ initiiert und die Ergebnisse in dem gleichnamigen Sonderband publiziert. Wir veranstalten im Verein seit Jahrzehnten Führungen und Vorträge, um die Schönheit und Gefährdung des Lechs zu vermitteln.

    Seit der Römerzeit war der Lech stets auch ein wichtiger Transportweg. Warum hat er als solcher an Bedeutung eingebüßt?

    Pfeuffer: Der Lech war als Wildfluss nie schiffbar. Er war aber eine wichtige Floßstraße von Füssen bis Augsburg und weiter bis nach Wien und Budapest. Durch die Verbauung des Lechs zu einer Staustufenkette wurde die Flößerei unmöglich. Schon zuvor hatte sie jedoch durch die Eisenbahn wesentlich an Bedeutung verloren.

    Sie haben etwas, das mit dem Lech zu tun hat und das Sie als „Schatz meines Lebens“ bezeichnen. Worum handelt es sich?

    Pfeuffer: Der Schatz meines Lebens ist zwar meine Frau. Aber weitere Schätze habe ich am Lech gefunden. Dazu zählen unter vielem anderem die dort lebenden Bläulingsarten, deren Ökologie evolutionsbiologisch als besonderes Faszinosum gilt.

    Was liegt Ihnen besonders am Herzen, das Sie den Rainer Zuhörern mitgeben wollen, die ja den Lech in unmittelbarer Nähe haben?

    Pfeuffer: Die Rainer Zuhörer sind, wie alle Flussanrainer, eng mit ihrem Fluss verbunden. Ich will ihnen sagen, auch wenn sie es wissen, dass ihr Fluss ein ökologisches Potenzial besitzt, das ständig an Wert gewinnen wird – vorausgesetzt, „Licca liber“ wird in naher Zukunft auch an ihrem Flussabschnitt umgesetzt.

    Lesen Sie zu dieser Vortragsreihe auch:

    Das mittelalterliche Rain – ein Phänomen

    Rain und die Landesausstellung

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