Wer einigermaßen noch Sinn für das Schöne hat, muss sich stets an der alten Promenade als einem Schmucke der Stadt erfreuen und wer einmal bei glühender Hitze die Wohltat der Schatten spendenden Allee genoss, muss sie liebgewonnen haben.
Donauwörther Anzeigenblatt am 3. Juni 1891
Donauwörth Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts verloren die Stadtmauern ihre Bedeutung als Verteidigungsanlagen. Stadtgräben wurden trockengelegt und in Gärten umgewandelt. So geschah es auch in Donauwörth. Es war die Zeit, in der die Bayererische Regierung, an deren Spitze 1806 ein König (Max I. Joseph) stand, die Anlage von Alleen bei den Ausfallstraßen der Städte anordnete, in der auch in Donauwörth eine „Verschönerungskommission“ und ein Ausschuss zur Beförderung der Baumzucht tagten. Der damalige erste Municipalrat Franz Böhm kaufte für die Stadt die Überreste der Mangoldsburg und das umliegende Gebiet, um es in mehreren Jahren „zu nützlichen Gärten“ zu verwandeln. Mit dort kultivierten Pappeln konnte vom Nördlinger Tor bis zum Dorf Berg eine Allee gepflanzt werden.
Der Stadtschreiber Georg Rheiner begann 1803 „auf dem offiziellen Spaziergang“ vom Lederertor bis zur Unglücksmühle eine Pappelallee parallel zur Stadtmauer anzulegen, jene „Alte Allee“.
Ab 1849 war es mit der Beschaulichkeit und dem Erholungscharakter zu Ende. Die staatlich-Königlich-Bayer. Eisenbahn brachte den Anschluss der Stadt an das Eisenbahnnetz. Parallel zur „Alten Allee“ von 1803 führten die Geleise über eine Brücke nahe Mangoldstein, durchschnitten die neu verlängerte Promenade und tauchten in den 161 Meter langen Tunnel unter der Berger Vorstadt ein. Im nahen Bereich des heutigen „Maximilium“ entstand ein Bahnhof. Nach Süden zum Schellenberg waren Stützmauern gegen den rutschenden Schellenberg und eine Tunnelüberfahrt zum Krebskeller und auf den Schellenberg errichtet worden. Beide Bauwerke stellen heute noch den Eingangsbereich der Promenade von der Förgstraße her dar.
Durch Initiative von Bürgern
Erst mit dem Bau der Donautalbahn 1877 und der Verlegung des Bahnhofs an den Südwesten der Stadt wird die Promenade ihren Charakter wiederfinden. Mit dem Kauf des Bahnareals 1877 und 1881 durch die Stadt kann die Verschönerung durch Anpflanzen von Bäumen und Ziersträuchern durch einen Verein, also durch Initiative von Bürgern, vorgenommen werden.
In der Promenade kann der Spaziergänger auch Momente der Stadtgeschichte erleben. Am Rande des Gartens des heutigen Seniorenheims steht die Maria Schneekapelle. Sie wurde an dieser Stelle erbaut, stand aber ursprünglich an der Zirgesheimer Straße oberhalb des alten Donauhafens. An dieser Stelle sind viele Soldaten aus der Schlacht am Schellenberg (1704) begraben worden. Die Kapelle musste aber der Eisenbahn weichen. 1853 ließ der Kaufmann Franz A. Dietrich die Kapelle in seinem Garten an der Promenade beim Weg, der zum Kalvarienberg führt, errichten.
Übrigens: Der Name der Kapelle soll der Baulegende nach an eine Kopie des Gnadenbildes der größten Marienkirche in Rom (Santa Maria Maggiore) erinnern: Papst Liberius (352–366) hätte demnach von der Himmelsmutter Maria im Traum den Auftrag erhalten, dort eine Kirche bauen zu lassen, wo am 5. August 352 n.Chr. Schnee gefallen sei.
Mit den Jahren hat sich die Promenade stets gewandelt. Heute lassen sich vier Abschnitte unterscheiden (von Norden nach Süden):
l Kinderspielplatz Bis zum Jahre 1976 war der heutige Kinderspielplatz Spielwiese und Sammelplatz zum Kinderfest. Das „Spielbergl“ ist der Rest aufgeworfenen Materials vom Eisenbahnbau. Eine Winterlinde kann sich prachtvoll ohne Konkurrenz entwickeln. Wochentags wie sonntags wird dieser von der Stadt gepflegte Platz von vielen Kids und Eltern besucht und kann deshalb als Kommunikationsoase der Stadt angesehen werden.
lVon der Kaibachbrücke bis zum Springbrunnen Beim Spaziergang erlebt man nicht nur die verschiedenen Vegetationszeiten, sondern auch Phasen der jüngeren Stadtgeschichte. Waren es am Anfang des 19. Jahrhunderts zunächst schnellwüchsige Pappeln, die in der „Alten Promenade“ den Kaibach begleiteten, sind es heute vor allem Winterlinden, die vom Spielplatz aus den Weg zum Springbrunnen mit ihrem hohen, schlanken Wuchs diesen Abschnitt der Promenade wie das Gewölbe eines gotischen Doms erscheinen lassen. Die unterschiedlichen Blattbildungszeiten von Kastanien, Winterlinden, Platanen, Weiden und Birken entlang des Fußweges sorgen für wechselnde Sinneseindrücke während der Jahreszeiten. Dunkle, sehr hochgewachsene Fichten, Eibenbüsche, aber auch der im Herbst goldgelbe Ginkgo und die aus Ostasien stammenden Tulpenbaum, Magnolien und Trompetenbaum erwecken im Spaziergänger Erinnerungen an heimische Flora, aber auch an Reisen in ferne Länder. Rot leuchtende Blätter des Blutahorns, auch dunkle Thujenbäume sind zwischen Kaibach und Käthe-Kruse-Weg zu entdecken.
Eine Bronzegedenktafel auf einem Juradolomitblock erinnert an die Heimkehrer und Vermissten vom 4. Oktober 1959. Sie weist auf die Leiden und die Trauer der im letzten Weltkrieg beteiligten Soldaten hin. Und ein paar Schritte weiter hat auf einer Granitstele 2006 die Sudetendeutsche Landsmannschaft eine Bronzetafel angebracht – im Gedenken an ihre Vertreibung.
Neue Überlegungen
lSpringbrunnen Wie Georg Liepert in seiner Monografie über die Entstehung der Promenade schreibt, gehen die Ursprünge des Springbrunnens bis in das Jahr 1881 zurück, also ins Gründungsjahr des Verschönerungsvereins. Auf einem Teil der ehemaligen Eisenbahndrehscheibe hatte der damalige Verschönerungsverein die neue „Obere Promenade“ geschaffen und den Brunnen an diese Stelle gesetzt. Mehrmals wurde seine Gestaltung im Laufe der Zeit verändert. Alte Aufnahmen etwa von 1897 zeigen, dass der Wasserstrahl aus einem Juragesteinsblock einstrahlig spritzte und der Brunnen von einem geschmiedeten Schutzgitter umgeben war. In letzter Zeit wird wieder vom Stadtrat über die Umwidmung diskutiert, denn er soll durch ein Egk-Denkmal ersetzt werden.
Erinnerung an Ehrenbürger
lVom Springbrunnen bis zum Wetterhäuschen Am Wetterhäuschen ist der geschichtliche Werdegang auf einer Bronzetafel vermerkt: Diese Allee war von 1849–1877 Teilstrecke der Nord-Süd-Bahnlinie von Donauwörth über Nördlingen nach Nürnberg. In Jahr 1991 wurde die Promenade durch weitere Gedenktafeln und ein Denkmal bereichert: Eine Bronzeplastik zu Ehren von Werner Egk versinnbildlicht das zentrale Motiv der ersten Oper des Ehrenbürgers: Der Zaubergeigenbrunnen.
lVom Wetterhäuschen bis zur Förgstraße Hier ist 1991 eine „Stele der Begegnung“ enthüllt worden. Auf einer Tafel im Blumenbeet ist zu lesen: Mit der Heimat im Herzen, Patenschaft 1981 zwischen Donauwörth und Lovrin/Banat.
Jährlich zwei Anpflanzungen
l Der Kaibach durchläuft die gesamte Anlage, parallel zum Weg und der „Unteren Promenade“ (Radweg). Er entspringt in der Nähe von Bertenbreit (auch Schlössle genannt) und gehört zu den Gewässern 3. Ordnung. Hochwasser führt er häufig im Dezember oder im Mai/ Juni. Zweimal pro Jahr werden die Blumenrabatten von den Stadtgärtnern neu angelegt. Die Rasenflächen am Abhang vom Weg zum Kaibach zeigen vor allem im Frühjahr eine hohe Dichte von Frühjahrsblühern.
Das Blumenmeer geht kontinuierlich über in verschiedenfarbige Inseln von Tulpen und Hyazinthen, Narzissen, Osterglocken und Gruppen von Traubenhyazinthen. Und über diesem Blumenteppich hängen im Frühjahr die hellgrünen Zweige der Trauerweiden, die in der Nähe des Kaibachs wunderbar gedeihen.
l Im letzten Abschnitt der Promenade ist dort, wo der Krebsweg in die obere Promenade mündet, ein Gebäude, das im Jahr 1889 als Amtsgebäude für die Brandversicherungsinspektion (heute: Privathaus) errichtet wurde. Folgt man dem Wege weiter, steht auf der linken Seite ein Wohnhaus, das anstelle des Wasserhauses an der Stützmauer zum Schellenberg steht. Es diente damals zur Versorgung der Dampflokomotiven mit Wasser. Eine letzte Gedenktafel (vom Rotary-Club errichtet) steht gegenüber dem Standort des ehemaligen Progymnasiums (1889–1945), das aus dem Hauptgebäude des Bahnhofs durch Umbau hervorgegangen war.
l Den Weg am ehemaligen Standort des Bahnhofs, des späteren Progymnasiums und des Ärztezentrums „Maximilium“ (früher: Hotel Krebs), wird von jungen Vogelbeerbäumen begleitet.