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Mit Bille und Hammer gegen den Zahn der Zeit

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Mit Bille und Hammer gegen den Zahn der Zeit

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    Jörg Reif (oben links) und Wolfgang Strakosch bei der Restauration der Borsflether Windmühle im Hessenpark. Der Dillinger Strakosch sucht dringend nach einem Nachfolger, der das alte Handwerk erlernen möchte. Fotos: privat
    Jörg Reif (oben links) und Wolfgang Strakosch bei der Restauration der Borsflether Windmühle im Hessenpark. Der Dillinger Strakosch sucht dringend nach einem Nachfolger, der das alte Handwerk erlernen möchte. Fotos: privat

    Auf Montage

    Das Interesse am Müllerwesen hat der gebürtige Dillinger schon in frühester Kindheit entwickelt. Da seine Freunde als Müllerssöhne oft im Familienbetrieb in Donaualtheim helfen mussten, sei er dort praktisch mit aufgewachsen. "Als dynamischen Typ hat mich besonders fasziniert, wie das Wasser alles antreibt", scherzt Strakosch und fährt sich dabei mit der Hand durch sein kurzes, gräuliches Haar. Nach dem Abitur und der Zeit bei der Bundeswehr sei es für ihn naheliegend gewesen, dort auch die Lehre zum Müller zu machen. Kurz darauf folgte die Lehre zum Landwirt. Nachdem er lange Zeit in diesen Berufen gearbeitet hat, entschloss er sich Anfang der 90er Jahre zum Studium der Sozialpädagogik in Heidenheim. Seither ist er als Erzieher im Bereich Jugendarbeit tätig und leitete vorübergehend ein Schülerheim in Giengen.

    Doch in all den Jahren ließ ihn die Liebe zum Mühlenbau nicht mehr los. Das seltene Handwerk lernte Strakosch kurz nach der Lehrzeit. Da er seine Mühlsteine selbst reparieren und schärfen wollte, habe er sich auf die Suche nach jemandem gemacht, der das alte Wissen noch vermittelte.

    Dabei stieß er auf zwei Mühlenbaumeister in der dritten Generation, die ihn immer wieder mit auf Montage nahmen. "Das Handwerk wird seit jeher mündlich überliefert. Es gibt keine Aufzeichnungen", sagt Strakosch. Und so war er darauf angewiesen, genau auf alle Anweisungen zu achten. Er musste sich die Technik bis ins Detail abschauen und selbst aneignen. "Manches konnte ich dabei sogar noch perfektionieren", sagt der Pädagoge. Doch schon damals gab es keine Lehrstelle mehr für den Beruf und so ist Strakosch heute als einziger und letzter "historischer" Mühlenbauer in die Handwerksrolle eingetragen.

    Als sich die beiden Meister dann zur Ruhe setzten, machte Strakosch alleine weiter. Und die Nachfrage nach scharfen Mühlsteinen war groß: Zwischen Schwarzwald und Hessen, Bayerischem Wald und Südtirol war er schon überall unterwegs.

    Seine Kunden sind vor allem Biobauern, Biobäckereien und Museen. Im vergangenen August hat er die königlich-dänische Borsflether Windmühle aus dem Jahr 1822 im Hessenpark wieder zum Laufen gebracht. Demnächst restauriert er eine Mühle in Bischofsheim an der Rhön, die unter Denkmalschutz steht. Er ist stolz, dass alle Mühlen, an denen er gearbeitet hat, Mehl mahlen, das auch gegessen wird. Strakosch spürt eine Rückbesinnung der Menschen zur Natur: Das sei ein Grund, weshalb viele genau wie er industriell gemahlenem Mehl nichts abgewinnen könnten. Über einen Rückgang an Aufträgen mache er sich jedenfalls keine Sorgen.

    Lange Kette reißt ab

    Den Reiz seiner Arbeit sieht Strakosch in der Jahrtausende alten Tradition des Handwerks. Zudem schaffe er etwas, das bleibt: Lange nach seinem Tod würden die Steine noch mahlen. "Grabungsfunde fördern römische Mühlsteine, die so gut wie einsatzbereit sind", sagt der Handwerker. Doch droht mit ihm die lange Kette abzureißen, in der das Wissen um diese Kunst immer nur praktisch vermittelt wurde.

    Seit Jahren bemüht sich Strakosch vergeblich um einen Nachfolger: "Ich suche dringend jemanden, der Interesse am Mühlenbau hat. Das müsste allerdings aus Liebe an der Sache oder nebenberuflich geschehen." Es ist ihm eine Herzensangelegenheit, dass der Mühlenbau nicht ausstirbt.

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