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Mertingen: Mertingen: Landwirte wehren sich gegen Reaktivierung von Moorgebiet

Mertingen

Mertingen: Landwirte wehren sich gegen Reaktivierung von Moorgebiet

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    Die Biber sollen am Stadelbach fleißig aufstauen, damit sich Mulden mit Wasser füllen.
    Die Biber sollen am Stadelbach fleißig aufstauen, damit sich Mulden mit Wasser füllen.

    Jetzt müssen es die Biber richten. Von ihnen gibt es einige im Niedermoorgebiet der „Lauterbacher Ruten“ in Mertingen. Eigentlich wollte die Regierung von Schwaben ihnen dabei helfen, den das Gebiet am Rande des Natuschutzgebietes Mertinger Höll wieder zu vernässen, also zu befeuchten. Die Naturschutzbehörde hatte bereits Pläne erarbeitet. „Wir können diese aber nur umsetzen, wenn wir die Unterstützung der Gemeinde Mertingen haben“, erklärte Regierungsvertreter Günter Riegel im Gemeinderat. In einer Kampfabstimmung verwehrte das Gremium aber die Mithilfe ab.

    Bis Anfang der Fünfzigerjahre haben die Bauern in der Gegend nach Torf gestochen. Es war seinerzeit ein günstiges Heizmaterial. Dann aber verlor das Torfstechen seine Bedeutung. Seither kämpft zum Beispiel der Bund Naturschutz um den Erhalt der Nieder- und Anmoorkomplexe – vermehrt mit staatlicher Unterstützung. Mit Argusaugen verfolgen die Landwirte diese Bemühungen: Sie fürchten eine sogenannte „nasse Enteignung“.

    Ausgetrocknetes Moor bei Mertingen: Warum es für den Naturschutz wichtig wäre, dieses wieder zu reaktivieren

    „Wir haben nun einen größeren Flächenkomplex, den wir im Sinne des Naturschutzes entwickeln sollen“, erläuterte Günter Riegel. In der Flurneuordnung der Nachbargemeinde Lauterbach hatten drei Käufer Grundstücke erworben, die nun für den Naturschutz zusammengeführt wurden: der Landkreis Donau-Ries, der Bund Naturschutz und die Lech-Elektrizitätswerke. Ideal, wie die Befürworter des Projekts meinen, denn direkt daran grenzt ein Areal an, in dem Wiesenbrüter gerne Nester anlegen.

    Dreh- und Angelpunkt im 85 Hektar großen Gebiet ist der Stadelbach, der Name des Oberlaufs des Gumpenbachs, der an der Landkreisgrenze zum Moosgraben führt. Anlieger am Moor sind Landwirte, die nun befürchten, dass ihre Flächen mit der Zeit ebenfalls durchnässt werden. Günter Riegel versuchte, dies zu entkräften: „Wir werden Pegel aufstellen, um den Wasserstand zu kontrollieren. Sollte es wirklich zu einer Vernässung der umliegenden Flächen kommen, müssten Entschädigungszahlungen erfolgen.“

    Ins ausgetrocknete Leipheimer Moos wird seit Ende März gezielt Wasser eingeleitet. Es ist die erste Vernässung eines Niedermoors in Bayern.
    Ins ausgetrocknete Leipheimer Moos wird seit Ende März gezielt Wasser eingeleitet. Es ist die erste Vernässung eines Niedermoors in Bayern. Foto: Foto: Thomas Henle

    Weil Moore „Klima-relevant“ seien und entwässerte Niedermoore wie die Lauterbacher Ruten mit dazu beitragen, dass die Gesamtemissionen Bayern aus der Nutzung fossiler Energieträger steigen, sei der Erhalt der Moore wichtig. Deshalb, so Riegel, stünden eigene Fördermittel aus dem bayerischen Klimaprogramm zur Verfügung. Die Biodiversität solle gefördert werden, weshalb der größte Teil der Flächen durch Landwirte weiter extensiv genutzt werden soll. Riegel: „In die Beweidung will niemand eingreifen. Sie ist ein wichtiger Bestandteil.“

    Was aber war nun geplant? Der Wasserablauf des Stadelbachs sollte verzögert und gelenkt werden. Dadurch wollte die Regierung das Wasser über Geländemulden verteilen. Eine bessere Durchfeuchtung ohne großflächigen Überstau sei angestrebt. Wasser hätte aber auch aus dem Bach zu den Naturschutz-Bund-Grundstücken ausgeleitet werden sollen, vornehmlich in der Zeit, in der die Wiesenbrüter in der Höll anzutreffen sind.

    Mertinger Gemeinderäte machen sich zum Sprecher der Landwirte

    Naturschützer hatten zuletzt immer wieder auf die angepasste Bewirtschaftung hingewiesen. Ohne sie, so das Argument, würde sich schnell eine Verbuschung einstellen und letztlich ein Wald entstehen. Aufgrund ihrer Lage in ökologisch wertvollen und sensiblen FFH- (Fauna-Flora-Habitat) und Vogelschutzgebieten bedürfen die Flächen nach Ansicht der Naturschützer aufgrund der Artenausstattung und Lebensräume jedoch einer Offenhaltung, auf die etwa der Große Brachvogel, Bekassine und Kiebitze angewiesen sind.

    Zum Sprecher der Landwirte machten sich im Gremium mehrere Räte. In erster Linie äußerte aber Josef Steidle (PWG/FW), der Referent für Umwelt und Natur, seine Ablehnung und führte an, dass es in Bayern bereits 594 Naturschutzgebiete gäbe. Er forderte außerdem einen finanziellen Ausgleich für die Jagdgenossenschaft. „Wie stark will man Landwirte noch weiter belasten?“, fragte Josef Saule (Unabhängige Bürgerliste). Hannes Schweihofer (CSU) mahnte, dass man auch im Kleinen ansetzen müsse, um große Klimaziele zu erreichen. Man stehe in der Verantwortung für nachfolgende Generationen und müsse sehen, „welchen Treibhauseffekt trockene Moore haben“. Stefan Vill (PWG/Freie Wähler) erklärte, er halte ohnehin nichts von den Ankäufen in der Höll durch den Bund Naturschutz. Martina Götz (Grüne), ebenfalls Referentin für Umwelt und Natur, signalisierte ebenfalls ihre Ablehnung für die Regierungspläne. Sie plädierte dafür, „die Natur sich selbst zu überlassen“.

    Am Ende signalisierten acht Gemeinderäte ihre Zustimmung zur weiteren Planung, neun waren aber dagegen. Die Naturschützer und Befürworter setzen nun auf die Biber am Stadelbach, die diesen fleißig aufstauen. Dadurch fließt das Wasser in die Mulden. Ein Beobachter unter den Zuhörern: „Der Stadelbach ist der eine Graben, ein anderer verläuft wohl durch den Gemeinderat.“

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