Was eigentlich dazu gedacht war, den fünf neuen Mitgliedern im Gemeinderat in Mertingen einen tieferen Einblick in die Finanzen der Kommune zu geben, entwickelte sich in eine ganz andere Richtung: Während Kämmerer Jörg Baumgärtner ein umfangreiches Zahlenwerk vorstellte, gab es eine kontroverse Diskussion. Der aktuelle Anlass: Mertingen muss in diesem Jahr aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie mit erheblichen Einbußen bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer rechnen.
„Wir werden 1,5 Millionen Euro verlieren“, bilanzierte der Kämmerer in seinem Finanzbericht. Diese Summe werde man von den ursprünglich im Haushalt vorgesehenen Einnahmen in Höhe von 5,6 Millionen Euro abziehen müssen. Besonders bitter sei, dass ausgerechnet in diesem Jahr die Kreisumlage mit 3,4 Millionen Euro relativ hoch ausfalle. Die Pro-Kopf-Verschuldung der Gemeinde bezifferte Baumgärtner auf 929 Euro. Man sei mit einem Barvermögen von 5,8 Millionen Euro ins Jahr gestartet. Wie es Ende 2020 aussehe, sei derzeit fraglich.
"Gefährliche Tendenz nach unten"
Eine gefährliche „Tendenz nach unten“ sahen Stefan Vill (PWG/FW), Wolfgang Kurka und Josef Saule (beide UBL). Sie befürchten mit einem Blick auf die Finanzprojektion für die nächsten Jahre, „dass die Rücklagen immer stärker schmelzen“. Da müsse man entgegensteuern, so Kurka. Gerade im Bereich der Wasserversorgung seien in den vergangenen Jahren hohe Kredite aufgenommen worden, die Gebühren außerdem nicht entsprechend angepasst worden, monierte Saule.
Kämmerer Baumgärtner wie etliche Gemeinderäte, darunter Vize-Bürgermeister Albert Reiner (CSU), widersprachen dieser Darstellung. Man habe in diesem Bereich rund sieben Millionen Euro Schulden, das seien aber rentierliche Schulden. Sie würden sukzessive durch Gebührenzahlungen abgebaut. „Aber wir haben im Bereich Wasser weitere, große Investitionen zu bewältigen“, fügte Saule an.
"Es ist nicht so, dass wir kurz vor dem Bankrott stehen"
„Die Einnahmesituation ist natürlich alles andere als erfreulich“, erklärte Bürgermeister Veit Meggle. „Aber es ist nicht so, dass wir kurz vor dem Bankrott stehen“. Christine Riepold (CSU) gab den Rat, weiter zu investieren. Auch die Bundesregierung versuche, damit die Konjunktur wieder anzukurbeln. In einer Kommune, so Riepold, könne und dürfe man nicht so wirtschaften wie in einem Privathaushalt.
Im Nachgang äußerte sich Bürgermeister Meggle zuversichtlich. Es sei ihm nicht bange, werde sich die Situation doch möglicherweise bereits wieder zum Ende des Jahres verbessern. Und schließlich sei die Gewerbesteuer nicht die einzige Einnahmequelle der Gemeinde Mertingen.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Helmut Bissinger:
https://www.augsburger-allgemeine.de/donauwoerth/Investieren-oder-Sparen-id57542951.html