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Mertingen: Bürgermeister Albert Lohner: „Zu einem Dorf gehört ein Wirtshaus“

Mertingen

Bürgermeister Albert Lohner: „Zu einem Dorf gehört ein Wirtshaus“

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    Blicken zufrieden auf die vergangenen fünf Jahre zurück: Franz Nosalski (links), Pächter der Alten Brauerei in Mertingen, und Bürgermeister Albert Lohner.
    Blicken zufrieden auf die vergangenen fünf Jahre zurück: Franz Nosalski (links), Pächter der Alten Brauerei in Mertingen, und Bürgermeister Albert Lohner. Foto: Manuel Wenzel

    Wer durch das Zentrum von Mertingen fährt, kommt – im wahrsten Sinne des Wortes – kaum an der Alten Brauerei vorbei. Die Historie des Wirtshauses reicht mehrere Jahrhunderte zurück, bereits 1665 wird im Mertinger Pfarrbuch die Hochzeit eines „Gastwirts“ vermerkt. 1906 wird das Bräuhaus neu gebaut, es folgt eine wechselhafte Geschichte. 1996 erwirbt die Gemeinde das Areal in der Ortsmitte, das zu diesem Zeitpunkt brach liegt. 2011 dann der Startschuss zur Wiederbelebung der

    Herr Lohner, Ziel des Gemeinderats war es damals, neben einer Dorfwirtschaft auch einen gesellschaftlichen Mittelpunkt für Veranstaltungen zu schaffen. Dieser Plan ist offenbar gut aufgegangen.

    Lohner: Das Projekt „Alte Brauerei“ war Teil unseres Konzepts zur Innerortsentwicklung. Wir hatten einige Gewerbebrachen, eine davon war die in die Jahre gekommene Brauerei. Da wir auch keinen Gemeindesaal hatten, haben wir gesagt: Lasst uns gleich etwas Gescheites machen. So haben wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

    Es gab aber auch kritische Stimmen, die gesagt haben, eine Gastronomie zu bauen sei nicht Aufgabe einer Kommune.

    Lohner: Ja, diese Ansichten gab es. Aber meiner Meinung nach gehört zu einem Dorf – neben Kirche und Rathaus – auch ein Wirtshaus. Wir hatten ja auch keine Örtlichkeit für Vereinsfeste und Familienfeiern. Auch unsere Firmen verlangten nach einer Gastronomie am Ort. Darum haben wir das Projekt angepackt.

    Billig war das Ganze aber nicht – im Gegenteil.

    Lohner: Wir haben in die Gastronomie und den Saal rund 5,5 Millionen Euro investiert, mit dem Stadel waren es insgesamt knapp 6 Millionen Euro.

    Hat es sich gelohnt, so viel Geld ausgegeben zu haben?

    Lohner: Definitiv. Neben den Pachteinnahmen durch die erfolgreiche Bewirtschaftung zählen zum Mehrwert vor allem die Frequenzen in diesem Haus. Hier pulsiert das öffentliche Leben. Wir wollten damals etwas Vernünftiges machen – und etwas Hervorragendes ist daraus geworden.

    Herr Nosalski, können Sie anhand einiger Zahlen deutlich machen, was sich bei Ihnen im Haus so tut?

    Nosalski: Wir haben 127 Plätze im Restaurant, im Schnitt kommen täglich 170 Gäste zu uns. Dazu kommen 150 Essen für die Kinderbetreuung und Schulen in Mertingen. Wir haben hier jährlich 120 Veranstaltungen im Saal, ursprünglich geplant waren einmal 25 bis 30. Mittlerweile arbeiten hier 70 Leute, umgerechnet sind das 30 Vollzeitstellen. Insgesamt kommen so jeden Tag 120 Arbeitsstunden zusammen.

    So etwas wie einen Ruhetag gibt es ja nicht, oder?

    Nosalski: Nein. Wir haben nur zwei Tage im Jahr zu: An Heiligabend und an unserer Betriebsfeier. Ansonsten ist jeden Tag von 10 bis 22 Uhr die Küche offen.

    Neben der Gastronomie gibt es auch Übernachtungsmöglichkeiten.

    Nosalski: Richtig. Wir haben 19 Zimmer, wobei Bedarf für mehr da wäre. Der Großteil der Hotelgäste sind Geschäftsleute, das Einzugsgebiet in diesem Bereich ist mittlerweile recht groß.

    Ist die Alte Brauerei aus Mertingen heute noch wegzudenken?

    Lohner: Für mich wäre ein Dorfleben ohne die Alte Bauerei nicht mehr vorstellbar. Und auch in der Bevölkerung gibt es eine große Affinität mit dem Haus, die Leute kommen gerne – auch diejenigen, die anfangs nicht so überzeugt waren.

    In Bayern verschwinden immer mehr Wirtshäuser aus den Dörfern. Ließe sich das „Modell Mertingen“ auf andere Kommunen übertragen?

    Lohner: Im Prinzip ja. Es kann natürlich nicht überall eins zu eins realisiert werden, die Investitionssumme spielt schließlich eine entscheidende Rolle. Aber es rentiert sich auf jeden Fall, dass sich eine Gemeinde um ihr Wirtshaus kümmert. Und das Projekt zahlt sich aus, wenn es auf die Bedürfnisse vor Ort angepasst ist und die Dimensionen stimmen. Es braucht aber definitiv einen Platz im Ortskern, wo sich die Bürger treffen können. Es ist doch auch selbstverständlich, dass wir in Kindergarten oder -krippe investieren. Und es ist doch kein Zustand, wenn man für gesellschaftliche Anlässe wie Taufe oder Beerdigung keine Möglichkeiten am Ort hat. Nosalski: Es waren schon Bürgermeister und Gemeinderäten aus anderen Orten hier, die sich das Konzept angeschaut haben. Vielleicht kann Mertingen bei diesem Thema als Vorbild dienen.

    Nosalski: Es waren schon Bürgermeister und Gemeinderäten aus anderen Orten hier, die sich das Konzept angeschaut haben. Vielleicht kann Mertingen bei diesem Thema als Vorbild dienen.

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