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Landkreis Donau-Ries: Welche Rolle spielt Rassismus in der Region?

Landkreis Donau-Ries

Welche Rolle spielt Rassismus in der Region?

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    2016 hieß es in Donauwörth „Hand in Hand gegen Rassismus“ – eine gemeinschaftliche Aktion des Jugendzentrum Donauwörth, der Aktion Anker und Pro Asyl.
    2016 hieß es in Donauwörth „Hand in Hand gegen Rassismus“ – eine gemeinschaftliche Aktion des Jugendzentrum Donauwörth, der Aktion Anker und Pro Asyl. Foto: Diana Pfister

    Weltweit protestieren Menschen gegen Rassismus. Die Gewalttaten an schwarzen US-Amerikanern haben das Thema wieder in den Fokus gerückt. In München gehen 20000 Menschen auf die Straße, um gegen ungleiche Behandlung und gegen Hass zu demonstrieren. Aktuell gibt es in der Region keine öffentlichen Proteste dieser Art. Dennoch passieren auch hier Fälle von

    Handgemenge und Schläge vor einer Tankstelle

    Es ist der späte Abend des 14. September 2019, als zwei Männer vor einer Nördlinger Tankstelle stehen und Bier trinken. Sie sind betrunken, die Zungen sitzen ihnen locker. Als zwei andere Kunden an der

    Dieser Vorfall ist dokumentiert, weil die jungen Afrikaner Anzeigen gegen die zwei Rieser erstattet haben. Sonst aber ist es mühsam, ein klares Bild davon zu bekommen, ob es rassistische Vorkommnisse im Landkreis gibt.

    Die Polizeistatistik zumindest kann nicht bedient werden, denn die listet Vergehen oder Straftaten nicht nach dem Motiv auf. Aus welchem Grund jemand beleidigt oder körperlich angegangen wurde, wird nicht erfasst. Nur das Vergehen an sich.

    Einziger Hinweis, so Michael Jakob vom Polizeipräsidium Schwaben Nord, sei eine Auswertung im Bereich der „Politisch motivierten Kriminalität (PMK)“, wo nach Fällen im Bereich Rechts, Links sowie Ausländer unterschieden wird. Im Sicherheitsbericht der Polizei für Nordschwaben sind im Bereich „Ausländer“ neun Straftaten gelistet (2018: elf), darunter eine Sachbeschädigung, ein Fall von Volksverhetzung und ein Propagandadelikt.

    Disko-Türsteher lässt Dunkelhäutige nicht ein

    Betroffene berichten von Erlebnissen im Alltag, die sie als Rassismus wahrnehmen. 2018 schildern zwei junge Männer aus Nigeria, sie seien in einer Nördlinger Diskothek wegen ihrer Hautfarbe nicht eingelassen worden. Der Betreiber des Clubs hatte dieses Vorgehen eines Türstehers verurteilt.

    Von politischer oder sozialer Seite gibt es keine zentrale Stelle, die sich mit dem Thema Rassismus vor Ort beschäftigt. „Dieser Bereich liegt im Landkreis weitgehend brach“, sagt Kreis- und Bezirksrat Albert Riedelsheimer von den Grünen. Er engagiert sich seit Jahren für Menschenrechte, ist Mitglied bei Pro Asyl und hat für die Diakonie im Ankerzentrum Donauwörth gearbeitet.

    Es seien nicht nur geschilderte Erlebnisse bekannter Migranten, sondern auch eigene Erfahrung, die ihm zeigte, dass es notwendig sei, Rassismus in der Gesellschaft offen zu benennen. Als er vor einigen Jahren mit einer Gruppe dunkelhäutiger Jugendlicher auf Ferienfreizeit war, habe er versucht Bus und Bahn zu meiden. „Da fühlt man sich ganz schnell als Fremdkörper“, so Riedelsheimer. Er denkt auch an Ereignisse wie die Kandidatur des muslimischen CSU-Politikers Sener Sahin, der sich um das Amt des Bürgermeisters in Wallerstein bemüht hatte.

    Erstmals kümmert sich der Sozialausschuss um Integration

    Riedelsheimer ist froh, dass sich der Sozialausschuss im Kreis nun erstmals auch um das Thema Integration kümmere. Zudem wünsche er sich gerade in der Stadt Donauwörth, wo Menschen aus über 100 Nationen leben, aber auch durch das Ankerzentrum viele Vorurteile gegenüber Schwarzen geschürt worden seien, einen Integrationsbeirat. Eine Initiative seinerseits sei bisher gescheitert. „Wir müssen mehr Sensibilität entwickeln“, sagt Riedelsheimer. Er stellt sich vor – ähnlich wie in Nördlingen –, interkulturelle Themenwochen zu organisieren und so mehr Verständnis und Wissen über andere Kulturen, Nationen und Hautfarben an die Bürger heranzutragen.

    Gleiches Ziel haben auch die Netzwerkschulen „Schule ohne Rassismus –

    Jeweils 70 Prozent der Schüler haben sich mit ihrer Unterschrift verpflichtet, sich künftig gegen Diskriminierung einzusetzen. „Wir haben gemerkt, dass rassistische Bemerkungen oder Witze in unseren Schulalltag immer wieder vorkamen“, sagt Schulleiter Peter Müller. Deshalb habe man sich diesem Thema angenommen, „um dem schleichenden Einzug von Rassismus etwas entgegenzusetzen“. Es gäbe jetzt konkrete Vertrauenslehrer, die ein offenes Ohr für Schülerinnen haben, die sich angepöbelt oder diskriminiert fühlen.

    Wir sind ein bunt gemischtes Völkchen

    Einmal im Jahr gibt es große Projekte oder Veranstaltungen – 2019 haben die Schülerinnen beispielsweise ihre eigene Abstammung rekonstruiert. Müllers Fazit: „Wir haben festgestellt, dass unsere Schulfamilie ein bunt gemischtes Völkchen ist.“

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    Rassismus: Vier Menschen aus der Region erzählen

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