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Landkreis Donau-Ries: Tiermisshandlung in 49 Fällen: Ehepaar verurteilt

Landkreis Donau-Ries

Tiermisshandlung in 49 Fällen: Ehepaar verurteilt

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    Ein Helfer des Tierheims kümmert sich um einen der Hunde auf dem Anwesen.
    Ein Helfer des Tierheims kümmert sich um einen der Hunde auf dem Anwesen. Foto: Foto: Sonja Hoffmeister

    Es müssen verstörende Bilder gewesen sein, die sich im vergangenen November den Mitarbeitern von Veterinäramt und der Polizei geboten haben. Bei der Kontrolle eines Anwesens im Lechgebiet stießen sie auf 46 verwahrloste Hunde, die in durchwegs verkoteten Räumen in Wohnhaus und Nebengebäuden eingesperrt waren. Die Tiere waren zum Teil dramatisch unterernährt, verdreckt, apathisch, verhaltensgestört und körperlich krank. Eine völlig ausgezehrte tote Hündin wurde in Exkrementen liegend in einer umgedrehten Schublade gefunden. Drei skelettierte, beziehungsweise mumifizierte Katzen lagen in einem verrammelten Hühnerstall, aus dem sie kein Entkommen gefunden hatten. Vier Welpen – erst wenige Tage alt – waren mutterseelenallein in einer Kiste untergebracht.

    Die Bewohner des Hofes und Halter der Tiere – ein Ehepaar – mussten sich gestern vor dem Schöffengericht in Nördlingen wegen Tiermisshandlung durch Unterlassung in 49 Fällen verantworten. Vorsitzende Ruth Roser verurteilte die 53-jährige Frau zu einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung. Sie muss zudem 200 Arbeitsstunden ableisten. Für den 55-jährigen Ehemann sah die Richterin eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten als schuldangemessen. Er muss außerdem eine Geldauflage von 2000 Euro an das Tierheim in Hamlar zahlen.

    Den Behörden schon länger bekannt

    Das Ehepaar ist den Behörden schon länger bekannt. Sowohl der Justiz, als auch dem Veterinäramt. Denn der Ehemann ist 16 Mal vorbestraft, darunter einmal einschlägig. Ihm wurde bereits im Jahr 2002 Tierhaltung jeglicher Art untersagt.

    Seine Frau hat drei Vorstrafen, jedoch keinen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Sie hat sich vor zehn Jahren erstmals mit Tierzucht befasst. Damals hielt sie zunächst in einem Haus in Rain wenige Hunde und es gab nichts zu beanstanden. Auch als sie in einen Bauernhof umzog, fand das Veterinäramt dort „akzeptable bis gute Verhältnisse vor“, wie der Leiter der Behörde, Dr. Thomas Kellner, im Zeugenstand sagte. Da sie zudem eine Prüfung zur Züchterin abgelegt hatte, galt sie auch fachlich als geeignet.

    Die Schwierigkeiten begannen mit dem Umzug in ihr jetziges Anwesen. Am neuen Standort sah das Veterinäramt bauliche Mängel und forderte die 53-jährige Züchterin auf, diese zu beheben. Als sie der Aufforderung nicht nachkam, entzog ihr die Behörde 2016 die Erlaubnis zu Zucht und Haltung von Hunden. Danach gab es zunächst keinen Kontakt mehr.

    Bis zum November 2018. Mehrere Beschwerden hatten die Behörde auf Missstände auf dem Hof aufmerksam gemacht. Beim Rundgang im Außenbereich fand eine Mitarbeiterin sowohl im Stall, als auch in Zwingern in Hof und Garten katastrophale Zustände vor. Zentimeterdicke Kotschichten ließen den Tieren keinen Platz, sich hinzulegen. Außerdem fehlten bei frostigen Wintertemperaturen Wärmematten.

    Das ganze Ausmaß der verheerenden Zustände

    Die Tierärztin forderte die Frau auf, die Missstände noch am selben Tag beheben. Bei der nächsten Kontrolle zu dieser Frist fand sie die Frau beim Beseitigen der Exkremente vor. Inzwischen aber waren sowohl die Zwinger, als auch die Hunde durch die Säuberungsaktion sehr nass, sodass die Vertreterin der Behörde nun anordnete, eine Elektroheizung müsse aufgestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt zählte die Veterinärin 34 Hunde auf dem Hof. Sie forderte die Züchterin auf, mindestens 14 abzugeben.

    Das ganze Ausmaß der verheerenden Zustände wurden dann am Folgetag offensichtlich. Wie Thomas Kellner und seine Mitarbeiterin dem Gericht schilderten, war es außen nun halbwegs sauber, allerdings sehr nass. Eine Heizung war für die Hunde nicht aufgestellt worden. In einem verschlossenen Schuppen stießen sie auf einen Hund, für den die Halterin erst nach einigem Hin und Her einen Schlüssel auftrieb. Das Tier war dort in einem völlig beengten, verdreckten, finsteren, mit Gerümpel voll gestellten Raum untergebracht und hatte offensichtlich großen Durst.

    Im ehemaligen Hühnerstall lagen drei tote Katzen, deren Kadaver völlig ineinander verklebt waren, sowie drei skelettierte Katzenschädel. Lange bestritt das Ehepaar im Prozess, etwas damit zu tun zu haben, es seien fremde Katzen, die zufällig dorthin geraten und verendet waren. Letztlich hatten die Veterinäre als Sachverständige aber einen anderen Eindruck. „Aus unserer Sicht ist das sehr unwahrscheinlich“, sagte Kellner. Die Klappe zum Stall sei mit einem Metallbügel verschlossen und mit einem Stein gesichert gewesen.

    Die schlimmste Überraschung im Wohnhaus

    Die schlimmste Überraschung erlebten die Kontrolleure aber dann im Wohnhaus. In etlichen Räumen und in der Diele des Erdgeschosses, auch in Küche und Wohnzimmer waren die Böden hochgradig mit frischem wie auch verschimmeltem Hundekot bedeckt.

    Durch Bellen in den Keller gelockt, fanden die Tierärzte zwei in Schränken versteckte Hunde. In einem Wurfraum im Erdgeschoss stank es derart beißend, dass Thomas Kellner „ihn kaum betreten konnte“. Dort lag eine tote Hündin in diversen Ausscheidungen. In einem weiteren Raum hielt sich ein etwa sechs Monate alter, stark verschmutzter und verstörter Labrador auf. Ein völlig apathischer Retriever befand sich in einer Box in der Diele. Im Obergeschoss ging es so weiter: überall Kot, selbst im Schlafzimmer, vier mutterlose Chihuahuas – etwa zehn Tage alt –, von denen einer später eingeschläfert werden musste, und weitere, im Schrank versteckte Hunde.

    Wie sich später herausstellte, so schilderte die Hamlarer Tierheimleiterin Sonja Hofmeister als Zeugin, seien die großen Hunde gesundheitlich in halbwegs akzeptablem Zustand, aber stark von Parasiten befallen gewesen. Alle kleinen hingegen hätten zudem unter Bindehautentzündung gelitten, manche auch unter Blasenentzündung und Fieber. Sehr viele Tiere hätten so schlechte Zähne gehabt, dass man sie habe ziehen müssen.

    Angeklagte bricht in Tränen aus

    Die angeklagten Eheleute gaben sich betroffen und schuldbewusst. Was passiert sei, täte ihnen leid, versicherten sie. Vor allem die Züchterin brach mehrfach in Tränen aus. Als Erklärung gaben sie an, von der Situation komplett überforder gewesen zu sein. Das war auch der einzige Ansatz, den die Verteidiger Martin Angermayr und Udo Laxgang in ihren Plädoyers herausarbeiten konnten. Beide Angeklagte versicherten, sie würden nie wieder Tiere halten.

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