Sommer, Sonne, Badewetter: Zwei junge Mädchen liegen im Kreis ihrer Clique am Baggersee einer Landkreisgemeinde, als sich ihnen ein 43-Jähriger nähert und – für einen völlig Fremden – seltsame Themen anschneidet. Er spricht die eine von ihnen auf ihre Oberweite an, auf ihren Bikini und auf Unterwäsche, fragt nach einem „Nippelpiercing“ und ob sie schon sexuelle Erfahrungen hat, fasst sie an der Schulter und macht noch anderweitige intime Anspielungen. Die andere packt er am Fuß und versucht, sie in den Badeweiher zu ziehen, lässt aber dann davon ab, als sie sich dagegen wehrt und ihr ein Freund aus der Clique zur Hilfe kommt.
Ein anderer Badegast beobachtet die befremdliche Szene und mischt sich schließlich ein. Er bietet seine Hilfe an und schlägt vor, die Polizei zu holen. Die rückt dann auch prompt an, zusammen mit den Eltern des einen Mädchens, das – unter dem Eindruck der sexuellen Anzüglichkeiten und Belästigung – völlig verstört einen Weinkrampf erleidet.
Mann aus dem Landkreis muss sich vor Gericht verantworten
So geschehen am 7. Juli dieses Jahres. Fünf Monate später musste sich nun der 43-jährige Mann aus dem Landkreis wegen Beleidigung und Nötigung vor dem Amtsgericht Nördlingen unter Vorsitz von Richter Gerhard Schamann verantworten. Er gab zu, sich so verhalten zu haben, räumte die Vorwürfe der Anklageschrift zunächst in einer Erklärung seines Verteidigers ein, dann auch mit eigenen Worten. Dieser „Riesenblödsinn“ tue ihm Leid. „Ich wollte nichts Böses“, fügte er noch an, „bin ein gutmütiger Mensch“.
Vorsitzender Richter Gerhard Schamann nahm das zur Kenntnis, hatte dennoch kein Verständnis für das übergriffige Verhalten des 43-Jährigen: „Das müssen Sie doch wissen, dass man so etwas als älterer Mann zu einem jungen Mädchen nicht sagt. Das macht man doch nicht! Solche Themen schneidet man doch nicht an!“
Der Angeklagte sagt: "Ich habe doch nur helfen wollen"
Das Ganze habe sich hochgeschaukelt, behauptete der Mann, der jetzt halb zerknirscht, halb besserwisserisch auf der Anklagebank saß. Er habe doch ursprünglich nur helfen wollen. Da sei ein Sandhügel gewesen und er habe befürchtet, der komme ins Rutschen und begrabe die Mädchen unter sich. Drum habe er sie angesprochen und dann sei das Ganze eskaliert. Eine Erklärung, die das Gericht so stehen ließ.
Die beiden Mädchen, ein Freund aus der Clique und der Mann, der helfend eingegriffen hatte, traten im Prozess in den Zeugenstand und bestätigten nochmals den Ablauf dieser Szene am Baggersee. Die 16-Jährige, der der Angeklagte besonders nahe getreten war, schilderte außerdem, sie sei noch mehrere Tage danach recht verstört gewesen, habe schlecht geschlafen, sei oft erschrocken und habe „seltsame Dinge geträumt“.
Eine geistige Minderbegabung spielt – so erkannte das Gericht an – sicher eine Rolle beim Verhalten des 43-Jährigen. Der Mann steht unter Betreuung und sei, wie sein Bewährungshelfer erklärte, „auf dem Entwicklungsstand eines 16-Jährigen“.
Vorsitzender Gerhard Schamann billigte dem Angeklagten angesichts dessen zwar erheblich verminderte Schuldfähigkeit zu, wollte diese Einschränkung allerdings nicht als Freibrief verstanden wissen. „Wenn es das erste Vergehen wäre, wäre es nicht der Gipfel der Kriminalität“, sagte er. Immerhin aber sei der Angeklagte fünf Mal vorgeahndet – wegen Vergewaltigung, vorsätzlicher und gefährlicher Körperverletzung, Diebstahls und Beleidigung – und habe sich unter offener Bewährung wieder etwas zu Schulden kommen lassen. Diesmal sei es „zu viel“.
"Nochmal Knast, das überleb ich nicht"
Der Angeklagte selbst bat darum, nicht wieder ins Gefängnis geschickt zu werden. Er sei jetzt mit Hilfe seines Anwalts, seines Bewährungshelfers und eines Therapeuten auf einem guten Weg: „Nochmal in den Knast, das überleb ich nicht.“ Sein Verteidiger Rechtsanwalt Roman Gercek beantragte Freispruch. Er beurteilte den Vorfall so: „Das Ganze ist sehr unglücklich gelaufen, das Verhalten meines Mandanten bodenlos, eine maßlose Taktlosigkeit, aber keine Ehrverletzung und deshalb nicht strafbar.“
Staatsanwalt Johannes Pausch sah es anders: „Durch Art, Anzahl und Abläufe seiner Straftaten hat der Angeklagte gezeigt, dass er nichts dazu gelernt hat. Er kann immer noch eins drauf setzen.“ Der Anklagevertreter forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr ohne Bewährung. Das Gericht folgte dieser Auffassung und verurteilte den 43-Jährigen schließlich zu zehn Monaten Gefängnis. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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