Eine Mutter aus Hainsfarth spürt viel Solidarität: 1850 Menschen haben ihre Petition gegen die Maskenpflicht bei Grundschülern im Landkreis Donau-Ries bis Dienstagabend unterstützt. Die Liste hat sie gemeinsam mit einigen Mitstreiterinnen am Mittwochnachmittag vor einem ziemlich gewichtigen Termin persönlich an Stefan Rößle übergeben. Der Landrat hatte zur Pressekonferenz geladen – in Coronazeiten ist ein solcher „Live“-Termin kein Selbstläufer. Wenn Derartiges stattfindet, wird meist etwas von hohem öffentlichen Interesse verkündet, wie es im Behördendeutsch heißt. So auch am Mittwoch im Großen Sitzungssaal der Kreisbehörde in Donauwörth.
Besorgte Mütter aus dem Landkreis Donau-Ries kritisieren die Maskenpflicht an Grundschulen
Das Thema, über das Landrat Rößle vor der Presse berichten wollte, erwartete ihn bereits auf dem Gang. Besorgte Mütter traten mit kritischen Argumenten gegen die Maskenpflicht an Grundschulen an ihn heran. Rößle erklärte, dass er an die Vorgaben der Staatsregierung gebunden sei – die Lage sei für alle keine Leichte. Er erläuterte jedoch im Laufe des Pressegesprächs, dass er in München darum bitten werde, die Masken-Anordnung zu überprüfen. Ebenso jene Verfügung, dass die 1,5 Meter-Abstandspflicht strikt einzuhalten sind – zumindest in Schulen an Orten mit niedrigem Infektionsgeschehen sollte eine solche Überprüfung seitens des Ministeriums geschehen. Es war dennoch deutlich herauszuhören, dass Rößle angesichts der zuletzt gestiegenen Corona-Infektionszahlen im Freistaat nur wenig Erfolgschancen für eine Kehrtwende sieht. Ausnahmen vom teils heftig umstrittenen 1,5-Meter-Abstandsgebot in den Schulen des Landkreises könne es, so Rößle, laut Gesetz nur geben, sofern es im Kreis deutlich eingrenzbare „lokale Infektionsherde“ gebe. Das Infektionsgeschehen sei jedoch im Landkreis dieser Tage flächendeckend festzustellen.
Erstmals nach Kommunen des Kreises Donau-Ries aufgeschlüsselte Corona-Daten
Hierzu präsentierte Rößle gemeinsam mit Gesundheitsamtsleiterin Dr. Raffaella Hesse erstmals nach Kommunen aufgeschlüsselte Daten. Diese allerdings geben die gesamten Infizierten-Zahlen seit Beginn der Pandemie im März wieder – und nicht den Wert der aktuell Infizierten, der beispielsweise im Zuge der umstrittenen Umstellung zahlreicher Schulen auf Wechselunterricht aussagekräftiger wäre. Ein Beispiel: Seit Beginn der Corona-Krise im März gab es in der VG Rain bis dato vier nachweislich Infizierte. Doch wie hoch ist die Zahl dort aktuell? Indes machte Rößle klar, dass er die Anordnungen der Staatsregierung hinsichtlich der Abstandsregeln in Schulen wortgetreu umsetze; er habe dieses Vorgehen rechtlich prüfen lassen, zuletzt auch von der Regierung von Schwaben – hierbei sei ihm beschieden worden, dass die Maßnahmen im Kreis Donau-Ries korrekt seien. Dass die staatlichen Verfügungen in Nachbarkreisen liberaler ausgelegt werden, liege nicht in seiner Verantwortung, so Rößle.
Für Ausnahmen im Kreis Donau-Ries müsste es "lokal eingrenzbare" Infektionsherde geben
Er wiederholte: Eben nur bei sehr lokal eingrenzbaren Corona-Ausbrüchen seien Ausnahmen denkbar. Weiterhin berichtete Rößle, dass inzwischen mehr Schulen im Kreis ihre Räume soweit geprüft haben, dass doch mehr Präsenzunterricht möglich ist: 22 von 44 Grund- und Mittelschulen sind demnach (wieder) im Präsenzunterricht, bei den Realschulen und Gymnasien ist hingegen – bis auf wenige Ausnahmen in diversen Jahrgangsstufen – meist Wechselunterricht angesagt.
Wie Rößle weiter auf Nachfrage unserer Zeitung mitteilte, sei eine Notbetreuung für Kinder, die im Zuge des Wechselunterrichts tageweise nicht in den Schulen, sondern zuhause sind, „nicht automatisch gewährleistet“ im Freistaat. Es gebe schlichtweg zu wenig Personal hierfür und zudem „keine allemeinverbindlichen Verfügungen“.
Plexiglasscheiben als Alternative zu Masken?
Derweil erteilte der Landrat der Einführung von Plexiglasscheiben als Alternative zu Masken in den Schulen eine Absage – gestützt auf klare Feststellungen der Regierung von Schwaben.
Hinsichtlich der Anfragen auf Überprüfung der Abstands- und Maskenregelungen hofft der Landrat auf Antworten des Ministeriums „bis zu den Herbstferien“.
Gesundheitsamtsleiterin Hesse machte deutlich, dass eine Eindämmung des Infektionsgeschehens im Landkreis „nur mit verschärften Maßnahmen möglich“ sei. Zu diesem Zeitpunkt waren die neuen, auf Bundesebene geplanten Schritte noch nicht durchgesickert.
Die Medizinerin informierte, dass es im Landkreis Donau-Ries derzeit „nur wenige schwer Betroffene“ durch eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus gibt. Die meisten der wenigen in die Kliniken Eingewiesenen konnten zuletzt „recht bald wieder entlassen“ werden. Bei den in den Kreiskrankenhäusern Behandelten handle es sich jedoch eher um Personen „mittleren Alters“, die in der Regel Vorerkrankungen wie Diabetes oder Übergewicht hätten. Senioren seien aktuell „nicht besonders betroffen“, was Hesse und Rößle auf einen erhöhten Selbstschutz der älteren Menschen zurückführen. Hauptantreiber beziehungsweise Auslöser für Infektionen seien auch in der Region größere private Zusammenkünfte gewesen, das Risiko steige zudem, wenn Alkohol im Spiel sei. Die Ärztin empfiehlt jedem umsichtigem Bürger, ein Kontakttagebuch zu führen, um im Falle des Falles den „an der Kapazitätsgrenze“ arbeitenden Mitarbeitern des Gesundheitsamtes bei der Rückverfolgung von Infektionsketten zu helfen.
Den Müttern, die auf den Gängen demonstrierten, werden die Antworten und Argumente der Kreisbehörde wohl nicht reichen. Sie befürchten, dass die Regeln rund um Corona so manche Wertevermittlung und Tugend auf den Kopf stellt: „Die Kinder sollen lernen zu teilen – und jetzt soll sich jedes Kind auf sich konzentrieren“ – das werde Spuren hinterlassen, sagt eine der Mütter. Und sie fügt hinzu: „Wird das jemals zu reparieren sein?“ Landrat Rößle, selbst Familienvater, betont: „Wir prüfen alles gewissenhaft – und wir lernen jeden Tag dazu in dieser Krise.“
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