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Landkreis Donau-Ries: Corona-Hilfen bringen auch Donauwörther Steuerberater ans Limit

Landkreis Donau-Ries

Corona-Hilfen bringen auch Donauwörther Steuerberater ans Limit

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    Christian Dumberger (links) und Christoph Ferber haben viel Arbeit mit den Corona-Hilfen, welche Betriebe aus der Region beantragen: .
    Christian Dumberger (links) und Christoph Ferber haben viel Arbeit mit den Corona-Hilfen, welche Betriebe aus der Region beantragen: . Foto: Viktoria Gerg

    Vor über fünf Monaten, Anfang November 2020, wurde der zweite Lockdown eingeläutet und mit ihm beinahe das gesamte öffentliche Leben heruntergefahren. Um die von den Schließungen betroffenen Betriebe von staatlicher Seite zu unterstützen, wurden zuerst die November- und Dezemberhilfen ins Leben gerufen, nun gibt es für die Monate Januar bis Juni die sogenannte Überbrückungshilfe III. Für Letztere wurden nach Angaben der IHK bayernweit bis 12. April 18.581 Anträge gestellt, viele auch aus dem Donau-Ries-Kreis. Vom anfänglichen Chaos ist jetzt zwar nicht mehr viel übrig, trotzdem gibt es noch einige Probleme.

    Die Steuerberater Christian Dumberger und Christoph Ferber aus Donauwörth ächzen unter der neuen Belastung der Corona-Hilfen. Im ersten Lockdown konnten Betroffene die Unterstützung noch selbst beantragen, das geht seit dem zweiten Lockdown im November nicht mehr. Das müssen jetzt Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Anwälte übernehmen, da sich im ersten Lockdown einige bereichert hatten, denen es nicht zustand. „Die Arbeitsbelastung ist immens, meine Kollegin und ich machen seit Wochen nichts anderes, als Corona-Hilfen zu beantragen“, erzählt Ferber. Die Anträge blockierten ihre sonstige Arbeit. Dumberger erklärt, dass in der Kanzlei zurzeit ohnehin Hochkonjunktur herrsche, da ab März die ersten betrieblichen Jahresabschlüsse für 2020 erstellt werden. Es gebe ein paar große Firmen, die Abschlüsse zeitnah und dringend benötigen. Diese Zusatzbelastung komme den Steuerberatern nicht entgegen. Dazu komme auch noch der Fachkräftemangel, der zwischenzeitlich immens sei.

    Steuerberater haben bisher 30 bis 40 Anträge für Corona-Hilfen gestellt

    In der Kanzlei von Dumberger läuft das Prozedere für Corona-Hilfen wie folgt ab: Alle Mandanten, die antragsberechtigt sind, erhalten einen Informationsbrief, was ihnen das Programm bietet. Je nach Umsatzeinbruch werden 30 bis 90 Prozent der Fixkosten erstattet. Anschließend melden sich diejenigen, die Unterstützung möchten. 30 bis 40 solcher Anträge haben die Steuerberater bisher gestellt. Der Aufwand dafür fällt unterschiedlich aus, je nachdem, wie groß die Firma ist: Je mehr Fixkosten und Rechnungen ein Betrieb hat, desto länger dauert die Prüfung.

    Die neue Überbrückungshilfe III sei im Gegensatz zur November- und Dezemberhilfe viel komplizierter, da zum einen alle Fixkosten einzeln erfasst werden. Zum anderen umfasst sie den Experten zufolge die Monate Januar bis einschließlich Juni – die Monate müssen alle einzeln geplant werden. Daher braucht Ferber je nach Größe des Falls, zwischen sechs Stunden und zwei Wochen für einen Antrag. Vor allem bei den Betrieben, die anfangs die November- und Dezemberhilfe nicht beantragen konnten, dauere der Antrag für mittlerweile acht Monate besonders lang, so Ferber.

    Tückisch sei auch, dass der Antrag nur einmal gestellt werden kann. Die Steuerberater sind auf die Planwerte der Mandanten angewiesen, die ihnen sagen, welche Kosten in den nächsten Monaten anfallen. „Man muss voraussagen, was in jedem einzelnen Monat passiert. Aber woher soll man zum Beispiel im Januar wissen, welche Auswirkungen Corona im Mai auf den Umsatz hat? Unsere Mandanten tun sich unheimlich schwer, das zu planen“, klagt Ferber. Sie hätten Einzelhändler, die ihre Hilfen nur für Januar und Februar beantragen wollten, weil sie aufgrund der Lockerungen ab März wieder öffnen wollten. Das wäre rückblickend ein Fehler gewesen, weil ein erneuter Antrag nicht möglich sei. Den Menschen zu vermitteln, dass die Öffnungen natürlich auch wieder zurückgenommen werden können, weil die Inzidenz wieder steigt, sei nicht einfach gewesen.

    Steuerberater aus Donauwörth kritisieren Hotline des Wirtschaftsministeriums

    Für die Steuerberater sei es zudem schwierig, dass sich die Vorgaben und Zugangsvoraussetzungen zu den Hilfen ständig ändern. Was heute gilt, könne morgen schon ganz anders sein. Das größte Problem dabei sei, dass es für die Steuerberater keine Möglichkeit der Nachfrage gibt, wenn ein Fall auftritt, den es so vorher noch nicht gab. Zwar hat das Bundeswirtschaftsministerium eine Hotline eingerichtet, allerdings sei das „die größte Katastrophe. Die könnte man auch direkt wieder abschalten, weil man dort keine Auskunft bekommt und keine Nachfragen stellen kann. Man wird nur auf den Fragenkatalog verwiesen, der uns sowieso schon vorliegt, aber für spezielle Fälle keine Antworten liefert“, ärgert sich Ferber. Da die Situation auch für die Steuerberater neu ist, wissen sie manchmal selbst nicht, wie sie den Fall auslegen sollen. Das sei sehr unbefriedigend. „Zudem kommt noch, dass die von der Hotline den Antwortkatalog schlechter kennen als wir. Das entspricht nicht dem, was man von einem Land wie Deutschland eigentlich erwarten darf“, sagt Dumberger. Allerdings springt laut Ferber hier die IHK für München und Oberbayern ein, die als zuständige Bewilligungsstelle eine tolle Arbeit leiste, wenngleich sie dafür nicht zuständig sei. Finanziell besonders hart getroffen hat es solche, die nicht von Anfang an Unterstützung erwarten konnten: sogenannte Mischbetriebe, wie Brauereigaststätten. Diese mussten zwar ihr Wirtshaus schließen, konnten aber ihre Getränke noch verkaufen.

    Ferber erklärt, dass die Zugangsvoraussetzungen für die Überbrückungshilfe I, die es von Juni bis August 2020 gab, schlicht zu hoch waren. Die Hilfen sind nicht angekommen. Damals seien 25 Milliarden Euro im Topf gewesen, abgerufen wurden aber nur zwei Milliarden. Die späteren November- und Dezemberhilfen seien zudem unfair gewesen: „Ein Mischbetrieb, also ein Unternehmen mit mehreren wirtschaftlichen Tätigkeitsfeldern, wurde nur unterstützt, wenn der Umsatz des Tätigkeitsfeldes, das von der Schließung betroffen war, 2019 mindestens 80 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachte. Betrug dieser Umsatzanteil nur 79 Prozent, bekam das betroffene Unternehmen keinen Euro.“ Der Staat habe das Problem aber mittlerweile erkannt und zog nach. Seit Kurzem können diejenigen, die die November- und Dezemberhilfen damals nicht beantragen konnten, das jetzt tun.

    Dumberger wünscht sich von der Politik mehr Praxisnähe

    Eine Unternehmerin, die genau davon betroffen ist, ist Rita Failer. Sie betreibt in Tapfheim das Café Bruno und eine Schmuckmanufaktur, weshalb auch sie als Mischbetrieb gilt und bis vor Kurzem keine Hilfen zu erwarten hatte. Und das, obwohl sie nach eigenen Angaben mit ihrem Café 70 Prozent ihres Gesamtumsatzes generiert. „Mein großes Glück ist es, dass ich für meine Schmuckmanufaktur einen Online-Shop habe, der mich über Wasser hält“, erzählt Rita Failer. Inzwischen konnte sie endlich ihre Corona-Hilfen beantragen und bekam Ende März ihre erste Abschlagszahlung für November und Dezember - nach rund fünf Monaten Schließung. Ihre privaten Kosten deckt sie durch Rücklagen. Diese erste Zahlung ließ die Geschäftsfrau aufatmen. Mittlerweile sieht die 54-Jährige wieder positiver in die Zukunft, aber es sei schlimm für sie gewesen, dass es anfangs keine Aussicht auf Hilfe gab.

    Um solche Schwierigkeiten für die Betroffenen zu vermeiden, wäre es nach Aussage von Dumberger gut gewesen, wenn die Politik bei der Erstellung der Hilfen auch mal Praktiker gefragt hätte. Aktive Steuerberater hätten ein breites Spektrum an Mandanten und wüssten, wo es brennt und wo man nachhelfen könnte: „Das wäre wesentlich effektiver gewesen, aber so wird alles irgendwo auf Bund-Länder-Ebene ausgekartelt und nicht praxisnah gedacht. Das ist leider nicht gut gelaufen.“

    Allerdings sieht Ferber jetzt nach vielen Nachbesserungen seitens der Politik Licht am Ende des Tunnels: „Die aktuelle Überbrückungshilfe III ist gerecht und hilft den Unternehmen. Sie verdienen zwar kein Geld, aber ihre Fixkosten werden je nach Umsatzeinbruch erstattet.“

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