Sie lassen sich ihre 388. Wallfahrt nach Maria Beinberg auch heuer nicht nehmen, Corona hin oder her, schon gar nicht im 500. Jubiläumsjahr der Beinberger Wallfahrt. „Aufgegeben wird nicht“, sagt Xaver Oßwald, „wir lassen die Wallfahrt nicht aus“. Das taten die Holzheimer noch nicht einmal zur Hitlerzeit. Damals sei es kritisch gewesen, erzählt der 81-Jährige, „da gab es Denunzianten im Ort, weshalb die Wallfahrer eben um Mitternacht loszogen statt mittags um 12 Uhr“. Heuer werden es wohl weniger Teilnehmer sein oder sie laufen in verschiedenen Gruppen, je nachdem was die Corona-Regeln zulassen.
Traditionell pilgern die Holzheimer am Vortag des 2. Juli los, um „Mariä Heimsuchung“ am nächsten Morgen mit einer Frühmesse um 6 Uhr auf dem Beinberg zu feiern. Seit Mitte der 60er-Jahre wurde die Wallfahrt dann auf das Wochenende verlegt, das dem Tag am nächsten liegt. Der mündlichen Überlieferung nach geht die Holzheimer Wallfahrt auf die Pest oder eine große Viehseuche zurück, vermutlich während des Dreißigjährigen Krieges.
So wurde 1982 anlässlich der 350. Jubiläumswallfahrt ein großes, vom Schreinermeister Josef Müller gefertigtes, circa 50 Kilogramm schweres Holzkreuz mit einem von Kaspar Angerer, genannt Nick Kaspar, geschnitzten gekreuzigten Heiland den ganzen Weg bis zur Wallfahrtskirche auf einer Tragbahre mitgetragen. Heute hängt das Kruzifix neben der Tür an der Westseite der Kirche.
Seit 1987 geht ein ebenfalls vom Nick Kaspar geschnitztes Wallfahrtskruzifix alljährlich den jetzt 28,8 Kilometer langen Weg mit. Zuvor begleitete der Pfarrer mit Ministranten den Zug mit einem Kreuz aus der Kirche bis zum südlichen Ortsrand und gab ihnen den kirchlichen Segen mit auf den Weg – das Kreuz wurde dann wieder in die Kirche zurückgebracht.
Traditionell treffen sich die Wallfahrer auf dem Hof der Familie Oßwald, direkt gegenüber der Holzheimer Kirche. Im vergangenen Jahr waren es elf, im Jahr davor 16, von denen 13 auch den Rückweg meisterten, während sich drei abholen ließen.
In den 90er-Jahren war die Gruppe größer. „Pater Waldemar war ein Anziehungspunkt“, erzählt Manfred Reiter, der 1981 nach Holzheim heiratete, seit 36 Jahren ohne Unterbrechung mitpilgert und seit 20 Jahren die Wallfahrt federführend organisiert. Dazu gehört auch, den Beinberg-Nickel bei den Holzheimer Familien einzusammeln, die nicht mitpilgern. Reiter geht 14 Tage vor der Wallfahrt von Haus zu Haus – auch um die Leute zum Mitgehen zu motivieren. Das Opfergeld wird dann vor Ort dem Wallfahrtspfarrer übergeben.
Die Wallfahrer beten 18 Rosenkränze auf dem Fahrrad
Während früher die gesamte Strecke zu Fuß zurückgelegt wurde, werden in jüngerer Zeit Fahrräder mitgenommen und eine Teilstrecke von Wiesenbach bis zur Neumühle auf dem Hinweg und auf dem Rückweg von Pertenau bis nach Hause geradelt. Insgesamt 18 Rosenkränze werden unterwegs gebetet, wobei die Wallfahrer zwischen dem freudenreichen, dem schmerzhaften und dem glorreichen Rosenkranz abwechseln, wie Reiter erzählt.
Der Weg führt vom Oßwaldschen Hof Richtung Unterbaar, Wiesenbach und Kühnhausen bis zur Neumühle nach Pöttmes. Dort wurden früher die Räder eingestellt. Von hier ab ging es zu Fuß weiter über Hörzhausen nach Peutenhausen, wo man sich in einer Gastwirtschaft traf. Dort wurden die Wallfahrer damals auf private Unterkünfte verteilt, teils wurde in Ställen übernachtet. „Die Peutenhausener kamen und sagten, wie viele Wallfahrer sie unterbringen konnten und dann ging man mit ihnen“, erzählt Anton Hammerl, der regelmäßig mitpilgert und schon als Kind mit seinem Vater dabei war.
Es folgte eine Zeit, in der in einer Peutenhausener Gastwirtschaft direkt übernachtet wurde. Doch eines Tages war dort Ruhetag, die Holzheimer standen vor verschlossener Tür. „Der Pächter hatte gewechselt“, erzählt Reiter, „es war nichts abgesprochen worden, weil es für uns ja selbstverständlich war“. So standen sie ratlos vor der Wirtschaft und beschlossen schließlich, bei Pater Waldemar anzurufen und ihn zu fragen, ob er die Messe noch am Abend halten könne. Der Pater lud die durchnässten Wallfahrer ein, heizte sein Wohnzimmer kräftig ein, bis sie trocken waren und bot ihnen Quartier im Bierstüberl an, das vergangenes Jahr aus Haftungsgründen gesperrt wurde. Daher übernachteten die Holzheimer auf dem Spargelhof Koppold in Gachenbach, die Fahrräder stellen sie schon seit Jahren in Pertenau ein.
Wie alt die Holzheimer Wallfahrt tatsächlich ist, ist nicht gesichert. Gertrud Langhammer, die Pfarrer Stephan Rauscher bei seiner Diplomarbeit über das einzige erhaltene Beinberger Mirakelbuch unterstützt und die ungefähr 2000 Mirakel aus der Zeit zwischen 1727 bis 1787 transkribiert hat, verweist auf einen Eintrag aus dem Jahr 1736.
Ein Hanß Strobl von Holza, heißt es da, habe „In aufhebung eines wagens gleich grossen Schmerzen in der Seitten empfunden“. Er habe sich mit einem Kreuzer der Madonna verlobt, wurde den Schmerz aber nicht los, nachdem er zunächst einen „Verworffenen Kreuzer“ in den Stock gelegt. Besser wurde es, nachdem er einen guten Kreuzer spendete, noch besser, nachdem er gelobt hatte, seine Heilung aufzuzeichnen – was er zunächst nicht tat, worauf die Schmerzen wiederkehrten.
"Holza" taucht immer wieder auf
Auch wenn es sich hier um eine Einzelperson handelt, geht Langhammer davon aus, dass eine ganze Gruppe Holzheimer Wallfahrer damals auf dem Beinberg war, allein schon aufgrund der doch relativ großen Entfernung.
Fast 300 Jahre der Holzheimer Wallfahrt wären damit schriftlich belegt. „In der Folge taucht Holza immer wieder auf“, sagt die frühere Schulamtsdirektorin, die auch den Kirchenführer für Maria Beinberg erstellt hat.
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