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Kaisheim-Bergstetten: Ein Juradorf zieht Investoren an

Kaisheim-Bergstetten

Ein Juradorf zieht Investoren an

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    Auf diesem Gelände an der Nimrodstraße in Bergstetten möchte ein Investor ein Wohnviertel schaffen.
    Auf diesem Gelände an der Nimrodstraße in Bergstetten möchte ein Investor ein Wohnviertel schaffen. Foto: Wolfgang  Widemann

    Das kleine Dorf Bergstetten hat eine ungewöhnliche Geschichte. Über Jahrhunderte hinweg stand dort nur ein stattlicher Gutshof des Klosters Kaisheim. Den quadratischen Komplex mit Zugang über zwei Torbögen, einer Kirche und dem ehemaligen Pfarrhaus, das später als Schule diente, nutzte dann vom 19. Jahrhundert an das Königreich Bayern als Hofgestüt, ehe das Militär in den Zeiten des Zweiten Weltkriegs dort Pferde züchtete. Das eigentliche Dorf entstand erst nach dem Krieg, als dort Heimatvertriebene angesiedelt wurden. Seit Jahrzehnten führen die Bewohner der Siedlung, die zwar direkt an der B2 liegt, aber hinter einer hohen Lärmschutzwand verborgen ist, ein beschauliches Dasein. Nun scheint es so, als ob in dem knapp 180 Bürger zählenden Ort bald ein neues Kapitel beginnt. Gleich zwei Investoren wollen möglicherweise umfangreichere Bauvorhaben in Bergstetten verwirklichen.

    Die Gemeinde putzt das Dorf gerade heraus

    In der jüngeren Vergangenheit glich das Dorf einer großen Baustelle. Die Marktgemeinde Kaisheim erneuerte erst das Abwasserkanal- und Trinkwasserleitungsnetz. Aktuell werden die Straßen und deren Umfeld im Rahmen der Dorferneuerung neu gestaltet, wobei der weitläufige Platz zwischen dem „Schloss“ – so wird im Volksmund der einstige Gutshof genannt – und der Siedlung besonders ins Auge fällt.

    Weniger attraktiv sind derweil die Bereiche an den beiden Flanken des Platzes. Dort stehen diverse Bauwerke, die – vorsichtig ausgedrückt – ihre besten Jahre hinter sich haben. Zum Teil handelt es sich um frühere Wirtschafts- und Werkstattgebäude der Pferdezucht, zum Teil um Hallen, in denen sich nach dem Krieg Firmen niederließen, die jedoch wieder verschwanden.

    Max Aicher hat in Bergstetten rund 17 Hektar Land gekauft

    Vor knapp sieben Jahren ließ die Nachricht aufhorchen, dass der bekannte Unternehmer und Multimillionär Max Aicher einen Teil des historischen Gutshofs und direkt an den Ort anschließende Grundstücke – insgesamt rund 17 Hektar – kaufte. Der Plan von Aicher: Er will neue Flächen für Wohnhäuser schaffen. Der Unternehmer sehe in der „Entwicklung“ der Grundstücke eine gute Chance, die Region und die Gemeinde Kaisheim zu stärken, hieß es damals aus der Konzernzentrale.

    Viele der einstigen Nebengebäudes des Schlosses in Bergstetten sind in einem desolaten Zustand. Eigentümer Max Aicher möchte dort Wohnland schaffen.
    Viele der einstigen Nebengebäudes des Schlosses in Bergstetten sind in einem desolaten Zustand. Eigentümer Max Aicher möchte dort Wohnland schaffen. Foto: Wolfgang Widemann

    Seitdem geschah im Bereich der besonders baufälligen (Neben)-Gebäude an der Wittelsbacher Allee nur wenig. Der Verfall schreitet voran. Hinter den Kulissen passiere aber sehr wohl etwas, erklärt Bürgermeister Martin Scharr auf Anfrage unserer Zeitung. Man stehe mit dem Unternehmen in Kontakt. Ziel sei, die baurechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, dass die alten Bauwerke abgerissen werden können, ohne dass das Baurecht für das Areal verloren geht. Dies sprach Scharr in dieser Woche auch kurz im Gemeinderat an.

    Immobilienfirma ersteigert einstiges Betriebsgelände

    In der Sitzung stand ein mögliches Projekt auf der anderen Seite des Platzes in Bergstetten im Mittelpunkt. Dort hat vor ein paar Jahren eine Immobilienfirma aus Gersthofen ein von einem Zaun umgebenes ehemaliges Betriebsgelände an der Nimrodstraße ersteigert. Vor Jahrzehnten entstand dort die Firma Mikom, die später nach Buchdorf umzog und mittlerweile Andrew heißt. Aus dem früheren Bürogebäude ist inzwischen ein Wohnblock geworden.

    Ein Fertigungsgebäude und eine später aus Trapezblech erbaute Halle sollen – so die Idee des Investors – einem Wohnviertel weichen. Ein erster Entwurf, verbunden mit einer Bauvoranfrage, ließ die Ratsmitglieder aufmerken. Das Quartier, wie solche Vorhaben neuerdings gerne bezeichnet werden, hat Großstadtcharakter. Auf knapp 5000 Quadratmetern sind fünf Doppelhäuser mit Pultdächern und ein Mehrfamilienhaus vorgesehen. Viel Wohnraum, wenig Garten.

    Gemeinderat lehnt Bauvoranfrage für neues Wohnviertel ab

    Gemeinderat Herbert Bauer stellte die Frage in den Raum: „Wollen wir das in Bergstetten?“ Die Reaktion der Kollegen: allgemeines Kopfschütteln. „Diese Form lehnen wir ab“, brachte Bürgermeister Martin Scharr die Stimmung auf den Punkt. Die Gemeinde wolle die Bauleitplanung in die Hand nehmen. Einstimmig verneinte das Gremium in Kaisheim die Bauvoranfrage für das Projekt in dem Ortsteil. Das Mehrfamilienhaus sei zu wuchtig, bei den Doppelhäusern gefalle die Dachform nicht.

    Der Bürgermeister erhielt den Auftrag, mit dem Unternehmen zu sprechen. Scharr zeigte sich optimistisch, dass der Investor seine Pläne zurückschraubt und man sich einig wird.

    Mit dem Auto schnell in Donauwörth und Augsburg

    Der Rathauschef erklärt das Interesse von Aicher & Co. an dem Juradorf: „Manche merken: Hier kriege ich für wenig Geld viel Fläche.“ Wer in Bergstetten wohne, sei mit dem Auto über die B2 schnell in Donauwörth oder Augsburg. Von Donauwörth aus wiederum sei man mit dem Zug schnell in München. Im benachbarten Buchdorf reißen Interessenten der Kommune die Bauplätze aus den Händen.

    Derweil wird so manchem Bergstettener etwas mulmig angesichts der Tatsache, dass sich bald zahlreiche Neubürger ansiedeln könnten, vielleicht auch „nur“ als Mieter. Die könnten heute hier und morgen wieder weg sein, so ein Einheimischer. Womöglich steht Bergstetten aber vor einer dritten Epoche nach Gutshof und Vertriebenenansiedlung.

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