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Justiz: Polizist gibt geheime Daten weiter: Freiheitsstrafe

Justiz

Polizist gibt geheime Daten weiter: Freiheitsstrafe

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    Ein Polizist stand nun vor Gericht.
    Ein Polizist stand nun vor Gericht.

    Einst trafen sie sich regelmäßig in einem Lokal im südlichen Landkreis und hatten ein fast schon freundschaftliches Verhältnis. Als sich die beiden Männer nun im Saal des Amtsgerichts in Nördlingen wieder begegnen, vermeiden sie jeglichen Blickkontakt. Denn aus einem vermeintlichen Freundschaftsdienst vor etwa zwei Jahren hat sich ein Fall entwickelt, der in dieser Form nicht so oft vorkommen dürfte – und am Ende für die Beteiligten ein bitteres Nachspiel hat, besonders für einen Polizisten, der mit beruflichen Konsequenzen rechnen muss.

    Der 49-Jährige, der einer Inspektion im Donau-Ries-Kreis angehört, hat das Dienstgeheimnis verletzt – eine Straftat. Wie es dazu kam, wird nun vor dem Amtsgericht erörtert. In der Verhandlung stellt sich Folgendes heraus: Der Beamte war zu jener Zeit Stammgast in dem Restaurant, saß mit dem Pächter immer wieder am Tisch und nahm Anteil an den innerbetrieblichen Geschehnissen. So bekam er auch mit, dass der Wirt dringend einen Koch suchte. Einen Kandidaten für den Posten gab es, der Mann weilte jedoch im Ausland – und traute sich nicht, in die Bundesrepublik einzureisen. Grund: Er war hier zu einer Geldstrafe verurteilt worden, hatte diese aber nur teilweise bezahlt. Gut 3000 Euro waren noch offen.

    Polizist gibt Daten an Gastronom weiter

    Der Gastronom fragte deshalb – so bestätigt eine Zeugin – immer wieder bei dem Polizisten an, ob dieser nicht abklären könnte, was genau vorliege beziehungsweise was man da tun könnte. Er habe es mit Hinweis auf datenschutzrechtliche Bedenken zunächst abgelehnt, hier aktiv zu werden, schildert der 49-Jährige vor Gericht. Eines Nachts schaute der Beamte aber dann doch während der Schicht in der polizeiinternen Datenbank nach – und erfuhr auf diese Weise, dass gegen den Koch ein Haftbefehl vorlag, weil er die Strafe nicht bezahlt hatte. Der Gesetzeshüter druckte die Daten aus, nahm die drei Blätter bei nächster Gelegenheit mit ins Lokal und zeigte sie dem Gastronomen. „Ich wollte schnell und unbürokratisch helfen“, beteuert der Polizist. Soll heißen: Er wollte erreichen, dass der Gesuchte beziehungsweise der Wirt die Summe bei der Justiz begleicht, der Koch ins Land einreisen und die neue Stelle antreten kann. Dass ein Haftbefehl vorliege, hätten alle Beteiligten gewusst.

    Angeklagter: „Ich war so dumm und habe es geglaubt“

    Der Wirt nahm im Laufe des Gesprächs die Blätter an sich – und gab sie mit dem Hinweise, er werde sie verbrennen, nicht mehr heraus. Dies ließ sich der 49-Jährige gefallen: „Ich empfand es in diesem Moment nicht so tragisch.“ Sogleich schiebt er hinterher: „Ich war so dumm und habe es geglaubt.“

    In den folgenden Monaten kühlte das Verhältnis zwischen dem Polizisten und dem Wirt merklich ab. Letzterer wollte dem Beamten offenbar wegen einer anderen Angelegenheit eins auswischen. Er beschwerte sich schriftlich beim Polizeipräsidenten über den 49-Jährigen – und legte auch gleich den Ausdruck der Personalienabfrage bei, die er keineswegs verbrannt hatte.

    Lokalbetreiber gerät ins Visier der Justiz

    So kamen die Ermittlungen ins Rollen – gegen den Polizisten wegen einer Verletzung des Dienstgeheimnisses. Aber auch der Lokalbetreiber geriet ins Visier der Justiz – weil er im Verdacht stand, den Beamten dazu angestiftet zu haben. Der Staatsanwalt stellt klar: Die Weitergabe der Informationen aus dem Datensystem der Polizei sei in jedem Fall strafbar. Dass es um einen Mann ging, gegen den ein Haftbefehl ausgestellt worden war, wiege besonders schwer: „Das gehört zu den absolut schützenswertesten Informationen der Polizei.“ Der 49-Jährige habe deshalb auch „mit nicht unerheblichen dienstrechtlichen Konsequenzen“ zu rechnen. Der Staatsanwalt fordert für den Beamten eine achtmonatige Freiheitsstrafe zur Bewährung und eine Geldauflage von 6000 Euro sowie gegen den Gastronomen sechs Monate zur Bewährung und 3600 Euro.

    Den Anwälten der Männer verschlägt es schier die Sprache. Sein Mandant habe allenfalls fahrlässig das öffentliche Interesse gefährdet, erklärt Jochen Uher, der den Polizisten vertritt. Bei der Strafe sei „Augenmaß“ angebracht, sprich: eine Geldstrafe, die nicht über 90 Tagessätze liegen sollte. Jörg Seubert, der Verteidiger des Wirts, plädiert auf Freispruch – oder im Falle eines Schuldspruchs auf eine Geldstrafe, ebenfalls maximal 90 Tagessätze. Der Geheimnisverrat sei allein von dem Beamten ausgegangen, der „geltungsbedürftig“ sei.

    Richterin folgt den Argumenten des Staatsanwaltes

    Richterin Katrin Wegele folgt in ihren Urteilen aber den Argumenten des Staatsanwalts. Der Polizist sei zwar von dem Wirt gedrängt worden, hätte jedoch nie die Informationen preisgeben dürfen. Die Strafe: sieben Monate zur Bewährung und eine Geldauflage von 6000 Euro zugunsten einer gemeinnützigen Organisation. Beim Wirt bleibt es bei einer Geldstrafe. Die liegt freilich bei 120 Tagessätzen zu je 45 Euro (macht 5400 Euro), was einen Eintrag ins Führungszeugnis bedeutet. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

    Welche disziplinarrechtlichen Konsequenzen der Fall für den Polizisten haben wird, hängt vom Ausgang des Verfahrens ab. Bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und mehr wird ein Beamter automatisch aus dem Dienst entfernt. Liegt die Strafe darunter, wird je nach Schwere des Falls über Maßnahmen entschieden.

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