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Harburg: Harburger haben ihren Marktbrunnen wieder

Harburg

Harburger haben ihren Marktbrunnen wieder

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    Ein letzter Schlag mit dem Hammer: Bildhauer Fred Jansen bei der Arbeit am Wasserspiel des Brunnens am Marktplatz in Harburg. Jansen reparierte und rekonstruierte das durch einen Unfall beschädigte Werk.
    Ein letzter Schlag mit dem Hammer: Bildhauer Fred Jansen bei der Arbeit am Wasserspiel des Brunnens am Marktplatz in Harburg. Jansen reparierte und rekonstruierte das durch einen Unfall beschädigte Werk. Foto: Richard Hlawon

    Die Harburger haben ihren Brunnen am Marktplatz wieder. Leser dieser Zeitung erinnern sich sicher noch an die schaurigen Bilder, als sich voriges Jahr immer wieder Schwerlaster ihren Weg durch die eigentlich gesperrte Harburger Innenstadt bahnten, während die B25 zwischen Harburg und Hoppingen erneuert wurde. Höhepunkt der damit verbundenen Schadenserie: Am 26. September zerstörte ein Lkw bei einem missglückten Abbiegemanöver den filigranen Bronzebrunnen am oberen

    Geschaffen hatte diesen der Bildhauer Fred Jansen 1996 im Rahmen der Altstadtsanierung. Glücklicherweise sah er sich in der Lage, die erhaltenen Teile seines Kunstwerks zu reinigen und die beschädigten teils zu reparieren, teils neu zu gießen, also insgesamt den Brunnen vollständig wiederherzustellen.

    Der von Bildhauer Fred Jansen wiederhergestellte Marktplatzbrunnen, im Hintergrund das Rathaus.
    Der von Bildhauer Fred Jansen wiederhergestellte Marktplatzbrunnen, im Hintergrund das Rathaus. Foto: Richard Hlawon

    Da die Versicherung des Transportunternehmens die 98000 Euro Kosten dafür übernahm, stand der Rekonstruktion des Brunnens nichts im Wege, der städtische Bauhof stellte ihn dieser Tage auf und die „gute Stube“ Harburgs hat ihr Schmuckstück wieder. „Das war schon ein großer Aufwand“, kommentiert Fred Jansen die gesamte Aktion, „ein zweites Mal wird es nicht mehr möglich sein“. Sein Brunnen wirkt zierlich und filigran; er gefällt besonders durch die Vielfalt der Bezüge auf Geschichte und Ortssagen seines Standorts.

    Ereignisse aus der Geschichte der Stadt Harburg

    Der fein gestaltete Aufbau beginnt mit einem Ablaufbecken aus Wachenzeller Dolomit. Darüber erheben sich drei Bronzebecken mit unterschiedlichen Reliefdarstellungen. Auf dem untersten Becken sieht man aussterbende Zünfte, zum Beispiel Flachsbrecher, Fassner und Korbflechter. Auf dem mittleren Becken stellte Jansen in Kopfhöhe markante Bauwerke und Ereignisse aus der Geschichte Harburgs dar: Die Bruckmühle mit drehbarem Mühlrad und ehemaligem Hochwassersteg verkörpert die enge Verbindung Harburgs mit der Wörnitz. Ein Bürgermeister mit Urkunde weist auf die Stadterhebung 1849 hin. Plastisch abgebildet ist auch der Schwedenkönig Gustav Adolf, der 1632 im Dreißigjährigen Krieg in Harburg speiste. Vorgelagert sind dem Becken figürliche Sagengestalten wie der Schäfer vom Hüllenloch und der feurige Hund von Eisbrunn.

    Auf dem obersten Becken liest man neben der Silhouette der Burg wichtige historische Daten zur Geschichte von Burg und Ort. An der Spitze des Brunnens hängt unter einem Bogen die sogenannte Sühneglocke, die im Original den First des benachbarten Rathauses krönt. Als vollplastische, leicht stilisierte Figuren sind unter anderem ein Nachtwächter mit Hellebarde und Graf Ludwig III. angebracht, unter dem Harburg 1251 an die Grafschaft Oettingen übertragen wurde. Alle Bronzeteile wurden im Wachsausschmelzverfahren gegossen.

    Erneuert wurde nun die Wassertechnik. Der städtische Bauhof errichtete eine neue Brunnenstube, die den Brunnen mit Leitungswasser speist. 450 Liter werden dabei umgewälzt. Überlaufendes Wasser sowie Wasser aus der alten Brunnenstube werden über das Ablaufbecken zu einem Brunnen in Gestalt eines liegenden Krugs vor dem Café Käferlein geleitet und von dort in einer offenen Rinne zur Wörnitz.

    Reiche „Herren“ aus Augsburg spenden 1892 einen prächtigen Brunnen

    Wer sich an dem filigranen Figurenreichtum des Brunnens erfreut, sollte auch das gesamte mit dem Marktbrunnen harmonierende Kunstensemble in den Blick nehmen, das Fred Jansen geschaffen hat. Zu ihm gehören der erwähnte krugförmige Brunnen sowie der Brunnen vor dem „Holzwurm“-Gebäude. Von Efeu und Klematis umrankt, tragen Pflanzsäulen am unteren Marktplatz auf ihren oberen Enden Bronzefiguren. Wie die Brunnenreliefs verkörpern sie Berufe, die für die einstige Handwerkerstadt Harburg typisch waren: Bierbrauer, Schäfer, Fischer und Hufschmied. Die Wiedererrichtung des Brunnens gibt Anlass, sich an seine ältere Vorgeschichte zu erinnern. Der Anstoß zur Errichtung eines ansehnlichen Stadtbrunnens am Marktplatz ging vom einstigen Verschönerungsverein aus. Dieser war 1890 gegründet worden, um das Erscheinungsbild Harburgs vor allem für den aufkommenden Fremdenverkehr attraktiver zu gestalten. Den Vereinsprotokollen nach wurde auf Betreiben des Augsburger Lehrers Link im Dezember 1892 der Entwurf des Professors Studerus angenommen. Hinter diesem Vorschlag stand ein „Komitee“ Augsburger Bürger, die aus Harburg stammten. Diese offenbar begüterten Augsburger Vereinsmitglieder spendeten auch den überwiegenden Teil der für damalige Zeiten erheblichen Bausumme von 3000 Mark. Die Stadt Harburg musste sich nur um die Reparatur des Brunnenschachts und die Pflasterung nach der Fertigstellung kümmern.

    Der ehemalige Stadtbrunnen am Marktplatz in Harburg. Im Hintergrund: das sogenannte Moser-Haus.
    Der ehemalige Stadtbrunnen am Marktplatz in Harburg. Im Hintergrund: das sogenannte Moser-Haus. Foto: Archiv Stadt Harburg

    Auf Wunsch des Professors und „der Augsburger Herren“ sollte man den Brunnen „nur aus dem denkbar besten Material“ herstellen, „Kiefersfelden-Marmor“ für die Säulen und Granit für die Stufen. Die Arbeiten wurden an Augsburger Firmen vergeben, nicht an einheimische Meister, „um den Schein zu meiden, als wolle man jemand hintansetzen“. Im Frühjahr 1893 war der künstlerisch gestaltete Bau fertig. Das Wasser sei aus einem Schacht hochgepumpt worden, den man an Ort und Stelle gegraben habe. Dieser Brunnen stammte aus der Zeit des Wilhelminischen Kaiserreichs. Der „Monumentalbrunnen aus Untersberger Marmor“ (so der frühere Heimatforscher Ernst Ruff) ähnelte im Aufbau einem Torbogen und sollte wohl repräsentativ wirken. Auf alten Fotos nimmt er sich auf dem engen Marktplatz tatsächlich recht wuchtig aus.

    Ein Fuhrwerk prallt gegen das Bauwerk

    Kein Wunder, dass er, so der Heimathistoriker Fritz Leimer in den „Harburger Heften“, wenige Jahrzehnte später zum Verkehrshindernis werden sollte. 1928 habe ein landwirtschaftliches Fuhrwerk den Brunnen erheblich beschädigt. Weil sich der Streit über die Übernahme der Reparaturkosten hingezogen habe und 1930 die Wasserleitung fertiggestellt gewesen sei, hätten die Stadträte den Brunnen entfernen und auf dem Friedhof deponieren lassen. Dort sollte er aufgestellt werden, aber auch aus diesem Plan sei nichts geworden.

    Inzwischen sind alle Bestandteile dieses Brunnens verschollen. Wie er verschwanden nach und nach alle zehn öffentlichen Brunnen aus dem Stadtbild, der letzte 1960. Immerhin wurde als Ersatz auf dem oberen Marktplatz an der Vorderseite des sogenannten Spielberger-Hauses ein Trinkbrunnen eingerichtet, der sich bis zur Altstadterneuerung dort befand: Ein faustgroßer Löwenkopf aus Messing, der beim Drücken eines Hebels Wasser in ein kleines Steinbecken spie. Fritz Leimer erinnert sich, wie die Kinder sich in heißen Sommern daran erfrischten.

    Heute aber belebt der erneuerte Brunnen Fred Jansens mit seinem Geplätscher wieder die Altstadt und lädt Einheimische und Touristen mit den vielen Figuren und historischen Verweisen zum Entdecken und Erzählen ein.

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