Am Ausgang des Sommers begeht die evangelische Kirchengemeinde in Harburg den 300. Jahrestag des Abschlusses der Renovierungsarbeiten in der Schlosskirche St. Michael. Am 7. September 1721 fand der erste Gottesdienst statt, nachdem seit 1719 in der Kirche renoviert und umgebaut worden war.
Der letzte evangelische Fürst der Linie Oettingen-Oettingen, Albrecht Ernst II. hatte sich entschlossen, mindestens das eine oder andere Gebäude der Harburger Burg zu modernisieren. Das hieß, sie wurden im damals üblichen Barockstil neu- oder umgebaut. Weil ihm ein großer Festsaal fehlte, der auch im Hauptgebäude, dem Fürstenbau nicht unterzubringen war, setzte er auf das bisherige Wachgebäude ein großes neues Stockwerk auf, in dem ein neuer Saal seinen Platz fand.
Die evangelische Kirchengemeinde ist verpflichtet, regelmäßig Gottesdienste in der Kirche abzuhalten
Zur gleichen Zeit ließ Albrecht Ernst II. auch die Schlosskirche erneuern. Vor allem hatte er in einem Erbvertrag von 1711 mit seinen Verwandten in Wallerstein bestimmt, dass die evangelische Religion in seinem Fürstentum auch nach seinem kinderlosen Tod erhalten bleiben sollte. Deshalb ist bis heute die evangelische Kirchengemeinde Harburg verpflichtet, regelmäßig Gottesdiensten in der Kirche abzuhalten.
Vermutlich war die Schlosskirche, seit etwa 1569 nach der Reformation, als sie noch als Gemeindekirche diente, kaum mehr stärker renoviert worden, zu dunkel und zu unansehnlich. Auch sie sollte in dem damals modernen barocken Stil neu glänzen. Allerdings: Zu viel sollte das auch nicht kosten. Heute muss man darauf hinweisen, dass eine denkmalpflegerische Sanierung in absehbarer Zeit notwendig und kaum vermeidbar ist.
1719 wurde zunächst die Orgel abgebaut – man bestellte bei einem Orgelbauer aus Zirndorf ein neues Instrument. Mit Sicherheit wurden die Fenster vergrößert, denn die Rechnung über die etwa 4000 kleinen butzenähnlichen Glasscheiben, die in den Fenstern verwendet wurden, liegt noch im Archiv. Um mehr Sitzplätze zu schaffen, waren nach einer alten Rechnung schon 1626 zwei „Borkirchen“ eingebaut worden, wie es heißt. Es handelt sich um Emporen und man darf vermuten, dass sie schon damals am Ende des Langhauses zu finden waren wie heute.
Figuren an der Kanzel und Stuck an den Wänden und Decken
Vor allem aber wurde der Innenraum barock verschönert, mit Verzierungen, Figuren an der Kanzel und Stuck an den Wänden und Decken. Wir wissen ebenfalls aus den Rechnungen, dass im Wesentlichen der Harburger Baumeister Johann Bühler vor allem die Stuckarbeiten ausführte. Neben ihm hat noch Christoph Prügel als Mitarbeiter gewirkt. Beide Baumeister finden wir auch an hervorragender Stelle bei der Ausgestaltung des Festsaales im Saalbau des Schlosses. Bühler und Prügel arbeiteten in sehr guter Qualität, aber mit dem damals oft üblichen und preisgünstigen Stuck aus Gips. Zur weiteren Verschönerung wurde der Eichstätter Maler Matthäus Zinck bestellt, der mit seinen künstlerisch hervorragenden Deckengemälden der Kirche ihre kunsthistorische Bedeutung verlieh. Er erhielt, als er im Sommer 1720 fertig wurde, 85 Gulden für seine Arbeit an den großen Deckengemälden. Für die kleineren Gemälde bekam er dann noch einmal 25 Gulden. Das sind nach heutigem Wert etwa 1200 bis 1500 Euro.
Spätestens bei dieser Gelegenheit wurden die beiden Emporen über den Querschiffen eingerichtet. Die Brüstungen tragen noch das Monogramm des Fürsten „AE“ und das seiner Gemahlin, Fürstin Sophie Luise „SL“. Die neue Orgel war Anfang 1721 fertig und wurde 1721 von dem Orgelbauer Johann Ulrich aus Zirndorf bei Nürnberg nach Harburg gebracht und am 5. März fertiggestellt. Ob er auch das Orgelwerk – die Pfeifenregister – herstellte, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Erst 1911 musste es erneuert werden – auf Kosten der Kirchengemeinde lieferte die Firma Steinmayer in Oettingen eine neue Orgel für das ansonsten erhalten gebliebene Orgelgehäuse aus 1721.
Gottesdienst, Vortrag von Archivar und Beisammensein am Sonntag
Die evangelische Kirchengemeinde Harburg feiert den Jahrestag des ersten Gottesdienstes nach der barocken Renovierung als „300 Jahre Kirchweih“. Am Sonntag, 5. September, um 17 Uhr findet ein festlicher Gottesdienst statt. Die Predigt hält Kirchenrat Gloel vom Landeskirchenamt München, der Referent für Ökumene und Weltkirche.
Danach erläutert Burgarchivar Gerhard Beck die Geschichte der Schlosskirche, bevor die Kirchengemeinde zu einem Beisammensein auf dem benachbarten Kirchhöfle einlädt.