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Flüchtlinge: Ankerzentrum Donauwörth leert sich: So geht es jetzt weiter

Flüchtlinge

Ankerzentrum Donauwörth leert sich: So geht es jetzt weiter

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    Lange Jahre Mannschaftsunterkunft für Soldaten, einige Jahre Herberge für Asylbewerber. Eine geräumte Stube in einem mittlerweile geräumten Block des Ankerzentrums in Donauwörth.
    Lange Jahre Mannschaftsunterkunft für Soldaten, einige Jahre Herberge für Asylbewerber. Eine geräumte Stube in einem mittlerweile geräumten Block des Ankerzentrums in Donauwörth. Foto: Thomas Hilgendorf

    Die Auflösungserscheinungen in der alten Kaserne auf dem Schellenberg lassen sich am besten vor dem Hauptportal des Donauwörther Bahnhofs erkennen. In Grüppchen stehen Afrikaner mit Sack und Pack fast jeden Tag vormittags da, tippen auf Smartphones herum und schauen immer wieder auf ihre amtlichen Zettel. Dort steht drauf, wo es mit der Bahn hingehen soll, wo die nächste Unterkunft samt Meldestelle ist, jetzt, wo das Ankerzentrum auf dem Areal der Alfred-Delp-Kaserne schließt.

    Betriebsleiterin Alexandra Reinhardt und Einrichtungsleiter Frank Kurtenbach werden die Tür zum Ankerzentrum bald vollends schließen. 
    Betriebsleiterin Alexandra Reinhardt und Einrichtungsleiter Frank Kurtenbach werden die Tür zum Ankerzentrum bald vollends schließen.  Foto: Hilgendorf

    Schritt für Schritt leert sich die weitläufige Einrichtung, die im August 2018 die Erstaufnahme für Asylbewerber ablöste. Seither ist die vormalige Truppenunterkunft zwar irgendwie immer noch eine Erstaufnahme, doch sind jetzt alle möglichen Behörden mit auf dem Gelände um die oft langwierigen Asylverfahren so gut es geht zu beschleunigen.

    Viele Gruppen aus dem Ankerzentrum Donauwörth wurden bereits "abverlegt"

    Die Auflösungserscheinungen sind nach dem Passieren der Sicherheitsschleuse mit Stahldrehtor schon auf den ersten Blick zu sehen. Vor einigen Monaten war auf den ehemaligen Panzerstraßen viel los; Kinder spielten, größere Gruppen von Männern und Frauen standen zusammen oder gingen von A nach B.

    Auch das Eingangstor wird bald Geschichte sein. 
    Auch das Eingangstor wird bald Geschichte sein.  Foto: Hilgendorf

    Die Gruppen wurden nun zu Grüppchen, viele Migranten wurden inzwischen „abverlegt“, wie es im Behördendeutsch heißt. Regierungsrat Frank Kurtenbach weiß die genauen Zahlen: 220 Asylbewerber sind es an jenem nasskalten Novembertag noch. Kurtenbach sitzt in einer Feldwebelunterkunft, die eigentlich auch schon fast geräumt ist. Nur die Diakonie und der ein oder andere Security-Mitarbeiter harren noch aus in dem in die Jahre gekommenen Flachbau.

    Ende November werden es noch 150 Bewohner im Ankerzentrum sein

    Im Schnitt seien es stets 600 bis 700 Asylbewerber gewesen, die im Ankerzentrum bis zum Verfahrensabschluss beherbergt wurden. Im Sommer dieses Jahres erreichte die Zahl ihren Höchststand, da waren es 850 Personen. Das „Abschmelzen“ der Zahl im laufenden Betrieb sei seither eine der Hauptaufgaben der Mitarbeiter der Regierung von Schwaben gewesen, sagt Kurtenbach: „Ziel waren 600 Personen Ende August. Das haben wir erreicht. Ende November werden hier noch 150 Personen sein.“ Aber „allerspätestens“ am 20. Dezember werde „keine Behörde, kein Asylbewerber“ mehr auf dem Platz sein. Elf Tage bevor die stets beteuerte Laufzeit der Einrichtung endet. Nur der Diakonie würden einige Tage mehr eingeräumt für den Auszug.

    Ende Februar werde das Gelände samt Gebäuden an die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheit, kurz Bima, übergeben, von der es die Stadt Donauwörth kaufen möchte. Dann soll die künftige Siedlungsfläche für das angestrebte Alfred-Delp-Quartier komplett sein: insgesamt 30 Hektar für bis zu 2000 Neubürger. Ein Mammutprojekt für die 20.000-Einwohner-Stadt Donauwörth.

    Gebrauchte Matratzen stapeln sich in den Räumen des Ankerzentrums. 
    Gebrauchte Matratzen stapeln sich in den Räumen des Ankerzentrums.  Foto: Hilgendorf

    Doch bis dahin sind Einrichtungsleiter Kurtenbach und Betriebsleiterin Alexandra Reinhardt von der Regierung von Schwaben noch ziemlich im Stress. Alles muss raus. Hunderte Eisenstockbetten und Spinde. Man werde sie in Augsburg einlagern und an andere Unterkünfte übergeben, möglichst nichts soll weggeworfen werden, erklären die Regierungsmitarbeiter. All das ist ein logistischer Kraftakt, wie er es damals, nach der Aufgabe der Liegenschaft durch die Bundeswehr schon gewesen ist. Nur dass die Truppe das Material mit den eigenen Lkws abtransportieren konnte. Reinhardt muss hingegen vorgehen wie ein Privatmann, der ein Umzugsunternehmen sucht: Günstig soll es sein und zum vereinbarten Zeitpunkt abgeschlossen.

    Kinder sollen weiterhin zusammen bleiben

    Und klar, die Hauptsache seien ja die Menschen. Die Asylbewerber werden auf verschiedene Anker-Dependancen oder bestehende Gemeinschaftsunterkünfte in Schwaben verteilt. Einige Dependancen befänden sich, wie Kurtenbach erklärt, allerdings derzeit noch im Aufbau – die in Neu-Ulm und die Kempten. Klar sei auch, dass kein Ersatz-Ankerzentrum im Landkreis Donau-Ries in Planung sei, betont Kurtenbach. Die bestehenden Unterkünfte, etwa in Donauwörth (Hotel Viktoria), Oettingen und Maihingen würden bis auf Weiteres weiter bestehen. Bis zuletzt würden die Schulkinder mit ihren Familien im Ankerzentrum bleiben, um bis zu den Weihnachtsferien noch gemeinsam unterrichtet werden zu können. Diese Kinder werden mit ihren Familien dann wiederum gemeinsam in einer neu eingerichteten Unterkunft an der Berliner Allee in Augsburg unterkommen.

    Die Behördenmitarbeiter haben ebenfalls alle ihren Marschbefehl bekommen. Die meisten würden in der neuen Anker-Zentrale in Augsburg weiterbeschäftigt. Die Angestellten der privaten beziehungsweise kirchlichen Hilfsdienste haben entweder anderweitige Angebote an neuer Stelle bekommen – oder sie müssen sich neu orientieren. Eine Zahl gibt Frank Kurtenbach abschließend noch mit auf den Weg: Seit Ende 2015 bis zur Schließung haben insgesamt gut 11.200 Asylbewerber die Donauwörther Einrichtung durchlaufen. Dass das bewältigt werden konnte in einer alten Kaserne, daran erkenne man, so Kurtenbach, „die Stärke der deutschen Verwaltung“.

    Lesen Sie dazu den Kommentar von Thomas Hilgendorf: Ankerzentrum: voll im Zeitplan

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