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Donauwörth: Wie ein Afghane in Donauwörth Christ wurde

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Wie ein Afghane in Donauwörth Christ wurde

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    Benjamin (Mitte) hat sich im Donauwörther Liebfrauenmünster von Dekan Robert Neuner taufen lassen. Als Pate fungierte Sozialarbeiter Albert Riedelsheimer.
    Benjamin (Mitte) hat sich im Donauwörther Liebfrauenmünster von Dekan Robert Neuner taufen lassen. Als Pate fungierte Sozialarbeiter Albert Riedelsheimer. Foto: Riedelsheimer

    An diesem schwülheißen Frühlingstag geht es in der Donauwörther Kaserne zu wie auf einem kleinen Flughafen irgendwo auf der Südhalbkugel. Menschen aus vielen Teilen dieser Erde gehen geschäftig von A nach B, Wachleute kontrollieren Ausweise an der Hauptwache; Familien mit Rollkoffern sammeln sich auf den Wegen und Plätzen vor den Flachbauten, die bald, nach der Schließung des Ankerzentrums für Asylbewerber Ende des Jahres, abgerissen werden. In einem kleinen Büro der Asylsozialberatung schwitzt Benjamin aus Afghanistan. „

    Früher hieß Benjamin Amir. Und eigentlich war er schon immer, wenn es gut lief, lediglich ein geduldeter Mensch. Wenn es schlecht lief, dann lebte er „wie ein schmutziger Hund“, wie es Benjamin ausdrückt.

    Familie floh nach dem Mord an der Schwester in den Iran

    Nachdem Amir erst einen Monat auf der Welt war, packte seine Familie Hals über Kopf die Koffer und machte sich aus Angst vor den Taliban auf den Weg in den Iran. Die Islamisten, so berichtet es der 18-Jährige, hätten seine Schwester vergewaltigt und getötet. Sie wurde sechs Jahre alt.

    Im Iran angekommen, dauerte es nicht lange und der nächste Schicksalsschlag folgte: Die Eltern starben bei einem Unfall. Das Leben als Afghane im Iran sei ohnehin eines als Mensch zweiter oder dritter Klasse, Benjamin nennt die dortige Gesellschaft nüchtern „faschistisch“ geprägt: Afghanen werde vermittelt, dass sie nicht dazu gehörten. Reguläre Arbeit, ein Dasein unter regulären Gesetzen: Fehlanzeige.

    Hinzu kam, dass die Tante, bei der der Junge aufwuchs, ihm den Islam mit Gewalt eintrichtern wollte. Schläge mit dem Gürtel seien dabei eher die Norm gewesen. Eine willkürliche Festnahme des inzwischen 13-Jährigen durch die iranische Polizei während der Suche nach Arbeit als Tagelöhner habe dann den Ausschlag zur Flucht gegeben. Der Ausweis wurde zerschnitten, die Beamten schlugen, sie drohten mit der Abschiebung nach Afghanistan. Es folgte eine versuchte Vergewaltigung des Buben durch die Peiniger. „Es existiert so viel Hass in den islamischen Ländern“, sagt Benjamin heute kopfschüttelnd. Sogar die Tante habe geweint, als sie ihren Neffen nach der Marter aus dem Revier abholte.

    Mit einem Fluchthelfer reiste er allein in die Türkei

    Die Familie legte zusammen, ein Fluchthelfer in die Türkei wurde organisiert. Für den damals pubertären Jungen, der sich Ziele abseits von Gewalt stecken wollte, war klar, wohin der Weg führen musste: Nach Europa, obwohl er schier nichts davon wusste. Das, was man über diesen Kontinent sagte, das waren Begriffspaare: „Gute Gesetze, gutes Leben.“ Es war genug, um dafür sein Leben einzusetzen und wiederum aufzubrechen.

    Griechenland, der Marsch auf der Balkanroute „mit den Syrern“. Die anstrengende Reise hat er trotz der widrigen Umstände in guter Erinnerung: „So viele Menschen auf der langen Strecke haben uns geholfen. Ich kannte so etwas nicht, dass Fremde anderen Fremden helfen. Ich wollte wissen, woher das kommt, was der Hintergrund, was das Geheimnis Europas ist.“ Das Geheimnis lüftete sich für Benjamin – damals Amir – in der Steiermark, wo er wieder in einem Flüchtlingslager strandete.

    Eine Betreuerin kümmerte sich dort um ihn, sie sei „wie eine Mutter“ gewesen. Und sie war es, die Amir das erste Mal in eine Kirche mitnahm. Der Gottesdienst in dem evangelischen Gotteshaus habe sein Leben verändert, sagt er. Er habe Wärme, den Geist, einen tiefen Frieden gespürt, damals an Weihnachten: „Es war, als wäre ich für gut 20 Sekunden nicht mehr in meinem Körper.“ Das sei unbeschreiblich schön gewesen.

    Von da an wollte er immer mehr wissen über Jesus Christus. Und ihm wurde nun klar, was das Geheimnis in Europa war: das Christentum, das die Menschen präge. „Das Benehmen, die Hilfsbereitschaft. Es ist die Heilige Schrift der Christen. Darin habe ich die Antwort gefunden. Ich wollte auch so werden.“

    Landsleute bedrohten ihn, weil er Christ werden wollte

    Den Hass hinter sich lassen, in Hoffnung einen christlichen Weg gehen. Es wurde zum Ziel – doch da seien auch die zahlreichen Landsleute gewesen, die ihn deshalb im Lager schnitten, bedrohten, bespuckten, kontrollierten. „Viele Muslime denken, dass einem Konvertiten, der den Islam verlässt, die Todesstrafe zustehe. Für sie war ich als Christ Schmutz“, berichtet er.

    Ihm war klar: Er musste weiterziehen. In Deutschland, in Hagen/ Westfalen, lebt sein Halbbruder. Der legte ihm den Grenzübertritt nahe. Also wieder das Bündel packen, mit der Bahn in Richtung Rosenheim, wo er gleich am Bahnhof von der Bundespolizei aufgegriffen wurde und Asyl beantragte – und von wo er schließlich in das Ankerzentrum für

    Der junge Afghane sagt, viele junge Muslime glaubten auch an Christus, sie hätten aber enorme Angst, sich offen zu bekennen. Er wolle jeden dazu ermutigen. Wie geht es weiter? Benjamin sagt, er wolle Autolackierer werden – doch auch wenn das Geistliche für ihn sicher sei, das Weltliche ist es noch nicht: Der Asylantrag sei in Österreich abgelehnt worden. Er hängt momentan in den Wirren der Migrationsbürokratie. Das Leid in seinem Leben wolle er ertragen: Jesus Christus und seine Zusage geben ihm Kraft, ist Benjamin überzeugt.

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