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Donauwörth: So bekämpft ein Donauwörther den Hunger in Kenia

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So bekämpft ein Donauwörther den Hunger in Kenia

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    Die Helfer von Foood4Kenya unterstützen hungernde Menschen im afrikanischen Land Kenia.
    Die Helfer von Foood4Kenya unterstützen hungernde Menschen im afrikanischen Land Kenia. Foto: Andrew Onsongo Michieka

    Als Ulrich Böld in der Warteschlange im Supermarkt steht, packt ihn eine Mischung aus Wut und Verständnislosigkeit. Die Dame, die mit etwas Abstand vor ihm steht, beklagt sich über ihren Mund-Nasen-Schutz. Nun wäre das wohl etwas, das die meisten Menschen kurz danach wieder vergessen – vielleicht quittiert mit einem Kopfschütteln oder einem genervten Blick. Für den gebürtigen Donauwörther Böld zeigen sich anhand dieses Beispiels aber einmal mehr die Unterschiede zwischen seiner Heimat Deutschland und dem Land, in dem er hungernde Menschen unterstützt: Kenia.

    Böld sitzt derzeit in Deutschland fest, in Hamburg, wo er bei einem Freund Unterschlupf gefunden hat. Gemeldet ist er hierzulande nicht mehr, er lebt eigentlich in der Türkei. Nach vielen Auslandsaufenthalten hat den Astrologen die Neugierde gepackt, andere Kulturen zu entdecken. „Es hat mich immer schon interessiert, die Welt zu sehen. Ich komme aber auch noch nach Deutschland, wenn ich Seminare gebe“, sagt der 54-Jährige, der Donauwörth „als junger Mann“ verlassen habe.

    Die Idee kam während des Lockdowns im März

    Längst würde er gerne einen Flieger nehmen nach Kenia, wo er zusammen mit Freunden dafür sorgt, dass die Bewohner Nahrungsmittel bekommen. Ihren Ursprung hatte die Idee während des Lockdowns im März. „Wie viele Menschen hier hatte ich die ersten Tage kaum Möglichkeiten, etwas zu tun. In dieser Stille kamen mir Gedanken, was los ist, wenn Corona Kenia beziehungsweise den afrikanischen Kontinent erreicht. Mir wurde schnell klar, dass dort im Pandemiefall eine Hungersnot droht.“ Das war der Startschuss für seine Initiative.

    Ulrich Böld stammt aus Donauwörth.
    Ulrich Böld stammt aus Donauwörth. Foto: Böld

    Bevor eine akute Notlage eintrat, organisierte er sein Nothilfe-Projekt „Food4Kenya“. Böld: „Ich habe das mit einer Kinderhilfsorganisation und einer kenianischen Nichtregierungsorganisation begonnen. Unterstützt werde ich von der Anwältin Victoria Nzioki und Freunden, die ich im Laufe meiner Auslandsaufenthalte kennengelernt habe.“

    Der Start war jedoch alles andere als leicht. Die kenianische Regierung habe ein Verbot erlassen, wonach keine Organisation Lebensmittel verteilen dürfe, um die Infektionsgefahr einzudämmen. „Die Regierung wollte lieber, dass Hilfsorganisationen das Geld an sie weitergeben. Das kam für uns aber überhaupt nicht infrage. Teile der Regierung sind korrupt und wir konnten nicht sicher sein, ob die Spenden bei den Menschen ankommen, die sie wirklich brauchen“, erzählt Böld. Durch beherztes Eingreifen von Nzioki, die ihn bei Gesprächen mit dem Polizeipräsidenten, dem Gouverneur und dem Gesundheitsministerium unterstützt habe, konnte das Hilfsprojekt letztendlich doch eine Sondergenehmigung erwirken, erinnert sich Böld.

    Über 33 Tonnen Lebensmittel wurden schon verteilt

    Damit war der Weg für den Projektmanager und sein junges Team bereitet, um den Menschen in Kenia zu helfen. Seit Anfang April hat die Organisation schon über 33 Tonnen Lebensmittel verteilt: „Ich versuche, so viel von Deutschland aus zu organisieren, wie es geht. Unsere Leute machen einen super Job, vor Ort managt mein Freund Raphael Wanjiku die Verteilung.“ Die Menschen bekommen in Stoffsäckchen verpackte Mengen, in welchen neben Nahrungsmitteln auch Mund-Nasen-Masken sind. Vorbereitet werden die Rationen bereits im Großhandel, anschließend verteile sie sein Team vor allem in kleineren Dörfern. Unterstützung erfahre „Food4Kenya“ auch durch einen Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, der Menschen mit Symptomen auf Covid-19 untersuche, sagt Böld.

    Die Helfer von Foood4Kenya unterstützen hungernde Menschen im afrikanischen Land Kenia.
    Die Helfer von Foood4Kenya unterstützen hungernde Menschen im afrikanischen Land Kenia. Foto: Andrew Onsongo Michieka

    Dadurch, dass das Virus zuerst in anderen Staaten der Welt ausbrach, konnte sich Kenia vorbereiten. Es ist ähnlich wie in Deutschland, es gab anfangs strikte Ausgangssperren. Auch Straßensperrungen, an denen Fieber gemessen wird, wurden eingeführt. Menschen mit Symptomen oder Infektionen werden in Quarantäne geschickt.“

    Probleme vor allem für Beschäftigte in der Landwirtschaft

    Problematisch seien die Ausgangsbeschränkungen vor allem für die Menschen, die durch die Landwirtschaft ihr Geld verdienen würden: „Kenia ist ein sehr grünes Land, in dem viele Menschen von der Landwirtschaft leben. Wenn sie ihre Ware nicht auf den Märkten verkaufen können, geraten die Menschen in eine Notlage. Wir erfahren eine extreme Dankbarkeit. Das ist uns tausendmal mehr wert, als Geld zu verdienen“, bekräftigt der Projektmanager. Die Mentalität sei einfach anders. Auch wenn Menschen deutlich weniger hätten, seien sie bescheiden. „Die Leute teilen auch in der Not viel miteinander. Sie sind gestärkt durch ihren Glauben und durch ihre positive Art, durchs Leben zu gehen. Dennoch ist es unerträglich, dass Menschen in der heutigen Zeit hungern müssen.“

    Spenden werden vor allem über das Internet gesammelt.
    Spenden werden vor allem über das Internet gesammelt. Foto: Andrew Onsongo Michieka

    Spenden sammelt das Projekt über die Internetseite food4kenya.org. „Mit zehn Euro bekommen wir in Kenia eine zehnköpfige Familie vier Tage lang satt“, sagt Böld, dessen Team Videos von Versorgungsfahrten auf dem Kanal „Food4Kenya“ auf der Plattform Youtube hochlädt. Er betont: „Wir wollen zeigen, dass es bei den Menschen ankommt. Manche Kinder singen für uns, weil sie uns nichts anderes zurückgeben können. Mit der Kamera halten wir solche Momente fest, dennoch gehen wir achtsam vor. Denn die Menschen, die dort hungern, zeigen das nicht gerne. Aber es ist ihnen anzusehen.“

    In der kommenden Woche will er nach Kenia aufbrechen

    Wenn er dann in Deutschland Menschen wie die Dame im Supermarkt schon über die Maskenpflicht klagen höre, müsse er sich „kolossal zusammenreißen“, seufzt der 54-Jährige. „Wir haben in Kenia einem Mädchen einen Rollstuhl besorgt, weil es sein Bein verloren hat. Als dieses Kind den zum ersten Mal gesehen hat, hat es eine Dankbarkeit und Freude ausgestrahlt, die mich überwältigt hat. Die Menschen in Kenia haben viel weniger als wir und gehen nach meinem Eindruck trotzdem glücklicher und zufriedener durchs Leben, als es manche in Deutschland tun.“

    Es sei den Leuten nicht bewusst, was für ein großes Glück es sei, dass es ihnen hier so gut gehe, sagt Böld nachdenklich. Kommende Woche will er nach Kenia aufbrechen, um dort sein Hilfsprojekt weiter voranzutreiben, das er die vergangenen Wochen von Deutschland aus koordinierte.

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