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Donauwörth: Nach Tumulten: So lief der Auftritt von AfD-Frau Alice Weidel

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Nach Tumulten: So lief der Auftritt von AfD-Frau Alice Weidel

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    Alice Weidel sprach am Sonntag vor über 500 Zuhörern im Deutschmeister in der Donauwörther Parkstadt.
    Alice Weidel sprach am Sonntag vor über 500 Zuhörern im Deutschmeister in der Donauwörther Parkstadt. Foto: Helmut Bissinger

    Elisabeth Hörr singt die deutsche Nationalhymne voller Inbrunst. Alice Weidel stimmt wesentlich zurückhaltender, aber textsicher ein. Hörr, stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbandes, ist der Stolz anzumerken, mit Weidel die Spitzenkandidatin der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) nach Donauwörth geholt zu haben. Der Saal im Gasthof „Zum Deutschmeister“ ist berstend voll. Dabei wäre Weidels Auftritt beinahe gescheitert.

    Als der Wagen mit der umstrittenen Politikerin vorfahren wollte, blockierten Demonstranten die Straße. Dabei kam es zu tumultartigen Szenen (wir berichteten). Im Vorfeld waren bereits Mahnwachen des Jugendzentrums Donauwörth und eine von mehreren Parteien (Grüne, Linke, SPD) bei der Polizei angemeldet worden. Als es den Ordnern nicht gelang, dem Fahrer Weidels ein Durchkommen zu ermöglichen, setzte er zurück.

    Erst im zweiten Anlauf und mit Verzögerung gelang es der Politikerin über den Kücheneingang zum Veranstaltungsort zu kommen. Dort gab es in einem abgetrennten Raum zunächst einen Live-Chat mit einem Nachrichtensender. In dem mit mehr als 500 überwiegend mit Sympathisanten der AfD gefüllten Saal stellten sich derweil bereits vier Listenkandidaten für die Bundestagswahl und der nordschwäbische Direktbewerber Rafael Hauptmann vor. Weidel wechselte, immer ein Lächeln auf den Lippen, unmittelbar nach dem bundesweiten Chat in den Saal.

    Alice Weidel lächelt die Proteste weg

    Dort zeigte sie sich unbeeindruckt von den Vorfällen vor dem Veranstaltungsort. Die Demonstranten hatten bereits zwei Stunden gewartet. Eva Lettenbauer (Grüne) und Daniel Becht (Jungsozialisten in der SPD) erklärten in kurzen Beiträgen, „dass es keine Chance für Rechtspopulisten wie die Anhänger der AfD“ geben dürfe. Unter denen sich dann gegen das Auto stellenden Demonstranten waren auch die Bundestagskandidaten Albert Riedelsheimer (Grüne) und Manfred Seel (Linke). Abseits vom Geschehen beobachtete ein weiterer Bewerber das Geschehen. Nach den Tumulten zog sich Christoph Schmid (SPD), offenbar ob der Vorfälle irritiert, zurück.

    Weidel lächelte dies derweil weg, erinnerte, wie um ihre Widerstandskraft zu belegen, an die Jahre, als sie beruflich bedingt in der Volksrepublik China gelebt habe und an ihre mehrfachen Reisen nach Nordkorea. Zunächst verteidigte sie sich, dass sie die ZDF-Wahlsendung „Wie geht’s Deutschland?“ vorzeitig verlassen habe. Der Disput mit CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sei unerträglich gewesen, die Moderation parteiisch. Der Abgang hatte Weidel indessen in aller Munde gebracht.

    Weidel schießt gegen Merkel und Seehofer

    Die 38-Jährige, mit Jeans-Hose und einem Business-Blazer gekleidet, setzte sich für Volksabstimmungen nach Schweizer Muster ein. Weidel: „Wenn wir diese durchgeführt hätten, als der Euro kommen sollte, dann hätte Deutschland dagegen gestimmt“. Die „Politik des billigen Geldes“ habe eine Umverteilung in Gang gesetzt. Null- und Negativzinsen seien der „feuchte Traum“, wie sie es nannte, eines jeden Finanzministers in hoch verschuldeten Ländern. „Die Sparer sind die Leidtragenden“, sagte Weidel und erntete, wie mehrmals während der einstündigen Rede, tosenden Beifall.

    Und dann wurde sie markig: Die Bundeskanzlerin sei im „Herzen eine Grüne“. Keiner ihrer „Schoßhündchen“ getraue sich aufzumotzen, auch nicht Horst Seehofer „und die anderen Handtaschen-Waldis“. Die AfD werde im Bundestag, so Weidel, die heiklen Themen ansprechen, die kalte Progression in einem „ungerechten Steuersystem“ abschaffen „und wir geben für den Diesel eine Bestandsgarantie bis ins Jahr 2050“.

    Als die Stimmung im Saal auch wegen der Enge und Schwüle kochte, fragte Weidel die Besucher, ob sie zu sprechen aufhören solle, damit man zusammen etwas trinken könne. „Weitermachen“ schallte es aus vielen Kehlen. Weidel packte einen drauf und verdonnerte die Asyl- und Migrationspolitik der Regierung, um schließlich generell zu versprechen: „Wir werden denen im Bundestag auf den Kopf steigen.“ Danach: stehende Ovationen und minutenlangen Beifall. Nordschwabens AfD-Kandidat Rafael Hauptmann fügte an: „Wir müssen dieses Land retten. Dies ist unsere letzte Chance.“

    Die Demonstranten waren zu diesem Zeitpunkt längst abgezogen. Lange waren sie im Glauben geblieben, wie es einer von ihnen formulierte, Alice Weidel „verjagt“ zu haben.

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