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Donauwörth: Mordprozess: Polizisten fühlten sich am Tatort „wie im schlechten Film“

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Mordprozess: Polizisten fühlten sich am Tatort „wie im schlechten Film“

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    In diesem Hinterhof in Donauwörth hat ein 33-Jähriger ein Ehepaar niedergestochen. Die Kripo ermittelt nun wegen Mordes und versuchten Mordes. Am Montag waren die Beamten nochmals vor Ort.
    In diesem Hinterhof in Donauwörth hat ein 33-Jähriger ein Ehepaar niedergestochen. Die Kripo ermittelt nun wegen Mordes und versuchten Mordes. Am Montag waren die Beamten nochmals vor Ort. Foto: Barbara Wild

    Zwei blutüberströmte, am Boden liegende und kauernde Schwerverletzte, daneben ein Schwarzafrikaner im traditionellen Kaftan mit einem Messer in der Hand – ein schauerliches Bild bot sich den ersten Polizisten, die am Freitagmorgen, 29. März 2019, in der Donauwörther Bahnhofstraße eingetroffen waren. Diese und weitere Polizeibeamte waren am zweiten Verhandlungstag als Zeugen vom Augsburger Landgericht geladen.

    Dort muss sich derzeit ein 35-Jähriger aus Guinea wegen Mordes und versuchten Mordes verantworten, der einen 49-jährigen Ingenieur mit einem Messer getötet und dessen Ehefrau schwer verletzt hatte. Der siebenjährige Sohn des indischen Ehepaars hatte die Tat beobachtet, er blieb körperlich unverletzt.

    Eine Menschenmenge in der Bahnhofstraße

    Blutüberströmt mit unzähligen Stichwunden – „wie in einem schlechten Film“ hätte er die beiden Schwerverletzten angetroffen, erinnerte sich ein 29-jähriger Streifenbeamter, der mit einem Kollegen und einem Polizei-Praktikanten als Erster am Tatort eingetroffen war. Nach der Alarmierung durch die Einsatzzentrale sei man zu dritt sofort an den Tatort gefahren.

    Die brutale Gewalttat aus dem März 2019 wird derzeit in Augsburg verhandelt.
    Die brutale Gewalttat aus dem März 2019 wird derzeit in Augsburg verhandelt. Foto: Wild

    In der Bahnhofstraße sei gleich eine Menschenmenge zu erkennen gewesen, die den Streifenwagen und die Polizisten geleitet habe. Im Innenhof der Wohnanlage eingetroffen, sei zunächst nur der Beschuldigte zu sehen gewesen, er habe ein Messer in der blutverschmierten Hand gehalten.

    Polizisten ziehen die Pistole

    Als er und sein Kollege den Mann mit gezogener Pistole anschrien, er solle das Messer wegwerfen, habe der Mann nach einigen Momenten gefolgt. Er habe sich wie befohlen auf den Boden gelegt, die Arme ausgebreitet und sich fesseln lassen. Umgehend habe er sich, so der Beamte, den zwei verletzten Personen zugewandt.

    Der Mann habe gekrümmt am Boden gelegen, stark blutend, zwar noch schwach geatmet, sei aber nicht ansprechbar gewesen. Ein Anwohner hatte sich bereits um den Verletzten gekümmert und versucht, mit einem Tuch die Blutungen am Hals zu stoppen. Über dem 49-Jährigen habe in schützender Haltung die Ehefrau gekniet, die ebenfalls erheblich blutete. Zum Glück, so der Beamte, sei der Rettungsdienst schnell am Tatort eingetroffen, denn mit Mitteln des Erste-Hilfe-Kastens aus dem Streifenwagen habe man nicht viel ausrichten können.

    In der Wohnung riecht es nach Kaffee

    Nachdem der Angreifer zur Wache gefahren wurde, die Verletzten auf dem Weg ins Krankenhaus waren und sich weitere Polizisten um die Zeugen und die Spurenlage gekümmert hätten, sei er selbst in die Wohnung des Beschuldigten gegangen, weil von einem Kind des Ehepaars die Rede gewesen sei. Die Wohnung habe er abgedunkelt vorgefunden, überall sei braunes Pulver auf dem Boden verstreut gewesen, entsprechend roch es überall nach Kaffee, Licht und Wasser schienen nicht zu funktionieren. Ein Kind habe er nicht entdeckt.

    An der Stelle, wo ein Familienvater von einem Nachbarn mit einem Messer getötet wurde, hatten Anwohner Blumen und Kerzen aufgestellt.
    An der Stelle, wo ein Familienvater von einem Nachbarn mit einem Messer getötet wurde, hatten Anwohner Blumen und Kerzen aufgestellt. Foto: Barbara Wild

    Dieser Beamte wie auch alle anderen, die an jenem Tag am Tatort Kontakt mit dem Beschuldigten hatten, erinnerten sich, dass er mehrfach gerufen habe „Müssen sterben“. Zudem habe sich der dann gefesselte 35-Jährige während der Fahrt in die Donauwörther Polizeiinspektion und auch dort noch mehrfach erkundigt, ob der Angegriffene denn schon tot sei. In wirren Worten habe er Unverständliches dahingehend gesprochen, dass sein Volk in Afrika von dem Angegriffenen bedroht werde.

    Der Angreifer war machen Polizisten schon bekannt

    Dem 29-jährigen Beamten und einigen Kollegen sei der Beschuldigte bereits bekannt gewesen, weil er etwa vier Wochen vorher von der Polizei aus der Ausländerstelle des Landratsamtes habe geführt werden müssen. Dort sei er nach einer abgelehnten Nachfrage nach Geld aggressiv geworden.

    Der Streifenkollege des 29-jährigen Polizisten schilderte dem Gericht inhaltsgleich die Festnahme des Beschuldigten aus seiner Sicht. Er hatte bei der anschließenden Aufnahme von Zeugendaten kurz auch mit dem siebenjährigen Sohn des Ehepaares gesprochen, um den sich zunächst Nachbarn gekümmert hatten. Der Bub habe ihm erzählt, dass der Beschuldigte im selben Haus ihnen gegenüber wohne. Er berichtete von einer vorangegangenen Auseinandersetzung um einen Tisch, ohne Näheres dazu zu wissen.

    Das Kind läuft zurück ins Haus

    Als er gesehen hatte, wie der Beschuldigte seinem Vater im Hof des Hauses unvermittelt eine Seilschlinge über den Kopf um den Hals gelegt und ihn damit gewürgt habe, sei er zurück ins Haus gelaufen und habe die Mutter zu Hilfe gerufen. Zurück auf dem Revier erinnerte sich der Polizist sinngemäß an Worte des 35-Jährigen wie „Keiner kommt mit der guten Nachricht“, dass der Angegriffene tot sei.

    Die Polizei war mehrere Stunden am Tatort.
    Die Polizei war mehrere Stunden am Tatort.

    Der dritte Mann der ersten Streife am Tatort , ein 23-jähriger, damaliger Praktikant, erinnerte sich noch recht genau an Aussagen des Angreifers: Er müsse den Mann töten, er müsse das zu Ende bringen. Der Angreifer habe auch später auf dem Revier einen ruhigen Eindruck gemacht.

    Hat der Mann gewusst, was er tut und sagt?

    Es habe den Eindruck gehabt, dass er genau gewusst habe, was er machte und dass er das, was er tat, für richtig gehalten habe. Die Polizisten, die den 35-Jährigen festgenommen hatten, hatten den Eindruck, als habe der Mann nicht unter Drogen gestanden.

    Der heute 35-Jährige hatte seinen Nachbarn und dessen 43-jährige Ehefrau schwer verletzt. Der 49-Jährige war am Nachmittag des Tattages an seinen schweren Verletzungen gestorben.

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