„Warum?“ Die Vorsitzende Richterin Ruth Roser stellt diese Frage mehrmals. Der 57-Jährige auf der Anklagebank zuckt mit den Schultern und sagt mit brüchiger Stimme: „Ich weiß es nicht.“ Von November 2018 bis Mai 2020 hat der Mann aus dem südlichen Donau-Ries-Kreis insgesamt fast 2500 Fotos und Videos mit kinder- und jugendpornografischem Inhalt gesammelt. Deshalb muss er sich nun vor dem Schöffengericht in Nördlingen verantworten.
Nach einer Anzeige führten die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu dem 57-Jährigen. Im Mai erschienen Beamte der Kripo Dillingen mit einem Durchsuchungsbeschluss in der Wohnung des Verdächtigen. Die Beamten beschlagnahmten unter anderem ein Mobiltelefon und einen Laptop. Auf den Geräten wurden Informatiker einer von der Polizei beauftragten Firma dann fündig. Sie entdeckten insgesamt 2488 Dateien, die einen strafbaren Inhalt haben. Teilweise waren die Fotos und Videos gelöscht. Die Spezialisten konnten sie aber rekonstruieren.
Kripo-Beamter spricht von einem "heftigen Fall"
Die Aufnahmen zeigen – so wird in dem Prozess bekannt – Kinder und Jugendliche in aufreizenden Posen, aber auch bei sexuellen Handlungen. Was auf einigen der Dateien zu sehen ist, bezeichnet Ruth Roser schlicht als „entsetzlich“. Kinder würden vergewaltigt, ja sogar Babys würden sexuell missbraucht – und das auf abartige Weise. Ein Kripo-Beamter, der als Zeuge geladen war, spricht von einem „heftigen Fall“.
Der Angeklagte gibt unumwunden zu, die schrecklichen Fotos und Videos besessen zu haben. Er versendete sie per WhatsApp über das Handy auch an andere Personen. Deren Identität konnte die Kripo nicht feststellen. Die Vorsitzende Richterin hakt nach, sie möchte etwas über das Motiv herausfinden. Haben die Aufnahmen den Mann sexuell erregt? Tat er es aus Langeweile? Hat er etwas vermisst? Der 57-Jährige verneint: „Ich bin nicht pädophil. Ich würde nie auf die Idee kommen, Kinder anzufassen.“ Er lebe seit 15 Jahren in einer festen Beziehung mit einer Frau. Er wisse, dass solche Bilder verboten seien und dass den Kindern und Jugendlichen großes Leid zugefügt werde. Warum er sich dennoch darauf eingelassen habe, könne er sich nicht erklären: „Ich habe darauf keine Antwort.“
Staatsanwältin fordert für den Angeklagten eine Haftstrafe
Staatsanwältin Melanie Koch hält dem bislang unbescholtenen Mann sein Geständnis und sein kooperatives Verhalten zugute, wertet aber den langen Zeitraum sowie die Menge und den Inhalt der Aufnahmen als belastend. Die Anklägerin fordert eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren. Für den Fall, dass das Gericht eine Bewährungsstrafe verhängen sollte, sollte dem Mann eine Therapie auferlegt werden.
Verteidiger Max-Hermann Jäger redet erst gar nicht um den heißen Brei herum: „Diese Taten lassen sich nicht beschönigen.“ Das Verfahren habe seinen Mandanten schwer beeindruckt. Er brauche Hilfestellung, „um sich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen“. Jäger plädiert dafür, es bei einer Freiheitsstrafe zur Bewährung zu belassen.
Warum das Gericht eine Gefängnisstrafe für den 57-Jährigen für angebracht hält
Doch nach längerer Beratung kommt das Schöffengericht zu dem Schluss, dass es nicht dabei belassen werden kann. Demnach soll der Mann für zwei Jahre und zwei Monate ins Gefängnis. Sie habe mit den beiden Schöffen „viel diskutiert, was in diesem Fall eine gerechte Strafe ist“, erklärt Ruth Roser. Letztlich habe „die Qualität der Bilder“ zur Entscheidung geführt, keine Bewährung auszusprechen. Der Inhalt der Dateien gehe „deutlich darüber hinaus, was erträglich ist“.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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