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Donauwörth: Hepatitis-Infizierter erzählt: "Hätte alles verlieren können"

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Hepatitis-Infizierter erzählt: "Hätte alles verlieren können"

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    In der Donau-Ries-Klinik in Donauwörth sind mehrere Menschen mit Hepatitis C infiziert worden.
    In der Donau-Ries-Klinik in Donauwörth sind mehrere Menschen mit Hepatitis C infiziert worden. Foto: Ulrich Wagner (Archiv)

    Jürgen R.* ist den Tränen nahe. "Gerade habe ich den Brief geöffnet", sagt er mit zitternder Stimme. Es ist das Schreiben des Gesundheitsamts, von dem einige Tausend Menschen in Nordschwaben hoffen, es nie zu bekommen. Es geht um die Frage, ob ein bestimmter Narkosearzt an der Donau-Ries-Klinik in Donauwörth bei der Operation des jeweiligen Patienten dabei war oder nicht.

    Jürgen R. hat Gewissheit: Er wurde in dem Krankenhaus operiert, der Anästhesist stand mit am OP-Tisch. R. ist eine von bislang acht Personen, bei denen mit größter Wahrscheinlichkeit etwas kaum Fassbares passiert ist: Der an Hepatitis C erkrankte Mediziner hat ihn mit dem Virus angesteckt. R. findet dazu deftige Worte: "Das ist für mich die größte Schweinerei."

    Mann mit Hepatitis-C: "Ich hätte alles verlieren können"

    Einerseits weiß der Familienvater aus dem Raum Donauwörth nun mit ziemlicher Sicherheit, woher er das Virus hat, andererseits ist schon zu viel passiert, als dass er zur Tagesordnung übergehen könnte. "Ich hätte alles verlieren können", sagt der Mann – und erzählt eine Geschichte, die einen erschaudern lässt.

    Nach der Operation ist bei R. zunächst alles in Ordnung. Nach ein paar Monaten jedoch merkt er: "Irgendetwas stimmt nicht mit mir." R. fühlt sich schlapp, er hat Gliederschmerzen. Der Mann quält sich durch den Sommer: "Mir ging es nicht gut." Anfang September sucht er seine Hausärztin auf. Die lässt ein großes Blutbild machen. Kurz darauf kommt das alarmierende Ergebnis: Die Leberwerte sind extrem erhöht. R. muss umgehend ins Krankenhaus, wird stationär aufgenommen.

    Ein erster Verdacht: R. könnte Aids haben. Ein Schnelltest bringt nach zwei Stunden, die zur Ewigkeit werden, erst einmal Entwarnung. Doch dann bestätigt sich der zweite Verdacht: Es ist Hepatitis C. Nach dem ersten Schreck rückt immer mehr die Frage in den Mittelpunkt, wie sich der Mann das Virus eingefangen hat. Der Patient grübelt: "Ich nehme keine Drogen, bin nicht fremdgegangen und trinke höchstens mal ein paar Bier." Seine einzige Erklärung: "Ich kann das nur aus der Klinik haben." Doch die Ärzte halten diese Version für unwahrscheinlich.

    Woher kommt das Hepatitis-Virus?

    Für R. beginnen zermürbende Wochen. Er ist krankgeschrieben. Auch sein Umfeld rätselt: Woher kommt das Virus? R. fürchtet um seine Beziehung, um seinen Arbeitsplatz – und um sein Leben. Die Mediziner diagnostizieren Hepatitis C, Typ 3. Dies könnte trotz der möglichen Therapie im späteren Leben fatale Folgen haben: Eine Leberzirrhose oder Leberkrebs seien möglich.

    Damit nicht genug: R. merkt, dass ihn Menschen meiden, wohl auch aus der (unbegründeten) Angst, sie könnten sich bei ihm anstecken: "Ich bin hingestellt worden, als ob ich aussätzig wäre." Die psychische Belastung ist für R. kaum noch ertragbar. Er kann nachts kaum noch schlafen.

    Da ruft ihn am Dienstag ein Angehöriger an. Der hat im Radio gehört, dass ein ehemaliger Narkosearzt der Donauwörther Klinik im Verdacht steht, bei Operationen mehrere Patienten mit Hepatitis C angesteckt zu haben: "Da haben bei mir die Alarmglocken geklingelt." Drei Tage später hat es R. nun auch schwarz auf weiß, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach zu denen gehört, die der Arzt infiziert hat.

    Seine Therapie beginnt jetzt

    R. war bereits bei einem Anwalt, um rechtliche Schritte einzuleiten. Mit der eigentlichen Therapie gegen Hepatitis C fängt er jetzt an. Seine Hausärztin teilte ihm bereits mit, dass mit Kosten von 30.000 zu rechnen sei. Die Krankenkasse übernimmt diese.

    Was bleibt, ist die Angst vor den möglichen Spätfolgen – und die Fassungslosigkeit, wie es so weit kommen konnte.

    (* Name von der Redaktion geändert)

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