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Donauwörth: Hass von rechts und links - das gibt es auch im Landkreis Donau-Ries

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Hass von rechts und links - das gibt es auch im Landkreis Donau-Ries

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    Zahlencodes und Sprüche, welche die Ablehnung der staatlichen Organe zeigten, prangen an so machen Bauwerken in der Region. Der Verfassungsschutz beobachtet aber nicht nur jene Schmierereien.
    Zahlencodes und Sprüche, welche die Ablehnung der staatlichen Organe zeigten, prangen an so machen Bauwerken in der Region. Der Verfassungsschutz beobachtet aber nicht nur jene Schmierereien.

    Der Hass kennt oft keine Grenzen: Der Hass auf den Staat und seine Vertreter, auch an der Basis, in den Kommunen, ist laut einer Vertreterin des Verfassungsschutzes, die am Freitag bei der virtuellen Bürgermeisterdienstbesprechung im Landratsamt in Donauwörth ihre Lageeinschätzung präsentierte, nach wie vor auf dem Vormarsch. Die Verfassungsschützerin zeigte auch auf: Der Extremismus rechts wie links sei zwar in der Tat eine Randerscheinung in mehrfachem Sinne – aber ein Phänomen, das jeder Rathauschef wie auch jeder Bürger durchaus im Auge behalten sollte.

    Julia Beinder ist als Verfassungsschützerin zuständig für Schwaben und Oberfranken und daher gut informiert über das, was in der Region an den äußersten Rändern des politischen Spektrums passiert. Sie arbeitet bei der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE), einer Einrichtung des Freistaats.

    Auch in Nordschwaben gibt es extremistische Umtriebe

    Beinder zufolge gibt es in der Region Nordschwaben sowohl rechts- als auch linksextremistische Umtriebe. Aus Ostdeutschland schwappe hinsichtlich des Rechtsextremismus neuerdings eine Art „Kümmerer-Bewegung“ nach Bayern, die vorgibt, sich der Sorgen und Nöte ganz normaler Bürger anzunehmen (jedoch explizit nur deutscher) – etwa, in Corona-Zeiten, über Einkaufsdienste, Bürgerwehr-Streifen und Ähnliches. Dieses vermeintlich soziale Handeln gehe des Öfteren direkt von Organisationen und Parteien wie dem „III. Weg“ aus, einer Kleinstpartei am äußersten rechten Rand, die laut Beinder deutliche Parallelen zur Ideologie des Nationalsozialismus aufweist.

    Mittlerweile fischten jene Gruppierungen nicht mehr nur im eigenen Milieu, also in den Rechtsaußen-Subkulturen, vielmehr suchten sie seit einigen Jahren verstärkt den Weg mitten hinein ins Bürgertum.

    Januar 2018: Diese Gruppe marschierte zumindest ein Stück weit beim Faschingsumzug in Donauwörth mit. Das empört die Initiative Fasching Donauwörth.
    Januar 2018: Diese Gruppe marschierte zumindest ein Stück weit beim Faschingsumzug in Donauwörth mit. Das empört die Initiative Fasching Donauwörth. Foto: Helmut Bissinger

    Flugblätter und Broschüren mit jenen Hilfsdiensten als auch der Versuch der sukzessiven Unterwanderung von bürgerlichen Protestbewegungen – auch aktuell bei Demonstrationen gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen – ebneten die Kontaktknüpfung zu eigentlich dem Extremismus fernstehenden Menschen, so Beinder. Indessen warne sie davor, so Beinder auf Nachfrage des online zugeschalteten Nördlinger Oberbürgermeisters David Wittner, die Corona-Protestbewegung oder Impfgegner in der Region mit extremistischen Milieus schlicht gleichzusetzen. Proteste von Bürgern sollten nicht per se mit Argwohn betrachtet werden: „Es macht eine Demokratie aus, dass man auf die Straßen gehen darf“, sagte die Verfassungsschützerin.

    Zuletzt aufgefallen mit Aktionen in Donauwörth: Die identitäre Bewegung

    In Nordschwaben sei zuletzt immer wieder die völkisch ausgerichtete Identitäre Bewegung (IB) aufgefallen, etwa durch die unangemeldete Beteiligung am Faschingszug in Donauwörth sowie durch weitere kleinere Aktionen und auffällige Aufkleberverbreitung. Die IB versuche, so Beinder, die völkische Ideologie in ein modernes, jugendliches Gewand zu transformieren. Zuletzt allerdings sei es ruhiger um die IB in der Region geworden.

    Auf linker Seite sind in Nordschwaben vor allem Einzelaktionen aus dem Bereich des Anarchismus augenfällig, wie die Verfassungsschützerin weiter berichtete. Wie auch die rechte Szene seien auch die Linksextremisten gut vernetzt, etwa mit der Antifaschistischen Aktion (Antifa) als „Sammelbecken“.

    November 2018: Ein Transparent und Plakate hingen am Samstagmorgen an der Treppe vor dem Donauwörther Rathaus. Zudem stand dort ein Behälter mit einem Fass.
    November 2018: Ein Transparent und Plakate hingen am Samstagmorgen an der Treppe vor dem Donauwörther Rathaus. Zudem stand dort ein Behälter mit einem Fass. Foto: Müller

    Die linken Aktionen liefen zumeist über dezentrale Kleingruppen ab – in Nordschwaben seien in letzter Zeit Schmierereien wie ACAB/ 1312 (All cops are bastards, auf Deutsch: „alle Polizisten sind Bastarde“) – sowie diverse andere linke Zahlen- und Buchstabencodes auffällig (zum Beispiel: AFA/161, „Antifaschistische Aktion).

    Der Linksextremismus, der in den vergangenen Jahren eher die „Gewalt gegen Sachen“ vorzog, tendiere deutschlandweit mittlerweile verstärkt zur Gewalt gegen Menschen, allem voran den politischen Gegner; dieser solle somit direkt bekämpft beziehungsweise eingeschüchtert werden. Teile der linksextremen Szene, so Beinders, versuchten zudem, in von maßgeblich von Jugendlichen getragenen ökologischen Bewegungen wie Fridays for Future oder Extinction Rebellion Fuß zu fassen beziehungsweise Anschluss zu finden.

    Rat der Expertin: Besonnen auf Anzeichen von Extremismus reagieren

    Jeglicher Form des Extremismus kämen die Digitalisierung und die Anonymität des Internets entgegen. So erreichten die Vertreter jener Gruppierungen, welche die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnten, auch Bürger, die im analogen Zeitalter Propagandamaterial von rechts- und linksaußen eher nicht in die Hand genommen hätten.

    Hinsichtlich der bundesweit zu beobachtenden digitalen Drohungen gegen Kommunalpolitiker sei der Landkreis Donau-Ries derweil schier eine „Insel der Glückseligen“. Zumindest ist es, wie Sandra Wolgschaft vom Polizeipräsidium Schwaben Nord in Augsburg berichtete, in den vergangenen drei Jahren nicht zu Anzeigen gekommen. Bayernweit hätte hingegen einer Befragung zufolge ein Drittel der Kommunen angegeben, dass sie bereits E-Mails oder Briefe mit hasserfülltem Inhalt (Drohungen, Beleidigungen) erreicht hätten.

    Beinder und Wolgschaft rieten sowohl den kommunalen Mandatsträgern wie auch den Bürgern, einerseits besonnen auf Anzeichen von Extremismus zu reagieren – aber Drohungen und direkt gegen die freiheitliche Grundordnung gerichtete Aktionen konsequent der Polizei zu melden.

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