Jasmin Gerhäußer kommt aus der Nachbarschaft. Irgendwie aber doch nicht: Über den einen oder anderen Umweg, sowohl geografisch als auch beruflich, ist sie vor gut drei Wochen als neue Pfarrerin nach Donauwörth gekommen. Es sind auch jene Umwege, die sie geprägt haben und die die 31-Jährige, die aus Gunzenhausen stammt, nicht missen möchte.
Das neue Zuhause kannte Jasmin Gerhäußer nur vom Durchfahren mit dem Zug. Das Airbuswerk, das aus dem ICE-Fenster zu sehen ist, das Schild auf dem Bahnsteig, das Donauwörth als Käthe-Kruse-Stadt ausweist. Und klar, der Ort liegt eben, so wie es ja auch die meisten Donauwörther denen beschreiben, die die Stadt nicht kennen, fast vor den Toren Augsburgs. Donauwörth gab es zwar, als Ort, als Begriff – aber wer konnte schon ahnen, dass hier einmal der Lebensmittelpunkt sein sollte?
Rund drei Wochen ist sie nun schon in Donauwörth
21 Tage hat die frisch in der evangelischen Christuskirche ordinierte Pfarrerin schon Zeit gehabt, ihre neue Wirkungsstätte zu erkunden. Es stand und steht viel auf dem Programm: Mehrgenerationenhaus in der Parkstadt, die Seniorenheime, Krankenhäuser, und, und, und ... Erst einmal müsse und wolle sie den Ort und die Menschen richtig kennenlernen, sagt Gerhäußer. Sich Zeit nehmen für die Menschen – das sei es auch, was sie letztlich in den Pfarrberuf gebracht habe, berichtet die Mittelfränkin.
Doch der Reihe nach. Aufgewachsen ist Gerhäußer in einem Dorf bei Gunzenhausen – gut behütet in einer Art evangelischem Bullerbü im mehrheitlich protestantischen Franken: Kindergruppen, Jungschararbeit, Konfistunden – das komplette kirchliche Programm habe ihr viel gegeben, sie bis heute geprägt. Es sei stets total idyllisch gewesen in der kirchlichen Heimat, resümiert sie heute lächelnd.
Jasmin Gerhäußer ist neben einem Pfarrhaus aufgewachsen
Und aufgewachsen ist sie dann auch noch direkt neben dem Pfarrhaus. Doch da schien der Weg, damals nach dem Abitur, noch nicht vorgezeichnet. Gerhäußer begann zunächst ein Medizinstudium in München. Während eines Praktikums im Krankenhaus kamen ihr aber Zweifel, ob dies wirklich der richtige Beruf für sie sei – zeitlich eng getaktet, schier kein Wort mit hilfsbedürftigen Menschen sprechen zu können, irgendwie wollte sie das nicht. Und der Draht nach oben und zur Kirche, der sei ja auch nie abgerissen, „Er“ war immer präsent.
Also schrieb sich Gerhäußer für evangelische Theologie ein, eine Herzensangelegenheit. Es gebe schließlich ja auch klare Verbindungen zwischen den Fächern: „Es geht bei beidem um die Heilung bei den Menschen.“ Im Laufe des Studiums verschlug es die junge Frau weit weg, nach Asien. In Malaysia und Hong Kong lernte sie auch andere Formen des Christseins kennen, etwa Gemeinden mit pfingstkirchlich-charismatischer und evangelikaler Ausrichtung, die sie so im heimischen Mittelfranken noch nicht erlebt hatte. Ihr Fazit: Die Vielfalt im Christentum sei bereichernd, man könne viel voneinander lernen – frei nach dem biblischen Motto: „Prüfet alles und das Gute behaltet.“
Weshalb das Christentum für sie immer brandaktuell bleibt
Sie persönlich trete dafür ein, dass man als Christ auch unbequeme Wahrheiten aussprechen dürfe und solle, auch wenn es mal um das eigene Leid gehe. Das habe sie bei Tätigkeiten in Krankenhäuser gelernt. Oftmals sei es besser, einfach da zu sein bei den Menschen, mit ihnen unterwegs zu sein, als gleich einen vermeintlich guten Ratschlag parat zu haben, sagt die Pfarrerin.
Die christliche Kirche mit all ihren Konfessionen und Gruppen sieht sie als Gottes Volk auf dem Weg hin zu einem gemeinsamen Ziel: „Da geht der eine zu Fuß, der andere benutzt die Seilbahn, der dritte nimmt einen anderen Weg – letzten Endes bleibt das Ziel aber dasselbe.“ Und ja: Diejenigen, die wirklich zu Gott wollen, die dürften dort auch ankommen. Davon ist sie überzeugt. Genau wegen jener so grundlegenden Fragen bleibe das Christentum stets brandaktuell, auch in einer vermeintlich kirchenferner gewordenen Gesellschaft.
Die neue Pfarrerin wohnt in der Donauwörther Parkstadt
Die Kirche müsse indes auch neue Wege gehen, das Bewährte zwar behalten aber auch vieles ausprobieren – und die Menschen an der Basis stärker einbinden: „Jeder Mensch hat bestimmte Fähigkeiten, die er in der Kirchengemeinde einbringen kann. Das müssen wir fördern; wir brauchen Pioniere.“ Dennoch: Bevor sie konkrete neue Ideen vorschlagen wolle, so Gerhäußer, müsse sie die Gemeinde, die Menschen und Möglichkeiten in den kommenden Wochen und Monaten noch besser kennenlernen.
Mit ihrem Lebensgefährten (und zwei Katzen) wohnt die Pfarrerin jetzt in einer Wohnung in der Parkstadt. Neben der Parkstadt ist Gerhäußer für Schäfstall, Zirgesheim sowie für Buchdorf, Daiting, Graisbach und Kaisheim zuständig. Allzu große Sorgen um die Zukunft der Kirche generell und vor Ort macht sie sich indessen nicht – mit Gottes Hilfe wird alles weitergehen zum gemeinsamen Ziel, vielleicht manchmal nicht exakt so, wie wir Menschen uns das gerade denken. Gerhäußer setzt auf Gott und möchte auch die Mitmenschen in und um Donauwörth genau dazu einladen.
Am Sonntag feiert Jasmin Gerhäußer um 9.30 Uhr ihren ersten Gottesdienst in der Donauwörther Christuskirche.
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