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Donauwörth: Donauwörther Kinderarzt und Elternbeirat: „Schulen schließen ist sinnvoll“

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Donauwörther Kinderarzt und Elternbeirat: „Schulen schließen ist sinnvoll“

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    Unterricht am eigenen Schreibtisch, der Lehrer im Bildschirm des Laptops – so sieht derzeit Schule aus. Elternbeiratsvorsitzender Dr. Wolfgang Beck – zugleich auch Kinderarzt – hört, dass es derzeit anläuft mit dem Homeschooling. Aber es braucht Geduld.
    Unterricht am eigenen Schreibtisch, der Lehrer im Bildschirm des Laptops – so sieht derzeit Schule aus. Elternbeiratsvorsitzender Dr. Wolfgang Beck – zugleich auch Kinderarzt – hört, dass es derzeit anläuft mit dem Homeschooling. Aber es braucht Geduld. Foto: Alexander Kaya

    Herr Dr. Beck, wie läuft es mit dem Distanzunterricht nach den Weihnachtsferien?

    Dr. Wolfgang Beck: Ich habe im Laufe der Woche einige Eltern gefragt, was deren Meinung dazu ist, und es ja auch selbst zu Hause mitbekommen. Man kann festhalten, dass es seit Montag tatsächlich ganz gut läuft. Der Distanzunterricht jetzt ist eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu der Zeit des ersten Lockdowns im vergangenen Frühjahr.

    Wo gibt es noch Mängel, gerade aus Elternsicht?

    Keine Frage, technisch gesehen ist da noch Luft nach oben. Am Gymnasium in Donauwörth werden die zwei Tools Mebis und MS Teams genutzt. Vor allem mit MS Teams läuft es aber ganz gut, doch hier läuft bald die Lizenz aus. Das Microsoft-Programm hat einige datenschutzrechtliche Bedenken hervorgerufen, das ist nicht unproblematisch. Das Kultusministerium arbeitet an einem eigenen Online-Tool für den Distanzunterricht. Hier finden gerade die Ausschreibungen statt. Des Weiteren benutzen einige die Plattform Padlet. Aber noch mal: Es gibt bislang keine schweren Klagen.

    Aber ein wenig fehlt die Einheitlichkeit, so wie es sich anhört?

    Im ersten Lockdown ist man an den Schulen noch sehr uneinheitlich gefahren. Und zum Teil ist das immer noch so – es gibt eine große Bandbreite an Plattformen für den Distanzunterricht mit unterschiedlichen Wegen; auch E-Mail und WhatsApp gehörten gerade im ersten Lockdown zu genutzten Kommunikationswegen zwischen Lehrern und Schülern. Jeder Lehrer hält es anders; der eine stellt Arbeitsaufträge am Vormittag in die digitale Lernplattform, der andere später. Kürzlich habe ich gehört, dass in einer Klasse noch um 20 Uhr etwas online gestellt wurde. Diese Uneinheitlichkeit gibt bei einigen Anlass zur Kritik – aber ich habe auch Verständnis für die Lehrer: Distanzunterricht bedeutet wirklich mehr Aufwand.

    Haben denn überhaupt auch alle Eltern die Möglichkeit, die technischen Voraussetzungen zu Hause zu erfüllen?

    Es gibt auch die Möglichkeit der Ausleihe von Geräten an der Schule. Soviel ich weiß, sind gar nicht alle Leihgeräte am Gymnasium in Anspruch genommen worden. Es herrscht eher das Problem mit stabilen Internetverbindungen, wenn die Leitungen überlastet sind – wenn etwa zwei Kinder online sind und die Eltern zusätzlich im Homeoffice arbeiten.

    Ist der Distanzunterricht in allen Jahrgangsstufen gleich gut machbar?

    Für die Jüngeren ist der Distanzunterricht eher ein Problem. Es können sich zu Hause nicht alle Eltern die ganze Zeit kümmern. Bei den älteren Schülern läuft das in der Regel alles schon recht selbstständig ab. Das ist bei den Kleineren, etwa an der Grundschule, noch nicht so – und deswegen findet da auch nachvollziehbarerweise noch mehr analog statt, auch jetzt, im Lockdown.

    Hören Sie von Eltern, die mit ihrer Lehrerrolle überfordert sind? Wie Sie sagten: Viele müssen ja auch tagsüber parallel arbeiten, wenn auch oftmals im Homeoffice ...

    Eltern als Lehrer – ja, über diese Doppelrolle beklagen sich tatsächlich viele Eltern. Sie fühlen sich als Ersatzlehrer, haben den Beruf aber eben nicht gelernt und fühlen sich damit manchmal überfordert. Manche wollen gar nicht in die Rolle des Lehrers schlüpfen. Ja natürlich, diese Klagen gibt es.

    Wie steht es Ihrer Meinung nach um die Effizienz des Distanzunterrichts?

    Da muss man nun eher auf die Größeren schauen, die das Ganze schon alleine bearbeiten. Und klar, es schließt sich die Frage an: Arbeiten sie fünf Stunden konsequent am Computer für die Schule – oder nur die Hälfte davon? Das lässt sich nicht ausschließen. Aber insgesamt, nach der ersten Woche, gibt es relativ wenige Klagen über den Distanzunterricht.

    Sie sind Kinder- und Jugendmediziner. Schule und Corona: Wie stecken die Jüngeren die Pandemie aus Sicht des Kinderarztes weg?

    Kinder stecken diese Zeit definitiv besser weg als die Eltern. Kinder sind da nicht so kompliziert. Ihnen fehlt etwas – den Jüngeren eher die Freunde, den Älteren vor allem die Aktivitäten. Es ist aber nicht so, dass ich in unserer Praxis mehr psychosomatische Auffälligkeiten bei Kindern verzeichnen würde – also mehr Kinder mit Kopf- und Bauchschmerzen zum Beispiel. Andererseits habe ich vor Kurzem eine Studie gelesen, die durchaus beschreibt, dass diese Symptome in letzter Zeit zugenommen haben.

    Wie sehen Sie die Infektiosität mit dem Virus bei Kindern aus Ihrer Erfahrung vor Ort?

    Ich war im vergangenen Jahr sehr für die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts. Aber man muss das differenziert betrachten, gerade im Hinblick auf die aktuelle Lage. Auffällig war zuletzt, dass in zwei Fällen Covid-19-Infektionen in das Donauwörther Gymnasium hineingetragen worden waren – aber dort keine Verbreitung stattfand, also nichts herausgetragen wurde. Das betraf eine fünfte und eine elfte Klasse. Was die Mutationen betrifft, so habe ich da schlicht keine Erfahrungswerte. Auch in dieser Hinsicht halte ich die aktuelle Schulschließung für richtig und sinnvoll. Wir haben ja auch beobachten können, wie Kinder in der Schule Abstand halten und dann eng aufeinander im Bus sitzen. Aber aus der Praxis kann ich bislang festhalten: Covid-19 betrifft Kinder seltener, zu Erkrankungen kam es, wenn überhaupt, vereinzelt. Wir testen die Kinder zwar weniger – aber es gibt da bis dato auch weniger Erkrankungen.

    Sind sich im Eltern- und Lehrerkreis alle weitgehend einig, was die Maßnahmen gegen Corona an den Schulen angeht, etwa, was den Distanzunterricht anbelangt?

    Es gibt Lehrer, die sagen, über den Distanzunterricht würden die Schüler nichts lernen. Dann gibt es diejenigen, die wirklich Furcht vor einer Infektion haben – und beide Haltungen gibt es genauso in der Elternschaft.

    Ein Kompromiss wäre nach diesem Lockdown der Hybridunterricht – also Wechselunterricht mit kleineren Klassenstärken. Denken Sie, auch aus medizinischer Sicht, dass das im Februar wieder kommen wird?

    Da bin ich skeptisch. Ich bin aber optimistischer als die Kanzlerin, die eine Entspannung erst auf Ostern terminiert. Ich denke, dazu wird es schon etwas früher kommen. Aber es ist eindeutig – wenn auch ungewohnt: Wir können nicht anders, als auf Sicht zu fahren.

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